Comic

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Karikaturenkönig

Das Genre der Comic-Biografie erlebt derzeit einen kleinen Boom. Unter den Neuerscheinungen sticht der Band von Lars Fiske und Steffen Kverneland als besonders originell hervor. Die beiden Norweger erzählen von einer Reise nach Bayern auf den Spuren ihres Landsmannes Olaf Gulbransson. Der hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit seinen Zeichnungen die optische Erscheinung des Satire-Magazins Simplicissimus entscheidend geprägt. Getragen von klarem Strich und respektlosem Witz, sind seine Karikaturen für heutige grafische Künstler wie Fiske und Kverneland nach wie vor stilbildend. Auf einen Sockel heben sie Gulbransson allerdings nicht: Grau gehaltene Zeichnungen im Stil der Zwanziger präsentieren den Karikaturisten als Enfant Terrible mit nudistischen Neigungen. Mit ähnlich freundlichem Spott zeigen die Autoren sich selbst: mal fotorealistisch, mal karikiert, aber nie ganz ernst zu nehmen. Die stilistische Breite des Bandes wird abgerundet durch zahlreiche Originalzeichnungen aus dem Simplicissimus. Optisch variantenreich, humorvoll erzählt und gründlich recherchiert, bieten Fiske und Kverneland eine unterhaltsame wie inhaltsstarke Auseinandersetzung mit einem Stück Kunstgeschichte.

Lars Fiske/Steffen Kverneland Olaf G. avant, Berlin 2007, 184 S., 24,95 EUR

Seelendoktor

Die "ganze Wahrheit" will Christian Moser über Freud und Goethe auspacken. Angenehm respektlos, aber nicht ohne Sympathie nähert er sich den beiden Geistesgrößen. Seinen satirischen Texten stehen zahlreiche Illustrationen und kurze Comicsequenzen zur Seite. Erzählt werden die Lebensgeschichten von imaginären engen Vertrauten - Mephisto darf über den Dichter berichten und die sprichwörtliche Couch über den Psychoanalytiker. Moser bietet meist amüsante Unterhaltung mit gelegentlichen Ausflügen in den Klamauk. Zugleich lassen seine Texte eine mehr als nur oberflächliche Vertrautheit mit Werk und Leben Goethes und vor allem Freuds erkennen: Der Autor streut nicht nur verknappte und gut lesbare Erklärungen der wichtigsten psychoanalytischen Theorien ein. Er präsentiert überdies zahlreiche verschrobene Angewohnheiten, Irrtümer und peinliche Fehltritte der berühmten Männer: Goethes wenig erfolgreicher Auftritt als alternder Schürzenjäger oder Freuds zwischenzeitliche Begeisterung für das Kokain.

Christian Moser Freud/Goethe. Die ganze Wahrheit. Carlsen, Hamburg 2006/7, je 144 S., je 12,90 EUR

Zauberlehrling

Als "unkonventionell" preist das herausgebende Goethe-Institut die Biografie ihres Namenspatrons. Tatsächlich ist die zweiteilige Erzählung über weite Strecken nichts weniger als das. Hohen Anteil daran hat die betuliche und witzlose Sprache von Autor Friedemann Bedürftig, die zuweilen ins Naive abgleitet. Über den Studenten Goethe und seine Angebetete Friederike heißt es etwa: Er "tollt mit ihr in der herrlichen Natur". Auf diesem Niveau bewegen sich auch die Zeichnungen von Christoph Kirsch im ersten Teil. So viel blasses Pastell, so harmlos-freundliche Figuren würde man eher in einem schlechten, weil zuckrigen Kinderbuch erwarten. Sein Seitenaufbau lässt jegliches Gespür für Rhythmik und Dramaturgie vermissen. Etwas besser der zweite Teil: Thomas von Kummants grafischer Stil ist hintergründiger, die Bildfolge dynamischer. In die Biografie des Dichters werden jetzt Szenen aus seinen Stücken, insbesondere dem Faust geschnitten. Düsternis und Schatten halten Einzug in die Erzählung, was ihr gut bekommt. So erweist sich der zweite Part in seiner soliden Machart wenigstens als - konventioneller Comic. Denn nicht die Verknüpfung von Hoch- und Populärkultur an sich, nicht schon der Goethe-Comic per se sind unkonventionell. Um dieses Attribut zu verdienen, bedarf es mehr Wagemuts bei der Form.

Bedürftig/Kirsch/von Kummant Goethe. Zum Sehen geboren/ Zum Schauen bestellt. Ehapa, Köln 2007, 112 S., 14 EUR

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