Gutes Blut, schlechtes Blut

Blutspenden Die Blutreserven werden knapp in Deutschland. Doch viele schwule und bisexuelle Männer werden immer noch vom Blutspenden ausgeschlossen – und so diskriminiert.

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Die Blutreserven werden knapp im Land. Laut dem Deutschen Roten Kreuz drohe bald ein gravierender Notstand. Blutspender sind überall händeringend gesucht. Doch nicht jeder, der spenden möchte, darf das auch. Schwule Männer werden immer noch vom Blutspenden ausgeschlossen – und so diskriminiert.

Seit Jahren wird über die Frage gestritten, ob Homosexuelle Blut spenden dürfen oder nicht. Während sie lange Zeit komplett davon ausgeschlossen waren, durften sie seit 2017 nur spenden, wenn sie ein Jahr lang keinen gleichgeschlechtlichen Sex hatten.

Seit dem 24. September 2021 gilt eine neue Regel: auch schwule und bisexuelle Männer, die in einer monogamen Beziehung leben, dürfen Blut nun spenden. Für Männer, die außerhalb einer Beziehung sexuelle Kontakte pflegen, gilt weiterhin ein Ausschluss von vier Monaten. Für Heterosexuelle gilt dieser Ausschluss nicht.

Gerechtfertigt wird der Ausschluss von sogenannten MSM (Männer, die Sex mit Männern haben) mit einer erhöhten Infektionsgefahr. Zwar werden alle Blutspenden vor Verwendung auf mögliche Infektionen wie HIV untersucht, doch gibt es hier eine gewisse Fehlerspanne. Der Grund: Die Erreger bzw. ihre Anti-Körper lassen sich erst nach einer gewissen Zeit im Blut nachweisen. Infektionen, die frisch zurückliegen, könnten daher übersehen werden.

MSM haben statistisch gesehen eine höhere Infektionsgefahr haben als der Rest der Bevölkerung. Man will also mit einem Blutspendeverbot – vermeintlich – auf Nummer sicher gehen. Dass schwule und bisexuelle Männer aber auf diese Weise viel zu pauschal ausgeschlossen und als „Gefahr“ betrachtet werden, wird wohl oder übel in Kauf genommen.

Im Jahr 2018 forderten rund 27.000 Menschen ein Ende des Blutspendeverbots für MSM. Aber ist die Gesellschaft wirklich schon bereit dafür?

Laut einer repräsentativen Umfrage des Lust-Magazins sind nämlich 52% der Deutschen für ein Blutspendeverbot für MSM. Das ist interessant, da die Akzeptanz für schwule und queere Lebenswelten in den letzten Jahren enorm gestiegen sein dürfte. Die „Ehe für Alle“ erfährt zum Beispiel mittlerweile eine große gesellschaftliche Rückendeckung. Über 80% der Deutschen unterstützen sie.

Doch vollkommene Akzeptanz und Toleranz würden in letzter Konsequenz eben auch bedeuten, dass niemand allein aufgrund seiner Sexualität von einer Tätigkeit (wie dem Blutspenden) ausgeschlossen wird.

Ein Blick in andere Länder zeigt, dass es auch anders geht. Ohne Diskriminierung.

In Großbritannien werden 3 Kriterien angewandt, um zu bestimmen, ob jemand vom Blutspenden ausgeschlossen wird. Ausgeschlossen werden dort nämlich nicht nur pauschal schwule und bisexuelle Männer, sondern alle Menschen, die

  • im Jahr vor dem Blutspenden eine Geschlechtskrankheit hatten
  • beim Sex Drogen konsumieren
  • mit eine:r neuen Partner:in Analverkehr praktiziert haben

Ob und wann Blutspenden in Deutschland endlich diskriminierungsfrei möglich sein wird, bleibt hingegen weiter abzuwarten.

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