Jetzt ist es schon wieder passiert: Angela Merkel hat ein politisches Wendemanöver hingelegt, das viele andere aus der Kurve getragen hätte. „Es geht nicht, dass die Schulden vergemeinschaftet werden“, hatte die Kanzlerin noch im April zum x-ten Mal wiederholt. Keine vier Wochen später präsentierte sie mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron ein Projekt, das dem diametral zu widersprechen scheint: Die EU als Gemeinschaft nimmt 500 Milliarden Euro Schulden auf und verteilt das Geld unter die Staaten oder Regionen, die von Corona am stärksten betroffen sind – in Form von Zuschüssen und nicht, wie bisher in vergleichbaren Fällen, nur als Kredit.
Das stellt – einerseits – eine beachtliche Wende dar, die irgendwann vielleicht in einem Atemzug mit dem Ende der Wehrpflicht, dem Atomausstieg oder dem Mindestlohn genannt werden wird. Andererseits aber dürfte sich auch hier erweisen, dass die Kanzlerin ihre Grundüberzeugungen keineswegs über Bord geworfen hat. Immer ließen sich ihre Korrekturen aus strategischer Einsicht erklären: Wo ich Veränderung nicht aufhalten kann, nehme ich sie lieber selbst in die Hand und steuere sie so weit wie möglich mit dem Kompass meiner eigenen Ideologie.
So kommt es, dass wir eine „Energiewende“ erleben, die immer wieder an Kapitalinteressen ihre Grenzen findet, von Auto bis Kohle. Und so kommt es, dass eine Erhöhung des Mindestlohns wenigstens bis an die Grenze der Armutsgefährdung wohl unterbleiben wird, solange Merkel regiert. Und zugleich kassiert die Kanzlerin den „Kollateralnutzen“, als Ausgleich für mögliche Verluste am rechten Rand bis weit hinein ins linksgrüne Lager als Klimaschützerin und Hüterin des sozialen Ausgleichs gepriesen zu werden. Wer schaut schon ganz genau hin?
Nun also Corona. Hier hat Merkel ihren soundsovielten Image-Frühling erlebt. Der vergleichsweise milde Verlauf der Krankheit und ein ruhig-mütterlicher Ton lassen ihren Heiligenschein (lateinisch: Corona radiata) bis über den Atlantik strahlen: „In ihrem Streben nach sozialer und wirtschaftlicher Stabilität“ habe sich die Deutsche zur „Höchstleistung“ aufgeschwungen, ließ etwa die US-Schauspielerin Mia Farrow wissen. Zu Hause kannten die Merkel-Begeisterten ebenfalls keine Parteien mehr, während vernünftige Zweifel an der Einschränkung von Bürgerrechten vom Geschrei der Aluhut-Träger übertönt zu werden drohten.
Dürfen sich nun also auch diejenigen in den Fanblock einreihen, die unter „Vergemeinschaftung von Schulden“ schon immer etwas Positives verstanden haben, nämlich einen notwendigen Schritt zu einer echten Wirtschaftsunion? Das Duett mit Emmanuel Macron mag diesen Schluss nahelegen. Aber die Erfahrung lehrt etwas anderes. Der Ausfallschritt auf das Terrain der Integrationsbefürworter könnte sich als ein weiteres Beispiel für die hinlänglich bekannte Strategie erweisen: Flexibilität im Einzelfall, um das bestehende System im Ganzen zu erhalten.
Merkel selbst hat von einer „außergewöhnlichen, einmaligen Kraftanstrengung“ gesprochen. Das klingt, obwohl sie auch Änderungen der EU-Verträge für die Zukunft nicht ausschloss, keineswegs nach einer dauerhaften Erneuerung der EU. Seit Amtsantritt hat Merkel das Modell der nationalen „Wettbewerbsfähigkeit“ mit allen Mitteln verteidigt. Was Kanzler Schröder begonnen hatte, setzte sie unbeirrt fort: Die Industrie wird bei Lohnniveau, Steuern und Umweltauflagen geschont, um den „Exportmotor“ am Laufen zu halten. Dass dies zu ungesunden Ungleichgewichten in den Handelsbilanzen und letztlich auch zur Verschuldung anderer „Partner“ mit beitrug, spielte für die angebliche große Europäerin nie eine Rolle. Wer in dem Spiel verlor, sollte selber bezahlen. Oder bekam gegen massive Einsparungen neue Kredite, die entweder nur alte Kredite ablösten oder den Schuldenberg noch erhöhten.
Das einzige Gegenmittel bestünde, die Forderung ist so alt wie ungehört, in der Vervollständigung der Währungsunion durch eine gemeinschaftliche Wirtschafts-, Sozial- und Haushaltspolitik. Dazu würde selbstverständlich auch die „Vergemeinschaftung von Schulden“ gehören, und zwar nicht „einmalig“, sondern auf Dauer.
Nichts deutet darauf hin, dass Angela Merkel diesen Weg einschlagen wird. Dagegen spricht nicht nur ihr Hinweis auf die „Einmaligkeit“ der deutsch-französischen Initiative. Dagegen spricht auch, dass sie Emmanuel Macron beim Volumen wohl eher ausgebremst als angetrieben hat. Der französische Präsident hatte ursprünglich von mindestens fünf bis zehn Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung gesprochen, und das wären eher eine Billion Euro gewesen, nicht eine halbe.
Dass nun Österreich, die Niederlande, Dänemark und Schweden die von Deutschland und Frankreich vorgeschlagenen Zuschüsse ganz ablehnen, wird der deutschen Kanzlerin nicht ganz ungelegen kommen. Die selbst ernannten „Sparsamen Vier“, die vor allem mit europäischer Solidarität noch sparsamer umgehen möchten, lassen Merkel umso strahlender als lernfähige Europäerin dastehen. Wer aber von Europa mehr erwartet als die Rettung der bestehenden halben Union aus der Corona-Krise, sollte sich davon nicht blenden lassen.
Kommentare 3
Unsere Mutti in ihrem Lauf hält weder die Vernunft noch ein Aluhut auf.
So wird man das ja nochmal sagen dürfen.
"Man kann nicht sagen, daß Atomkraft sicher ist. Sie ist sicher..." Dieses Merkel-Pispers-Zitat beschreibt Merkel ganz genau. Sie ändert nichts, wird nichts ändern und es besteht die große Gefahr, daß all das Geld nur ausgegeben werden wird, um wie bisher weitermachen zu können.
Da lobe ich mir Frau Von der Leyen. Immerhin, gesagt hat sie es, daß es auch Aufgabe der EU ist, einen höheren und einheitlich hohen Lebensstandard der EU-Bürger zu schaffen. Immerhin: gesagt hat sie es. Dazu gehören auch Gesundheitssysteme, die sich von Pandemien nicht erschüttern lassen. Die sollte sich jeder Staat leisten können. Dazu wäre es vonnöten, daß auch jeder Staat der EU genügend Einnahmen hat, um sich das leisten zu können. Und woher kommen Einnahmen?
Staatseinnahmen beruhen immer, egal, was dann besteuert wird, auf der Produktion von Wirtschaftsgütern und deren Verkauf. Wird eben der eine Europäer dem anderen Europäer etwas abkaufen müssen, damit jeder von beiden leben kann. Da gibt es eben dann Baumwolle aus Griechenland und Orangensaft aus Spanien Und vor allem soll das Eigentum an den Produktionsmitteln in jenen Staaten bleiben, in denen produziert wird. Ich habe nichts davon, wenn Feta aus dem Allgäu kommt und ich daher den etwas teureren nehme, nur weil im "Agrar-Ei" ein "GR" steht, wenn ich dann zu Hause draufkomme, daß die EAN Nummer erst wieder mit "4" beginnt und die Entscheidung in Köln fällt. Ich habe auch nichts davon, wenn ich in der Slowakei Fleisch kaufe, das aus D stammt, wo - abgesehen jetzt von Corona - bulgarische Schlachter per Werkvertrag roboten, weil sie zu Hause wegen der niedrigen Fleischpreise aus D von der Viehzucht nicht leben können. Dazu ist Bulgarien nicht in die EU gekommen. Ebensowenig bringt es, wenn in Süditalien "the local Gentry" die Vermittlung von afrikanischen Schwarzarbeitern lenkt und nur wer beim Padrone Arbeitskräfte mietet auch dann erst jene blauen Kisterln bekommt, um damit Gemüse in der "Genossenschaft" abliefern zu können. Daß die Fraue des Kisterlproduzenten, Schwägerein des Padrone, dann vielleicht an irgendeine NGO zum Betrieb eines "Rettungsschiffes" spendet, ist wenig "Tatausgleich" sondern eher Geschäftsmodell. Da lobe ich mir Salvini, der Mafia-Land billig an Kleinbauern abgab. Das erspart Arbeitslose im Norden. Wobei lustigerweise - Aneck-dötchen - ich mir immer "Matteo" gemerkt habe. Der Matteotti aber kam aus dem politisch anderen Eck. Und dann fiels mir auf, wie nahe Matteo und Matteotti in der Praxis sogar wären, wenn es um das Notwendige geht. Ja, "das Notwendige" gehört getan. Und das ist nicht das "weiter so". Da gehört auch der Kampf gegen "Markt" und "Marktmacht", gegen Lobbies und Interessenverbände dazu. Und oft die Beseitigung von bisher gewollten Praktiken, die sich in Summe als Fehlentwicklungen zeigen.
Beispiel gefällig? Von hinten durch die Brust ins Knie? Zum Beispiel der Abbau der Humusschicht. Da hat die FAO voriges Jahr einen "Humuskataster" erstellt und es gab den "Deutschen Umweltpreis". Der Großteil der Böden in Österreich ist nach dieser Aufstellung Wüste. Nur daß es eben regnet. Noch regnet, denn Humus ist der eigentliche Wasserspeicher, aus dem der Regen verdunstet, um ein paar Kilometer weiter herunterzukommen, statt im nächsten Bach entsorgt zu werden. Wie kommt man zu Humus? Aus den Pflanzen selbst, sofern man nicht durch Pflügen alles in CH4 umwandelt. Also Grubbern und Glyphosat (sic!), durch Brache, durch Ausbringen von Klärschlamm (sofern geeignet) und durch Mistausbringung. Mist? Woher? Da wäre es gut, wenn sich die Mistproduktion im Lande verteilte. Damit auch die Gülleproduktion. Das wäre auch gut für die Nitratwerte im Grundwasser. Wie bringt man nun die Mistproduktion dazu, sich auf einer möglichst großen Fläche zu verteilen? Durch Viehbestands-Höchstgrenzen pro Hektar. Natürlich haben damit bestehende Großbetriebe Schwierigkeiten, weil sie die Fleischproduktion zurückfahren müssen. Die selben Schwierigkeiten, die vorher Kleinbetriebe hatten, die da nicht mithalten konnten, nur eben jetzt wieder zurück in Richtung Anfang. Am Ende sitzt dann der Bulgarische Bauer zufrieden auf der Bank vor seinem Haus statt irgendwo in Niedersachsen sich selbst Konkurrenz zu machen. Heute hat er zwei Kühe verkauft und an deren Stelle wird er eigene Kälber großziehen. Für den Bulgarischen Markt.
Ich erinnere mich noch sehr gut an jene Zeiten, als wir noch nicht in der EU waren und Bulgarische LKW brachten uns Gemüse nach Österreich. Da funktionierte wohl die Staatswirtschaft besser als der freie Markt, weil alle damit und davon leben konnten.
Mein Vorschlag: EU-weit Höchstgrenzen für den Viehbestand pro Hektar und eine Steuer auf zugekaufte Futtermittel. Mit dieser Steuer kann man dann Infrastrukturmaßnahmen (PV-Anlagen, Bahnstrecken modernisieren, Windkraft, italienische Brücken....) finanzieren. Und damit sowie mit dem Wegfall von Gewinnverschiebungen auch innerhalb der EU finanziert sich dann das Gesundheitssystem für den Nachfolgevirus. Der kommt bestimmt.
Außerdem bevorzugt eine Steuer auf Futtermittel jene Regionen, die eben außer diesen Futtermitteln nichts Nennenswertes produzieren können. Wer selbst verfüttert, bleibt steuerfrei.
Mal wieder ein Applausartikel für verfehlte Politik. Es gab im Zusammenhang mit Corona (CoViD-19; SARS-CoV-2) keine Sekunde eine Situation, die auch nur annähernd irgendwo in der Welt eine politische Maßnahme irgendeiner Art gerechtfertigt hätte. Nichts könnte weiter von einer Seuche entfernt sein als Corona.
Da diese Zusammenhänge in Berlin schon seit November '19 bekannt waren, stellt sich die Frage: Welche Befehle hat die Nichtregierungsorganisation in Berlin bekommen, um nun mit so drastischen Maßnahmen von willkürlichen Betriebsschließungen bis zur Demütigung mit Masken das Volk zu gängeln und viele tausende Tote, vermutlich um die einhunderttausend, sowie einen vermutlichen wirtschaftlichen Schaden in einer Größenordnung von mehr als einer Billion Euro anzurichten.
Die nächste Frage, die sich stellt: Warum betätigt sich die Medienlandschaft als Sprachrohr von Politik und Superreichen, statt die Menschen aufzuklären und die Schurken bloßzustellen?
Daran gekoppelt kommt sofort die nächste Frage: Warum schütten dieselben Medien über Menschen, die die Corona-Panik und die genauso panischen Reaktionen hinterfragen, jeden journalistischen Unrat aus, dessen sie habhaft werden können?
Auch dieser Artikel kann Seitenhiebe gegen Menschen, die für ihre Rechte einstehen wollen, nicht sein lassen! Liebe "Journalisten", wenn Sie dieser Politik applaudieren, entfernen Sie damit nicht nur die Rechte der Demonstranten, sondern auch Ihre eigenen! Vielleicht überlegen Sie einmal, was Sie Ihren Kindern und Enkeln damit antun?