Zins- und Zollschrauber

Handelskrieg Die einstige Garantiemacht USA nimmt auf niemanden mehr Rücksicht und wird so zum größten Risiko für die Weltwirtschaft
Ausgabe 42/2018
Bei der IWF-Herbsttagung auf Bali kam wenig Stimmung auf
Bei der IWF-Herbsttagung auf Bali kam wenig Stimmung auf

Foto: imago/Phototek

Treffen des Internationalen Währungsfonds (IWF) sind für die großen Weltwirtschaftsmächte stets eine Gelegenheit, Kooperation zu demonstrieren. Während das Alltagsgeschäft in der Konkurrenz der Standorte um Anteile am globalen Reichtum besteht, drehen sich G20-, IWF- und ähnliche Gipfel um das „Große Ganze“ – das Weltwirtschaftswachstum und die Stabilität des Gesamtsystems. Der IWF-Gipfel vor Tagen in Bali wie auch der globale Börseneinbruch in der Woche zuvor zeigen jedoch, wie die Gemeinsamkeit der Konkurrenten Schritt für Schritt untergraben wird, weil sich die Garantiemacht der Weltwirtschaft inzwischen als bloßer Mitspieler definiert, der den anderen seinen Willen aufzwingen will.

Der IWF hat die Prognose für das globale Wachstum gesenkt und sieht wachsende Gefahren für die Konjunktur: Handelskriege, Turbulenzen in den Schwellenländern, ein steigender Ölpreis. Und diese Risiken haben eine Quelle: die USA.

Offensichtlich ist das beim Thema Handelskrieg. Die Regierung Trump hat Mexiko, Kanada und Südkorea neue Handelsabkommen abgerungen. Nun scheint sich Washington auf sein eigentliches Ziel zu konzentrieren: China. Von den 500 Milliarden Dollar chinesischer Importe wurden bereits 250 Milliarden mit neuen Zöllen belegt. Sollte Peking keine Zugeständnisse machen – von denen niemand weiß, wie sie aussehen könnten –, drohen die USA mit weiteren Zöllen ab Januar 2019.

Zudem hat Washington in den neuen Abkommen mit Mexiko und Kanada eine Klausel durchgedrückt, nach der Handelsverträge beider Staaten mit China de facto einer US-Erlaubnis bedürfen. „Die USA scheinen die Welt in zwei Teile spalten zu wollen: Jedes Land muss sich entscheiden, ob es auf der amerikanischen oder der chinesischen Seite steht“, so Erik Nielsen, Chefökonom der Bank Unicredit. Der Börsenindex in Schanghai hat seit Jahresbeginn ein Viertel seines Wertes verloren. Der Absturz von Währungen in Schwellenländern wie Indien, Indonesien, Südafrika und der Türkei wiederum ist die direkte Folge der US-Zinspolitik. Washington nimmt Hunderte Milliarden Schulden auf (allein in diesem Jahr 1,4 Billionen Dollar), um den heimischen Aufschwung zu stärken. „Es ist die radikalste pro-zyklische Finanzpolitik seit Kriegszeiten“, so US-Ökonom Jeffrey Frankel. Die US-Zentralbank setzt daraufhin die Zinsen nach oben, was das globale Kapital in die USA zieht. Die Schwellenländer spüren das als Kapitalflucht, die ihre Wirtschaft bedroht. Deren Hilferufen begegnete US-Zentralbankchef Jerome Powell auf Bali mit dem Hinweis: Was im Rest der Welt geschehe, spiele für ihn durchaus eine Rolle – „bei der Erfüllung unseres inländischen Mandats“. Im Klartext: Solange die Abstürze weltweit die US-Konjunktur nicht gefährden, kann niemand mit Rücksicht rechnen.

Zu alldem kommt ein steigender Ölpreis. Im Augenblick ist Öl um 40 Prozent teurer als vor einem Jahr – aber nicht, weil eine starke globale Konjunktur die Nachfrage erhöht. Sondern weil das Angebot voraussichtlich sinken wird: Ab 4. November will die US-Regierung durchsetzen, dass dem Exporteur Iran weltweit kein Öl mehr abgenommen und damit der drittgrößte Lieferant der OPEC blockiert wird.

So mischen die USA die Weltwirtschaft auf und demonstrieren allen anderen Regierungen, dass ihr Erfolg auf dem Weltmarkt nicht allein auf ihrer ökonomischen Stärke beruht, vielmehr auf Bedingungen, die auf diesem Markt herrschen – gesetzt von den USA.

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