Ein steinreicher Sammler will seinen einige hundert Millionen DM teuren Kunst-Schatz mit Werken vom Allerfeinsten - ungefähr 2.500 Exponate von Marcel Duchamp über Bruce Nauman, von Gerhard Richter bis Pippilotti Rist - der Öffentlichkeit zugänglich machen. Er kauft sich ein altes Industriegebäude an bester Lage, engagiert für den Umbau den holländischen Star-Architekten Rem Kolhaas und lässt eine ausgewählte Öffentlichkeit von seinen Plänen wissen. Für die Stadt, das interessierte Publikum und die Kunstszene eigentlich ein Grund zur Freude. Doch es gibt ein Problem. Es ist der Name des Sammlers, Christian Friedrich Flick.
Nachdem vor fünf Wochen die Zürcher Wochenzeitung in zwei größeren Artikeln die Geschichte
ln die Geschichte der deutschen Großindustriellen-Dynastie Flick beschrieb, wird in der üblicherweise eher dem Diskreten zugetanen Schweiz heftig debattiert. Kernpunkt ist die aufgebrachte Frage, ob Christian Friedrich Flick aufgrund der Herkunft seines Vermögens nicht in der Pflicht stehe, einen Beitrag in den von der deutschen Wirtschaft gegründeten Fonds "Erinnerung, Verantwortung, Zukunft" - unter anderem für die Entschädigung von heute noch lebenden Zwangsarbeitern - einzuzahlen. Denn das Erbe des "Kunst-Aficionados" stammt aus dem Vermögen von dessen Großvater Friedrich Flick, der als Hitlers wichtigster Waffenlieferant während des NS-Regimes über 40.000 Zwangsarbeiter beschäftigte. Zwar wurde Großvater Flick in den Nürnberger Prozessen wegen Kriegsverbrechen zu sechs Jahren Haft verurteilt, für das Gelingen des Wirtschaftswunders jedoch rasch wieder aus dem Gefängnis geholt. Opa Flick hinterließ seinem nach Erbstreitereien heute arg zerworfenen Clan ein Vermögen, das derzeit auf vorsichtig geschätzte dreizehn Milliarden Mark angeschwollen ist. Daraus floss bislang noch kein Pfennig in den von Finanzierungsnöten geplagten Fonds der deutschen Wirtschaft. Vor diesem Hintergrund äußerten sich verschiedene Persönlichkeiten aus Politik und Kultur in der Wochenzeitung kritisch zu den Museumsplänen an der Zürcher Hardturmstraße. Der Direktor des Schauspielhauses, Christoph Marthaler, erklärte, dass er sich "andere Nachbarn wünsche", der Präsident der Israelitischen Kulturgemeinde rief zur Ordnung.In der Folge nahmen weitere Medien den Fall auf und fragten nach der Opportunität eines privaten Flick-Museums. Friedrich Christian Flick selbst schwieg beharrlich. Und mit ihm der klandestine Kreis von Kunst-Insidern um die marktbeherrschende Zürcher Galerie Hauser Wirth, von der Flick in den letzten Jahren einen Großteil seiner Sammlung gekauft und über die der potente Kunst-Investor einzelne Stücke gewinnbringend weiterverkauft hatte. Doch der öffentliche Druck auf den schweigenden Flick stieg. Hastig rief er über Nacht zum "Mediengespräch", wo er eine persönliche Erklärung verlas: Eine für nächstes Jahr im Münchner Haus der Kunst geplante erste Präsentation seiner Sammlung sei abgesagt, gleichzeitig gebe es keinen Zusammenhang zwischen eigenem Reichtum und den Verbrechen seines Großvaters. Deshalb werde es weiterhin kein Geld für den Fonds für die Entschädigung von Zwangsarbeitern geben. Dafür zehn Millionen Mark für eine "Stiftung gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit", die "vor allem in Ostdeutschland aktiv" werden soll.Die Beruhigungspille wirkte nur auf die Zürcher Stadtregierung. Diese begrüßt Flick nun auch offiziell, obwohl ihre Mitglieder "persönlich anders gehandelt hätten". Die vom Sozialdemokraten Josef Estermann präsidierte Stadtregierung blieb mit dieser Position indes ziemlich alleine. Flicks Weigerung, sich mit einer symbolischen Geste zu seiner Biografie und der Geschichte der Flicks zu bekennen, stößt weiter auf Unverständnis. Zudem verweigerte Flick weiterhin jedes Gespräch. An einer großen Podiumsdiskussion wollte weder er noch jemand aus seinem Umfeld teilnehmen. Und das, obwohl er in seiner Verlautbarung klar machte, dass ein Museum nur "im Einverständnis mit der Stadt und ihren Bewohnern" gebaut werden kann und er mit "der Öffentlichkeit in einen konstruktiven Dialog treten möchte".Dieser Dialog wird von Flick weiter verweigert, indem dieser in Gutsherrenmanier weiterhin glaubt, Fragen nach der Geschichte, nach deren Opfern und nach dem Zusammenhang zwischen Moral und Kunst ausklammern zu können. So bleibt in Zürich ein "Einverständnis mit der Stadt und ihren Bewohnern" in weiter Ferne. Und es bleibt offen, ob Flicks bereits 1997 in einem Brief an seinen Onkel Friedrich Karl formulierter Traum, "mit einem Kunstmuseum den Namen Flick auf eine dauerhafte positive Ebene zu stellen", in Erfüllung geht.