Tücher sind DIE Lösung, habe ich im Internet gelesen. Tücher kann man überall um sich rumwickeln – je nach Situation können sie Rock oder T-Shirt, modisches Accessoire, Haargummi oder Abendkleid sein. Wer drei bis vier davon im Koffer hat, dem kann im Urlaub nichts mehr passieren. Sagte ich Koffer? Quatsch. Dieses Jahr werde ich mit einem ganz kleinen Rucksack verreisen, dank der Tücher. Und das, obwohl ich nach einer Einteilung der englischen Psychologin Honey Langcaster-James zur Gattung der sogenannten Kontroll-Packer gehöre.
Kontroll-Packer wollen stets für jede erdenkliche Situation gerüstet sein, deshalb führen sie normalerweise einen eigenen Koffertruck mit sich. Es gibt aber Reisen, die gerade Kontroll-Packer zu anderen Ergebnissen führen. Als ich jetzt mit einem ganz kleinen Rucksack an Mann und Tochter vorbeimarschiere, sehe ich sehr wohl ihr ungläubiges Schmunzeln. Aber das ficht mich nicht an, denn ebenfalls sehe ich mich beschwingten Schrittes und mit wehenden Tüchern durch die Bahnhöfe Europas schweben
Denn es ist so: Wir steuern dieses Jahr binnen zweier Wochen sechs verschiedene Orte an und das mit der Bahn. Messerscharf schloss mein planerisches Kontrollgehirn daraus: Auf dieser Reise wird sehr häufig Gepäck an mir dranhängen. Die beste Ausrüstung für derartige Situationen, so plante ich völlig vernünftig weiter, ist extrem leichtes Gepäck. Eines, das man nicht spürt und schon gar nicht permanent rattern hört. Ein Rollkoffer scheidet da schon mal aus. Eine ganz leise Kofferdrohne ginge vielleicht, so träumte ich einige Minuten, verloren vor mich hin googelnd, bis ich auf den Tipp mit den Tüchern stieß, der mich sofort in seinen Bann schlug. Bis gestern hatte ich noch überhaupt keine Tücher. Jetzt liegen drei neu erstandene auf dem Bett – daneben der ganz kleine Rucksack und eine Minimalausrüstung, auf die ich wirklich stolz bin: Zwei T-Shirts, zwei Strumpfhosen, ein Badetuch, ein Pulli, eine Regenjacke. Was brauche ich mehr!
„Mama, was für Schuhe soll ich einpacken?“, fragt mich die Tochter. „Hm. Also, wir bräuchten Sandalen, Gummistiefel, bequeme und robuste fürs Wandern, vielleicht noch Badelatschen?“ Andererseits, murmle ich, wenn ich den Rucksack ansehe, brauchen wir vielleicht gar keine Schuhe. Wir könnten uns Tücher um die Füße wickeln. „Und Strumpfhosen“, rufe ich, „pack ein paar Strumpfhosen ein!“ Statt Hosen!
Das habe ich von meinem Exfreund, dem Minimalisten-Packer. Neidvoll wies er mich regelmäßig darauf hin, wie gemein es sei, dass er Hosen einpacken müsse, während ich total platzsparend nur Strumpfhosen mitnehmen müsste. Statt Hosen. Wenn er ich gewesen wäre, hätte er alles, was er brauchte, in seine Hosentaschen stopfen können. Leider war er nicht ich, sondern ich war selbst ich und hatte immer jede Menge Zeugs dabei. Damals halt. Als es noch keine Tipps aus dem Internet gab.
Jetzt versuche ich mein nicht zu kleines Bademäppchen in den nicht zu großen Rucksack zu stopfen. Es geht! Es geht! Noch besser ist, dass ich außerdem sogar noch die Strumpfhosen und die Tücher reinpressen kann. „Steck auch noch einen wärmeren Pulli ein!“, empfehle ich der Tochter und schließe meinen Rucksack. Großartig. Ein Traum wird wahr werden – mit einem Nichts an Gewicht auf dem Rücken werde ich durch die Bahnhöfe hüpfen, und dass ich dabei drei T-Shirts, den Pulli, die Regenjacke und die Bergstiefel an-habe sowie ein Badetuch als Stola trage, werde ich gar nicht bemerken.
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