Prepper wie ich

Die Ratgeberin Im Schatten der Apokalypsen-Prepper treibt eine viel größere Gruppe ihr Unwesen. Sie sind bereit für Zusammenbruch der Bürowelt
Ausgabe 30/2018
Wenn es zum globalen Büro-Shutdown kommt, werden die Büro-Prepper vorbereitet sein
Wenn es zum globalen Büro-Shutdown kommt, werden die Büro-Prepper vorbereitet sein

Foto: Westend61/Imago

Manche Leute bereiten sich ja akribisch auf die Apokalypse vor. Falls die Kontinentalplatten sich verschieben, das Internet den Geist aufgibt oder ein Supervulkan explodiert, werden sie es sein, die überleben! Während es die anderen schnell dahinrafft. Als sogenannte Prepper erleben sie gerade einen kleinen Medienhype, der normalerweise um diese Jahreszeit Loch-Ness-Ungeheuern vorbehalten ist. Das liegt vor allem an einer 12-teiligen Dokuserie auf Netflix. Dort geben sie erstaunlich bereitwillig Auskunft über ihre Vorräte, ihre Sicherheitsmaßnahmen und ihre Standortvorteile. Wer also selbst kein Prepper ist, weiß nun, wohin er sich im Fall eines Weltuntergangs wenden kann, wo es was zu essen gibt und nach wie vielen Schüssen die Munition der Dosen-Eigentümer alle ist. Das nur zur Info.

Jetzt zum eigentlichen Thema: Im Schatten der Apokalypsen-Prepper – völlig unbehelligt von der Öffentlichkeit – treibt noch eine weitere, ungleich größere Preppergruppe ihr Unwesen. Die Rede ist von Leuten wie mir, die sich akribisch auf den Zusammenbruch der Bürowelt, wie wir sie kennen, vorbereitet haben und deshalb niemals das Haus verlassen, ohne ihr gesamtes Büro in einem Backpack mitzunehmen. Wenn es zum globalen Büro-Shutdown kommt, werden wir Büro-Prepper die einzigen sein, die noch Aufträge bearbeiten können. Alle anderen: Existenz vernichtet. Braucht jemand ein Gutachten über finanziell prosperierende Branchen während des Untergangs? Wir übernehmen! Eine Sketchnote zu den Verflechtungen der postapokalyptischen Gesellschaft? Voilà. Eine Hintergrundreportage über die wahren Drahtzieher der Erdpolumkehrung? Kein Problem. Auf YouTube kann jeder gucken, was wir normalerweise immer dabei haben – unsere Grundausrüstung. Unter dem unauffälligen Decknamen „mobiles Büro“ oder „My Mobile Office“ geben wir uns gegenseitig Tipps für den Tag X. Joe Buhlig etwa empfiehlt neben Laptop, Tablet und Smartphone acht verschiedene hochwertige Schreibwerkzeuge, rund 20 zusätzliche Bleistiftminen, Kopfschmerztabletten, Pfefferminzbonbons, Labello, Kabel (jede Menge Kabel) und eine extra dicke Powerbank, um die ersten zwei Wochen zu überstehen. Danach wird man einen willigen Apokalypsen-Prepper mit Stromgenerator gefunden haben.

Sicher verstehen auch Nicht-Prepper, dass wir das Funktionieren unserer Survival-Ausrüstung testen müssen. Dazu nutzen wir momentan vor allem die Bahn. Natürlich – bevor Sie jetzt unqualifiziert vor sich hin schmunzeln – der Bahntest ist für Einsteiger. Fortgeschrittene Büro-Prepper testen ihre Arbeitsfähigkeit auf kenternden Tretbooten, in der Gemeinschaftsdusche eines Campingplatzes oder im Hotel-Swimmingpool. Wenn die große Flut kommt, haben wir die wasserdichten Laptops, um Werbesegel zu gestalten. So kann jeder das eigene Rettungsboot finanzieren.

Mancher mag jetzt denken, so ein Quatsch: Die Bürowelt kollabiert sowieso als allerletzte, außer Kakerlaken werden nur die Büros überleben. Aber – und hier schließt sich der Prepperkreislauf – noch länger als jedes Büro werden die Apokalypsen-Prepper durchhalten. Und die brauchen dann dringend – gerade nach ihrem wenig ruhmvollen Outing auf Netflix – ein neues Image. Denn: Hat man sich über sie lustig gemacht oder nicht?!! Na??!! Sollte die Welt jetzt nichts von ihrem Triumph erfahren? Bei Bedarf, liebe Prepper, wenden sie sich einfach an mich, die Kolumnistin. Backpack ist allzeit bereit.

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