Schnelle Nummer für Beilagenesser

Konzeptkritik Vegetarische Österreicher erobern von Berlin aus mit Systemgastronomie die Welt: Die Schnellrestaurantkette „Supergood for me“ bietet Bioessen für gestresste Großstädter

Wie die Essgewohnheiten des gemeinen Österreichers so aussehen, hat niemand treffender umschrieben als der werte Heinz Bösel: „I bin ka Beilagenesser in dem Sinn.“ Dass er seine weitere Zukunft mit dem Mülltrenner und Missionierungs-Vegetarier Kurt Fellner verbringen muss, führt zu einem wahnwitzigen Desaster. Leider steht es im echten Leben um das Image von Vegetariern nicht sehr viel besser als im Film Indien mit Josef Hader und Alfred Dorfer. Vegetarische Österreicher, eine doppelte Minderheit also, verfolgen heute andere Strategien als ein Kurt Fellner: Sie gehen nach Berlin und erobern von dort aus mit Systemgastronomie die Welt.

Das hat jedenfalls Christian Baha vor, ein 40-jähriger Wiener, der mit der ersten Bio-Fast-Food-Kette namens „Supergood for me“ vegetarisches, biologisch-ökokorrektes und günstiges Essen in den Alltag von gestressten Menschen bringen will. Denn „Bio + Lifestyle + schneller Service = Supergood“. Was sonst. Ohne Style geht heutzutage eben nichts mehr, sexy muss es schon sein, auch wenn ein vegetarischer Burger für nichts anderes steht als zu körnigsten Ökozeiten. Fleisch allerdings bleibt bis heute das Maß aller Dinge, weswegen Baha (früher nach eigenen Angaben kein Beilagenesser in dem Sinn, bis er nach – so wörtlich – „Verdauungsbeschwerden morgens auf dem Klo“ über eine Ernährungsumstellung 20 Kilo abgenommen hat) darauf insistiert, dass in seinem Laden alles schmecke wie Fleisch.

Seit fünf Jahren bastelt er mit dem Mitgesellschafter Hannes Schlögl am Konzept. Jetzt hat die erste Filiale in der Berliner Friedrichstraße 103 eröffnet. Weitere sollen folgen. Wie bei traditionellen Fast-Food-Ketten soll auch beim Bioschnellessen alles in jedem Ableger gleich schmecken. Sternekoch Mansur Memarian hat Jahre am Menü gefeilt. Suppen, handgeformte Pasta, Burger mit Seitan (ein Weizen-Klebstoff)-„Laibling“, Salate, Polenta Sticks, Chick Peas und natürlich: Bircher Müsli. Serviert wird in passendem Ambiente: Holztresen- und tische, bepflanzte Raumteiler, grasgrüne Stühle, Kinder- und Sesselkuschelecke sowie einer Bar. Moment? Ja, Bar. Denn Bio darf auch mal eine „Sünde“ beinhalten, findet Baha. Mit seinen Gemüsevitrinen und Wasserdampf-Kochstellen macht er sicher alles richtig. Fast so, als könnte er der Zeit nach dem Mund reden. Hoffentlich verklebt da mal der Seitan nicht das Geschäft.

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Geschrieben von

Susanne Lang

Freie Redakteurin und Autorin.Zuvor Besondere Aufgaben/Ressortleitung Alltag beim Freitag

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