Die Streusel waren fast unschlagbar. Aber Angela Merkel setzte noch einen drauf. Was sie bei Männern attraktiv fände? Ihre Antwort: Schöne Augen. Volltreffer! Die Öffentlichkeit war hin und weg, als sie diese Geheimnisse im beginnenden Wahlkampf erfahren durfte. Kein Wunder, schließlich plauderte da nicht irgendeine C-Prominente aus ihrem Privatleben, sondern die Kanzlerin. Die offensichtliche Botschaft hinter diesen Einblicken war weniger spektakulär: Merkel ist auch nur ein Mensch.
Die zweite Botschaft ist die eigentlich interessante, sie hat aber niemanden groß interessiert, nicht mal die Kanzlerin selbst: Merkel ist eine Frau. Genauer: eine berufstätige Ehe-und Karrierefrau, die harte Währungspolitik macht, sich für Männer interessiert und zur Entspannung Kuchen bäckt. So präsentiert sie sich in der CDU-Wahlbroschüre und in diversen Interviews. Das wäre nicht weiter schlimm, schließlich gibt es zahlreiche Frauen, die sich von diesem Frauenbild repräsentiert fühlen, vielleicht sogar anspornen lassen.
Dreist ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass Merkel jenseits der eigenen Wahlkampfarbeit eine dezidierte politische Haltung als Frau sowie zu frauenpolitischen Fragen verweigert. Ihrer Beliebtheit kann dieser Umstand zwar wenig anhaben. Nicht wenige Frauen sehen bereits in der Tatsache einen emanzipatorischen Erfolg, dass sie als erste ins Kanzleramt eingezogen ist. Die Art und Weise, wie ihr dieses Amt zunächst nicht zugetraut wurde, macht die symbolische Bedeutung noch größer. An der Lebensrealität der meisten Frauen – übrigens auch Männer – geht diese frauenpolitische Nichthaltung jedoch schlicht vorbei.
Nachholbedarf in der Gleichberechtigung
Über die Hälfte der Frauen in Deutschland ist nach wie vor mit dem Stand der Gleichberechtigung unzufrieden. Vor allem ostdeutsche sind zu gut 70 Prozent dieser Meinung, wie eine aktuelle Umfrage des Allensbach-Instituts im Auftrag der Zeitschrift Emma ergeben hat. Von der Politik sehen nur 42 Prozent aller Frauen ihre Interessen ausreichend berücksichtigt. Als Folge hat eine Mehrheit von gut 60 Prozent das Bedürfnis, sich selbst zu organisieren. 2006 waren es nur 46 Prozent. Speziell von Angela Merkel fühlen sich 39 Prozent im Stich gelassen, wenn es um ihre Belange geht. An der politischen Realität einer Kanzlerin und CDU-Vorsitzenden dürften diese Interessen aber nicht vorbei gehen.
Denn die drängenden Probleme der Frauen heute berühren die Arbeits- und Wirtschaftspolitik. Eine satte Mehrheit von 83 Prozent sieht zwar in den Bereichen Ausbildung, Schule und Studium die Gleichberechtigung weitgehend verwirklicht. Beim Verdienst, bei Löhnen und Gehältern sind es jedoch nur alarmierende elf Prozent. Berufstätige sehen sich nicht nur in der Bezahlung im Nachteil. Sie fordern vor allem bessere Kinderbetreuungsangebote und flexible Arbeitszeiten mit der Möglichkeit, Teilzeit zu arbeiten. Das ist mit Sicherheit auch Aufgabe der Arbeitgeber. Die aber lassen sich zu einem nicht gering zu schätzenden Ausmaß von der öffentlichen Debatte und politischem Druck beeinflussen, wie die Diskussion um die Quote oder der politisch durchgesetzte Anspruch auf Kitaplätze gezeigt haben.
Merkels Zustimmung zum Betreuungsgeld und ihr schweigender Kompromiss in der Quotendebatte waren da genau die falschen Signale. Vielleicht tröstet sie sich damit, dass ihrem Herausforderer Peer Steinbrück in Sachen Frauenpolitik auch nicht mehr zugetraut wird. Der hat aber immerhin eine Manuela Schwesig im Schlepptau.
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