Trööööt - wie klingt ein Fußballspiel?

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Lange mussten wir nicht warten, bis die erste kulturelle Frage zur WM "debattiert" wird - streng genommen genau bis zur ersten Minute des Eröffnungsspiels: Wie hat ein Fußballspiel zu klingen? Kaum rollte der Ball, schon grollten die Kommentatoren: Was denn das für ein Lärm sei? Man verstehe ja sein eigenes Wort nicht mehr? Was, nun ja, je nach Zuschauer-Vorlieben sogar ein Vorteil sein könnte, ging den Geschichten-Machern dieser WM, der Bild-Zeitung, den Sendern ZDF, ARD und RTL ganz schön auf den Wecker. "Trööööööt-Wahnsinn bei der WM", so lautet die heutige Schlagzeile von Bild. "Ihr trötet und den letzten Nerv".

Anstoß des Ärgerchens sind die Fan-Trompeten namens Vuvuzelas, die einen Klangteppich über die Spiele in Südafrika legen, die europäischen Ohren nicht nur fremd sind, sondern sogar bedrohlich klingen ("wie ein Bienenschwarm"). Das Unbehagen hat einen guten Grund: Nicht nur Taktik und Optik sind konstitutiver Bestandteil des Sports Fußball, auch die Akustik. Denn was in europäischen Ohren so stört, sind nicht nur die lauten und monotonen Trompeten in den Stadien, es sind die fehlenden Fangesänge - einer der wichtigstens identifikationsstiftenden Faktoren in Stadien. "Endlich, endlich" schrie daher auch der Kommentator des Spiels Argentinien gegen Nigeria, als zwischen den Tröten einige Stimmchen von argentinischen Fans für einen kurzen Moment die Kulisse bestimmten: Wie gut das aber nun unseren Ohren täte (nicht wegen Argentinien, wie der Gute betonen musste, sondern wegen des Gesangs). Aber, wie er weiter zugestand, Sepp Blatter höchstpersönlich habe ja gewollt, dass Südafrika seine Fußballfan- und Stadionkultur unverändert ausleben dürfe, also mit Tröten, die nicht verboten wurden.

Mal sehen, wie lange sich die Meinungsmaschinen hier noch gnädig zeigen - oder wann der Clash der Fußballkulturen ausgerufen wird...

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Geschrieben von

Susanne Lang

Freie Redakteurin und Autorin.Zuvor Besondere Aufgaben/Ressortleitung Alltag beim Freitag

Susanne Lang

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