Was macht das Etui dort?

Werbekritik Die ehemalige ukrainische Regierungschefin Julia Timoschenko hat mit Fotos ihre Verletzungen aus der Haft dokumentiert. Ein Detail wurde auf den Bildern bisher übersehen

Wir sehen, also sind wir. Diese Erkenntnis mag so manchen digitalen Gesellschaftskünstler vor all seinen neuen Fenstern zur Welt nun nicht vom Hocker reißen. Ist doch längst eine alltagsphilosophische Selbstverständlichkeit! Klar. Aber wundern darf man sich ab und an schon, was man auf all den Bildern, die unsere Weltsicht formen, zu sehen bekommt.

Auf jenen von Julia Timoschenko etwa, mit denen die ehemalige ukrainische Regierungschefin vor ihrem Hungerstreik der Welt die Folgen ihrer unmenschlichen Haftbedingungen zu zeigen versuchte. Als wolle sie selbst nochmal sicher gehen, trägt sie auf den dokumentierenden Aufnahmen ihre Brille. Soweit, so erkenntnislogisch. Doch viel schärfer als das verblasste Blau ihrer (offensichtlich existenten) Bluterguss-Flecken, sticht auf den Bildern das Knallrot eines anderen (offensichtlich existenten, ob nun absichtlich oder zufällig) Accessoires in die Augen: eines Brillenetuis, mit der schwarzen Aufschrift „Moschino“.

Dabei handelt es sich um ein italienisches Modelabel, dessen Gründer Franco Moschino die eigene Branche mit einem dadaistisch-satirischen Blick betrachtete, gerne auch Pop-Art-Elemente sowie Peace-Zeichen zitierte. Die Pressestelle von Moschino in Italien wollte sich auf Nachfrage des Freitag bisher nicht dazu äußern, ob das Label Timoschenko unterstütze. Distanziert hat sich Moschino damit aber bisher auch nicht. Wahrscheinlich kann Moschino ganz gut mit der neuen Werbeträgerin leben. Und Testimonial Timoschenko? Sie galt Kulturkritikern ja schon länger als Politpop-Ikone (die Zöpfe!). Das kann doch alles kein Zufall sein.

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Geschrieben von

Susanne Lang

Freie Redakteurin und Autorin.Zuvor Besondere Aufgaben/Ressortleitung Alltag beim Freitag

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