Wo bin ich hier?

Werbekritik Der Elektrogerätehändler Euronics hat einen selbstreflexiv anmutenden Werbespot lanciert. Ein Mann mit weißem Hund in kafkaesker Lage soll die Kunden überzeugen

Wer immer noch vor dem Fernseher hängt, so könnte man jetzt sagen, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen. Haben doch gerade einige Vordenker der Republik die völlige Verblödung durch jenes Medium in dicken Büchern diagnostiziert. Wer also weiter davor hängt und plötzlich von einer Stimme aufgeschreckt wird, die in einer gespenstisch großen Halle ertönt, darf sich ruhig mal ihrer Frage annehmen: „Wo bin ich denn hier?“

Für den Herrn im Trenchcoat, zu dem die Stimme gehört, ebenso wie für das weiße Knuffelhündchen an seiner Leine und den Zuschauer vor dem Fernseher gilt dieselbe Antwort, vorgetragen von einer tiefen Stimme aus dem Off: „Sie sind in einem Werbespot!“ Ach so! Ja, dann... dachte man doch, die postmoderne Selbstreflexivität hätte sich erschöpft. Der Elektronikhändler Euronics und die Werbeagentur Jung von Matt sehen das aber anders. Und präsentieren eine Kampagne, die Euronics getreu dem Claim „Best of electronics“ als Qualitätskette ausweisen soll.

Jener Herr muss sich daher eine triste Lagerhalle ansehen, in der endlose Reihen von Waschmaschinen herumstehen und zu „super Preisen für exzellenten Service“ zu haben sind. Da hat der Herr eine weitere Frage: „Und das gibt es wirklich?“ Wer nun völlig durcheinander ist ob dem Kafka-Kubrick-Stil-Verschnitt, dem enthüllt der Spot noch den Herrn, der zur Off-Stimme gehört: „Ein kleiner Schauspieler mit einer großen Stimme.“ Was das nun soll? Das ist Werbe-Avantgarde-Kunst. Ganz sicher. Wer das nicht versteht, sollte vielleicht mal mehr fernsehen.

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Geschrieben von

Susanne Lang

Freie Redakteurin und Autorin.Zuvor Besondere Aufgaben/Ressortleitung Alltag beim Freitag

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