Mehr gemeinsame Freude an Innovationen

Europa Ein vereintes, innovationsfreudiges, geschlechtergerechtes Europa der Zukunft stand im Mittelpunkt der Debatte im „Europäischen Salon“ der Willi-Eichler-Akademie mit dem Buchautor Martin Speer.

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Eingeladen zur Diskussion um das Buch von Martin Speer und Vincent-Immanuel Herr „Europe for Future. 95 Thesen, die Europa retten – was jetzt geschehen muss“ hatte die Willi-Eichler-Akademie, benannt nach einem Journalisten, Politiker und Widerständler gegen die Nazis, in ihren „Europäischen Salon“. Debattiert wurde vor Berliner Publikum im Studio des „Lawrence“ und mit Unterstützung der „sitzungswoche“

Stefan Stader, der den Berliner Sitz der Akademie leitet, begrüßte zur Veranstaltung zwei junge Menschen, die schon in jungen Jahren entscheidende Mobilität erfahren haben: die Moderatorin Alice Greschkow, die in Sofia in Bulgarien geboren wurde, und Martin Speer, der als kleiner Junge mit seinen Eltern als Flüchtling in der Prager Botschaft der Bundesrepublik Prägendes erlebte. Durch ihre Aufenthalte in zahlreichen weiteren Ländern Europas sind sie Fans der EU geworden. Speer hat den Einsatz für eine positive Weiterentwicklung der Europäischen Union zum Ziel und zur Forschungsaufgabe gemacht. Die Aktivitäten für die EU haben ihn und seinen Mitautor Herr bereits den Jean-Monnet-Preis für Europäische Integration und ein Forschungsstipendium des Europäischen Karls-Preises eingebracht.

Der Einsatz für Generationengerechtigkeit und das Interesse an der Lage Jugendlicher in anderen europäischen Ländern hat Speer und Herr dazu bewogen, seit der Griechenlandkrise 2014 Menschen in anderen Ländern zu ihrer Lage und ihre Sicht auf die EU zu befragen. Auch Außensichten in der Türkei und in der Ukraine haben sie bis 2020 gesammelt und dabei beobachtet, wie sich Demokratie und Pressefreiheit in vielen Staaten eindeutig verschlechtert haben.

Ob er den Eindruck teile, dass es bereits seit Jahren einen Trend zur Renationalisierung gebe, der sich seit der Corona-Pandemie noch verstärkt habe, wollte Greschkow vom Autor wissen. Ja, das liege auch am „Belohnungssystem“, nach dem Wähler*innen belohnten, was die nationale Politik in Brüssel heraushole, statt dass die Politik Wert darauf lege, langfristige gemeinschaftliche Ziele der EU zu herauszustellen, meinte Speer.

Speer hofft, dass die 95 Thesen, die sie in ihrem Buch formuliert haben, dazu beitrügen, dass Europa eine gemeinsame Kultur und ein Solidaritätsgefühl entwickelt. Einen Weg dazu sieht er darin, es jungen Leuten einfacher zu ermöglichen, überall kreativ werden zu können ohne von den jeweils sehr landespezifischen sozialen Sicherungssystemen ausgebremst zu werden.

Weil sich Kapital und Innovationskraft zu häufig im Zentrum der EU sammeln und das kreative Potenzial an der Peripherie abgezogen oder vernachlässigt werde, schlägt er beispielsweise ein „Innovations-Sparguthaben“ für alle jungen Menschen in der EU unter 30 Jahren vor, egal wo. Außerdem kann er sich in allen Ländern eine Art „Freihandelszonen für Start-Ups“ vorstellen, wo die Gründer*innen mit ihren Familien auch leben. Alle "Innovationsinseln" sind durch ein Cluster verbunden, das den bürokratiefreien Wechsel von einer „Innovationsinsel“ in andere ermöglichen soll und damit auch ein europäisches Lebensgefühl schaffen.

Außerdem hofft er, dass die Deutschen in Zukunft ein bisschen sensibler dafür werden würden, wie „einschüchternd“ die Größe und wirtschaftliche Stärke ihres Landes auf kleinere und ärmere Länder der EU wirke. Mal mehr die europäische Kultur in den Vordergrund zu stellen und weniger die deutschen Exporte, wäre dazu nach Speer ein guter Ansatz.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Susanne Stracke-Neumann

Susanne Stracke-Neumann ist freie Journalistin. Für die meko factory berichtet sie über Veranstaltungen.

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