Oslo Der Prozess - Anders Behring Breivik17/3

Gerichtsverhandlung Tagesbericht

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Freitag, 11.05.2012
17. Prozesstag, Teil 3, Zeugenaussage

Der erste Zeuge ist Eivind Rindal.

Rindal möchte stehen.

"Am 22. Juli 2011, um 17.20 befand ich mich in einer der Kabinen des Bootes. Wir hörten, was in Oslo geschehen war. Ein paar Minuten später hörten wir etwas, was wie Explosionen klang", sagt Rindal.
"Als ich aus der Kabine kam, wurde mir klar, dass sie aus dem Haupthaus kamen.
Ich sah, dass die Menschen in Richtung des Gebäude liefen, dann machten auf dem Absatz kehrt. Als wir dort ankamen, hörten wir die Schüsse viel näher. Es war eine unsichere, chaotische Atmosphäre, die sich in Panik verwandelte.

Ich ging Richtung Steilhang und sah mehrere Menschen, die strauchelten und fielen.
Ich habe versucht so weit wie möglich, kontrolliert zu bleiben.
Die Menschen waren geschockt, manche apathisch, einige weinten.
Ich wusste, dass es einige Höhlen auf der Westseite der Insel gab.
Ich war vorher nie dort.
Ich wollte dorthin. Der Plan war, sich dort zu verstecken.
Ich ging weiter Richtung Wald auf der Südseite. Gleichzeitig versuchte ich, die Polizei zu erreichen.Der Weg hinunter zu den Höhlen war mit Menschen überfüllt.
Dann suchte ich mehr am See in Richtung Südspitze. Ich sah keine Boote im Wasser.
Viele wollten schwimmen. Einige wurden dazu überredet.


Ich sehe die Angst und Furcht vor dem Tod.

Ich versuchte, Menschen zu halten und zu trösten und sie in den Hintergrund zu bekommen. Ich fand ein Versteck. War aber froh, dass wir später den Ort verließen, da dort später Menschen getötet wurden.

Der Klang der Schüsse wechselte, und ich hörte, dass es zwei verschiedene Waffen waren. Die Schüsse kamen in kurzen Abständen und schienen gezielt.
Wir beschlossen, uns aufzuteilen.
Wir waren eine Gruppe von fünf oder sechs, die in nordöstlicher Richtung zur Küste ging.
In einer Bucht gab es reichlich Wasser, und viele entschieden sich, durchzuwaten.
Ich tat es nicht, da ich nicht wusste, ob wir ihn dadurch auf uns aufmerksam machten.
Wieder hörten wir mehrere Schüsse und rannten um unser Leben, denn es war, als ob die Schüsse direkt hinter uns waren.
Ich lief durch Dornen, über eine Wiese und dann
hinunter zu den Stränden. Ich lief zu schnell, fiel hin, kroch weiter.
Es gab dort ein Boot, auf dem schon etwa fünf bis sechs Personen waren und ich ging auch an Bord. Ich machte einen Versuch, den Motor zu starten und drückte eine grüne Taste, die ein Lichtsignal ausgelöst. Es dauerte, was nicht dazu beitrug, Ruhe zu finden.
Dann sah ich zwei Paddel.
An Land gab es immer noch einige, die zögerten. Sie sprangen ins Wasser, um in das Boot zu steigen, und wir halfen ihnen."
Er zeigt die Stelle auf der Karte.
"
Dann sahen wir, dass der Täter auf den Pier kam. Wir warfen uns ins Boot, und Sekunden später flogen die ersten Kugeln über unsere Köpfe hinweg. Ich spürte den Luftzug der Projektile. Wir waren etwa 70 bis 140 Meter weit draußen auf dem Fjord.
Ich schätze, dass 10 bis 30 Schüsse fielen. Nicht alle trafen das Boot."

Staatsanwalt Holden weistdarauf hin, dass sechs Schüsse das Boot trafen.
"Wir wurden beschossen und hatten Todesangst. Ich befürchtete, das Boot könne uns nicht gut genug schützen. Nur eine Person an Bord wurde am Fuß verletzt. Ich dachte, wären andere Waffen oder Munition verwendet worden, hätte es mehr Verletzte gegeben.

Holden möchte mehr darüber erfahren, wie er den Täter wahrgenommen hat.
"Die ersten Schüsse waren nicht gegen uns, aber sie kamen schließlich zu dem Boot. Als die Schüsse stoppten, sah ich hoch. Ich sah eine Person in dunkler Kleidung. Ich sah das Reflexband an den Hosen und nahm wahr, dass er so etwas wie eine kugelsichere Weste trug.
Er hielt eine Pistole vom Körper weg. Das Gewehr hatte einen Kolben und erinnerte an eine Kalaschnikow. Ich dachte, es wären automatische Waffen.
Der Täter ging hoch in Richtung des Haupthauses. Er bückte sich und bewegte sich in gebückter Haltung, als ob er Angst davor hätte, dass auf ihn geschossen würde.
Zu diesem Zeitpunkt wurde eine Rauchgranate gezündet.
Da sah ich den Täter von Utøya zum letzten Mal.

Holden möchte wissen, was im Boot geschah.
"Ich musste mich versichern, dass niemand verletzt wurde. Wir versuchten, Ruhe zu bewahren, was in dieser Atmosphäre sehr schwierig war, und obwohl wir nicht wussten, wie viele Angreifer es gab.
Aber ich traute den Sanitätern, die ich am Festland sah.
Dann bemerkten wir, dass das Boot beschädigt wurde, und waren unsicher, ob es sinken und wir schwimmen müssten. Aber es drang nur wenig Wasser ein.
Wir ruderten nach Norden in Richtung Utvika und sah einen Polizisten.
Wir waren nicht sicher, ob dies ein Komplize war.
Da wir uniformierte Polizisten sahen, entschieden wir, nicht an Land zu gehen.
Wir sahen andere Boote, die Kinder aus dem Wasser zogen.

Das war ein gutes Gefühl.
Wir nahmen auch welche auf, wir waren zu zwölft im Boot.
Und ständig überlegten wir, was am sichersten sei.
Es war 17:52. Ich rief bei der Polizei an, gab eine Beschreibung des Verdächtigen und sagte, wo wir uns befanden. Ich sagte, wir brauchen einenHelikopter, um die Menschen aufnehmen zu können.
Dann kam ein größeres Boot. Ich versuchte, herauszufinden, ob es 'Freunde' waren oder nicht. Es gab ein weiteres Boot, aber es benötigte eine zusätzliche Fahrt, um weitere Schwimmer aufzunehmen. Solange blieben wir unserem liegen. Dann warf es uns fast an Land, das führte zu weiterer Angst und Panik, wir befürchteten, von einem weiteren Terroristen gefangen genommen zu werden.
Kurz bevor wir gerettet wurden, schickte ich meiner Mutter eine Nachricht und stellte den anderen mein Telefon zur Verfügung.

Der Anblick der Menschen dort war das Schlimmste von allem.

Die Menschen waren in Auflösung begriffen. Es gab leere Blicke, und es war eine ganz besondere Situation. Ich blieb relativ ruhig.


Die Zeit nach dem 22. Juli ist es mir relativ gut gegangen.
Ich dachte darüber nach, ob es richtig ist, auch zu gehen. Es war eine besondere Zeit, und ich habe Zeit damit verbracht darüber nachzudenken, was ich tun kann. Ich habe zu den Debatten beigetragen und zT in den Medien geprochen, um vor Rechtsextremismus zu warnen.


Auf der Insel, das war eine große Qual, und es ist ein Zufall, der uns am Leben ließ. Das Glück war auf unserer Seite.

Es gab keine Warnschüsse.

Ich möchte noch etwas zur Situation derer sagen, die bei dem Angriff nicht physisch verletzt wurden:
Viele haben auf Utøya das Schlimmste in ihrem Leben gesehen. Es ist wichtig, dass alle von uns, die Opfer des versuchten Mordes waren, die gleiche Unterstützung und Entschädigung erhalten für das, was uns passiert ist."

Breivik wechselt ein paar Worte mit seiner Verteidigung. Er lächelt.

"Es waren sehr junge Leute im Boot, die der Gefahr ausgesetzt wurde.
Während wir auf Utøya waren, bekam ich Rückmeldungen, dass Hilfe unterwegs war. Es dauerte noch fast eine Stunde, bevor Hilfe kam. Und wir hatten keinerlei Anweisungen, wie wir je nach Situation agieren könnten. Das war bedauerlich bei der Kommunikation.
Ich gebe ein Lob an die norwegischen Medien. Es gab eine Form der Therapie im Gespräch mit Journalisten."

Verteidiger Lippestad hat eine Frage: "Wie erklärst du, dass du Breivik in einer gebeugten Haltung gehen sahst? Kannst du dich erinnern, ob zu dieser Zeit Aktivitäten an Land zu sehen waren?"
-"Ich war zu konzentriert, als die Schüsse fielen. Aber als wir weiter kamen, entdeckten wir, dass es Aktivität auf der Werft an Land gab. Wir waren nervös, ob es sich um jemanden handelte, der mit der Person, die auf Utøya geschossen hat, zu tun hatte. Es war klar, dass sie Polizeiuniformen trugen.
Ich sah klar die Polizeiwagen an Land und dass sie kamen, um zu helfen."

Lippestad: "Kannst du schätzen, wie lange es dauerte, bis du alles im Blick hattest?"
-"Das ist schwierig, genau zu sagen.
Als die Polizei kam und sagte, Hilfe sei unterwegs, war es 18:32."
Rechtsanwalt Mette Yvonne Larsen habt Fragen zur Zeit.
"Du sagst, Du riefst die Polizei um 17:32."
-"Ich bin nicht sicher. Wir konzentrierten uns auf der Flucht auf unser Leben. Aber ich schätze, es war um 17.40 Uhr.
"
"Also sahst du dann alle anderen Boote auf dem Fjord?"
-"Es waren Boote im Wasser, aber keine in unmittelbarer Nähe von uns, als auf uns gefeuert wurde. E
s schien so, als ob die ersten Boote kamen, weil die Leute neugierig waren, was los sei.
Larsen möchte wissen, welchen Eindruck Rindal von Breivik hatte.

-"Meine Ansichten stützen sich auf drei Beobachtungen, was ich von ihm und dem Klang der Schüsse mitbekam. Der Klang der Schüsse erinnerte mich an einen professionellen Killer. Es wurde ganz gezielt geschossen. Wenn es um sein Verhalten geht, sehe ich einen Täter, der ruhig die Waffe anhob. Es gab keine überflüssigen Bewegungen oder ähnliches. Alles schien geplant. Es gab keine Unterbrechungen. Ich hörte ihn schreien, aber keine Obszönitäten oder Lachen."

aftenposten.no Tag 17

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Geschrieben von

SuzieQ

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