Oslo Der Prozess - Anders Behring Breivik17/4

Gerichtsverhandlung Tagesbericht

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Freitag, 11.05.2012
17. Prozesstag, Teil 4, Zeugenaussage

Osman Humed Munir Jaber kommt in den Zeugenstand.
Jaber sagt:"Am 22. Juli tröstete ich einen Freund nach dem, was in Oslo geschehen war.
Wir hörten einige Schüsse und regten uns darüber auf. Wir wollten diejenigen stoppen.
Dann sah ich etwas in seiner Mimik, das klar machte, das hier war ernst gemeint.
Ich sah viele Menschen flüchten. Aber eine Person stand auf und sagte: "Hört auf. Warum sollen wir weglaufen?
Ich drehte mich um und sah wie eine Frau erschossen wurde.
Ich dachte, wenn ich die Türen verriegle, hätten wir einen sicheren Platz.
Jemand kam und wollte helfen. Ich bat ihn, zu entkommen, denn ich fürchtete, wir waren in der Schusslinie. Ich lief zum Fenster in der Großen Halle und sah draußen den Täter, der langsam ging und lächelte, wenn er traf.
Und er trug die falsche Uniform. Für mich war klar, dass dies wirklich passierte. Oder es könnte eine ganz schlechte Übung sein.
Auf dem Flur, wo sehr viele Menschen waren, hörten wir viele, viele, viele Schüsse innerhalb des Gebäudes. Wir erkannten, dass wir raus mussten. Wir waren in der Cafeteria. Es war Panik. Die Leute liefen übereineinander. Die Bilderrahmen im Flur waren zerbrochen, an den Scherben schnitten sich viele. Niemand wurde getroffen, aber viele hatten Blut an sich,
wir prüften, ob es echtes Blut war. Zu etwa 15 Personen flüchteten wir zum
Kjærlighetsstien. Gleichzeitig hörten wir die Schüsse aus der Halle und sich über den Platz bewegen. Es war wichtig, sich gegenseitig zu beruhigen. Wir haben gesagt,'das ist in Ordnung. Wir werden alles aufklären.'
Ich erhielt einen Anruf von meinem Onkel, der mich fragte, ob es mir gut gehe, ich fand es schwierig, mit ihm zu reden und beendete den Anruf.
Wir gingen zum Ufer und machten uns bereit, zu schwimmen. Ich rutschte aus und fiel hin, zog mich aus, aber es war zu kalt, und wir kehrten um. Auffällige Kleidung zogen wir nicht mehr an.
Ich ging den Hügel hinauf, um einen Überblick zu bekommen und sah, dass es keine Möglichkeit gab, uns zu verstecken.
Wir hörten Schüsse und jemand sagte, 'Jetzt kommt er, er kommt jetzt.' Dann gab es einige Jungs, die bis zu den Steinen liefen und die riefen, wir sollten folgen. Wir waren verärgert, weil wir wussten, dass wir leise sein mussten. Wir versteckten uns im Wasser. Dann hörte ich, wie sich jemand näherte.
Er begann zu schießen, und wir liefen um unser Leben, immer weiter, es gab nirgendwo ein Versteck, nur Brennnesseln, im Kugelhagel spritzte die Erde hoch.
Staatsanwältin Inga Bejer Engh fragt, ob er sah, dass der Angeklagte begann zu laufen.
"Nein."
-"Die Erde spritze hoch wegen der Projektile?"
-"Ja, aber wir wussten nicht, wie weit er von uns entfernt war.

Dann sah ich einen schwarzen Hubschrauber und dachte, das ist die Polizei.
Aber es könnte auch alles andere sein. Ich hörte viele Schüsse ins Wasser. Es war sehr kalt, nass und es regnete. Es gab Mäuse und Frösche, aber ich musste still sein. Meine Zähne klapperten, und ich biss mir auf die Zunge, bis sie blutete.
Hinter mir rief jemand "Polizei, Polizei". Ich hört Schreie von einem Mädchen, bevor es ganz still wurde. Ich dachte, dass die Polizei immer in Gruppen kommt, nie allein, und, ich kann hier sitzen und warten, bis ich erschossen werden oder ich kann hinunter zum See gehen, in der Hoffnung, in einem Boot gerettet zu werden, denn es gibt keine Gelegenheit zur Flucht.
Ich hörte ein Gespräch zwischen einem Mädchen und einem Mann in einem Boot. Sie bat darum, sie mitzunehmen, aber er sagte, ich habe keinen Platz. Das Boot fuhr ohne sie.
Ich hörte Schüsse aus verschiedenen Waffen und fragte mich, ob es die Polizei gegen den Täter oder mehrere Täter seien.
Es war seit Minuten nicht mehr geschossen worden.
Ein Mädchen lief über den Platz.Ich wollte signalisieren, dass sie völlig geräuschlos sein musste.Wir liefen durch den Wald, wo es keine Wege gab. Mir kam es vor wie freies Gelände, später sah ich, es gab über all Büsche.
Ich sah das Schlimmste, das ich je gesehen habe. Niemand verdient es, so etwas zu sehen. Es war schmerzhaft und schwer zu sehen, wie der junge Mann starb.
Ich sah ein Mädchen, das versucht hatte, zu entkommen. Sie hatte einige ihrer Kleidungsstücke ausgezogen, bevor sie schwamm. Sie war halb im Wasser, erschossen.
Ich sah
eine Person auf dem Bauch liegend. Er wurde in den Rücken geschossen.
Während ich weitergehe, ist es unglaublich hart. Es gibt so viel zu sehen. Es waren sehr starke Eindrücke.Zur gleichen Zeit musste ich überlegen, wie ich dort weg käme. Ich kannte mehrere der Toten. Auf einem Hügel saßen zwei Mädchen nebeneinander, beide wurden erschossen.
Ich warf mich ins Wasser und wir stießen auf einen Felsen. Wir kamen weiter und winkten einem Hubschrauber und weinten, ein Boot mit zwei Polizisten kam uns abholen. Wir fragten, seid ihr echt? Sie bejahten. Vertrauen hatte ich aber erst, als er das Holster seiner Waffe schloss.
Doch an Land hatten wir wenig Vertrauen in andere, denn wir hatten das Schlimmste im Leben erfahren. Es war gut, in einem Bus zu fahren und wir wurden gut versorgt.
Die Polizei bemühte sich um einen Überblick.
Engh fragt:"Hast du sein Gesicht gesehen?"
-"Ja."
"Wie erschien dir Breivik an diesem Tag? Kannst du uns so viel wie möglich darüber sagen?
-"Es begann in der Großen Halle. Als ich ihn sah, aber nicht hörte.
"Wie war sein Tonfall? Gab es noch andere Ausbrüche oder Lachen?"
-"Dazu kann ich nichts sagen. Nein, es gab keine Ausbrüche, kein Lachen."
Holden fragt, ob er sah, wer zuletzt "Polizei" rief?
-"Ich weiß nicht, wer es war."
Holden erklärt, dass die echte Polizei zwei Schüsse im Café abgegeben hat, um die Türen öffnen zu können.
Mette Yvonne Larsen fragt, ob er weiß, wer das ein Mädchen war, das starb?
-"Ich werde nichts Detailliertes sagen, damit ich nichts Falsches sage."


Jaber sagt:"Es gab viele harte Tage nach dem 22. Juli. Es sind so viele, die wir verloren haben, die uns fehlen, aber der Zusammenhalt der AUF und in Norwegen ist schön.

aftenposten.no Tag 17

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Geschrieben von

SuzieQ

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