Oslo Der Prozess - Anders Behring Breivik21/3

Gerichtsverhandlung Tagesbericht

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Montag, 21.05.2012

21. Prozesstag, Teil 3

Die nächste Zeugin ist Marte FevangSmith (18).
Breivik ist, auf Antrag der Zeugin, im Hinterzimmer.

Marte Fevang Smith (18) wurde in die linke Seite des Kopf geschossen und erhielt Erste Hilfe von einem Mädchen auf der Insel. Sie half ihr auch, sich in einem Zelt zu verstecken. Im Vorfeld sagte sie, dass sie es schwierig findet, auszusagen.
"Ich habe ganz ehrlich gesagt, wirklich Angst."

"Ich saß mit einigen anderen an der Freilichtbühne auf Utøya. Wir schickten SMS an Freunde in Oslo, um zu erfahren, ob alles gut war.
Wir hörten drei oder vier Schüsse und fanden es unnötig, mit Chinakrachern zu spielen, nach dem, was in Oslo passiert war. Dann kam jemand und sagte: "Es gibt einige, die schießen, wir müssen weglaufen."

Wir sammelten uns im Camp.
Ich sah einen Polizisten, etwa zehn Meter von mir entfernt. Er ging zu einer Person, und dann erschoss er die Person.
Dies geschah im Camp. Wir flohen in die Wälder.

Wir liefen über den Pfad und versteckten uns. Einer von uns rief die Polizei und sagte, dass auf Utøya geschossen wird.
Ich hörte die Schüsse in der Nähe, wir legten uns hin und stellten uns tot. Ich legte mich mit dem Gesicht auf den Boden. Ich blickte auf und sah die gleiche Person wie im Camp, etwa fünf bis sechs Meter weit weg, und er schaute mich direkt an und fragte: "Wo zum Teufel ist er?" Ich schaute wieder nach unten. Er ging auf uns zu und begann innerhalb weniger Sekunden auf alle, einen nach dem anderen, zu schießen. Als er mich traf, wurde alles schwarz. Es fühlte sich an, als ob der Boden unter mir, alle Klänge verschwänden.

Ich hörte mehrere Schüsse und Geräusche von einigen der anderen.
Ich versuchte, mich umzudrehen, um zu sehen, was passiert, als ich eine sah, eine, die die Hand ausstreckte. Ich versuchte, der Person zu helfen, wollte mich drehen, aber ich konnte mich nicht bewegen.
Ich weiß nicht, wer seine Hand ausstreckte."

Dort wurden zehn Menschen getötet.
"Kanntest du die anderen, die dort waren?" fragt Staatsanwalt Svein Holden.
"Meine beste Freundin Maria Maagerø Johannesen (17) wurde dort getötet."
"Wie war es, als ihr euch dort auf den Boden legtet?"
"Wir waren dort auf dem Weg, hielten uns an den Händen und versuchten, uns gegenseitig zu trösten."
"Als er zu schießen begann, gab es einige, die versuchten zu fliehen?"
"Nein, da war alles still."
"Hat jemand etwas gesagt?" fragt Holden.
"Ich sagte "nein", aber es war so leise, dass ich glaube, niemand hörte es. Ich hörte niemand etwas sagen."

"Ist es möglich, dass die zehn, die auf dem Kjærlighetsstien getötet wurden, in zwei Stufen getötet worden sind?"
"Ich erinnere nur, dass alle tot waren, als ich aufstand. Ich glaube, ich lag dort eine halbe Stunde.
"Hast du eine Vorstellung davon, wie viele erschossen wurden, bevor und nachdem du selbst getroffen wurdest?"
"Ich weiß nichts darüber, ich glaube, ich war bewusstlos."
"Als ich da lag, fürchtete ich, dass es mehrere Täter sind und dass sie wieder zurückkommen können. Ich dachte, dass ich aufstehen und ein Versteck finden muss. Ich versuchte mehrmals aufzustehen, fiel aber sofort wieder hin. Ich versuchte zu erkennen, ob einer von denen um mich am Leben war. Ich weiß nicht, ob ich etwas sagte.

Ich traf ein Mädchen, Janne Hovland, das fragte, ob ich gefallen sei, weil ich am Kopf blutete.
Nein, ich bin angeschossen worden, da sagte sie, sie wisse, was zu tun sei. Wir hörten ständig Schüsse und versuchten, zu flüchten.
Ich setzte mich auf die Wiese, bis Janne Hovland überprüft hatte, ob das Zelt sicher sei.
Ich hörte die Schüsse und war absolut sicher, dass Janne auch tot war. Aber sie kam mit Verbandszeug zurück, das sie um meinen Kopf band. Sie bat mich, mich auf die Seite zu legen und sagte, ich solle die Augen nicht schließen oder einschlafen.

Dann hörten wirBoote und Hubschrauber.
Ich dachte, es sei ein Polizeihubschrauber, aber ich hörte weiterhin Schüsse, so konnte das nichtstimmen."
Fevang Smith war die einzige von elf Menschen, die die Erschießung auf dem Kjærlighetsstien überlebte.

"Eine Weile war Janne weg, als sie zurückkam, sah sie sehr erschrocken aus. Ich starrte sie an und wartete, sah zur Öffnung des Zeltes und ich konnte das gleiche Hosenbein sehen, das ich früher schon sah. Ich war sicher, zu sterben."
"Was machte dich sicher, dass es das gleiche Bein war?", fragt Staatsanwalt Holden.
"Es war dieses Reflexband an Bein und Schuhen.

Die Person ging vorbei. Nach einer Weile kam eine andere Person in Polizeiuniform in. Wir hatten Angst, aber der Polizist versicherte uns, er sei nicht gekommen, um uns zu töten.
Dann brachten sie mich und einen verletzten Junge mit einem Auto hinunter zum Pier, um in ein Boot zu wechseln.

Das Boot fuhr uns an Land, dort waren aber bereits alle Kapazitäten ausgeschöpft, so dass wir weiter nach Utvika fuhren. Dort wurden wir begrüßt und im Hotel aufgenommen.
Auf der Fahrt machte ein Handy die Runde, aber ich konnte nicht anrufen, ich saß nur da. Das einzige, was ich tun konnte war, mich bei dem Fahrer zu entschuldigen, dass es so viel Blut in seinem Auto gab.
Am Hotel sah ich jemanden, den ich kenne, am Eingang des Hotels stehen. Ich verstand nicht, warum er dort war, denn er hatte nichts mit Utøya und AUF zu tun. Er hatte ein Handy. Dann kam er auf mich zu und fragte, ob ich Marte sei, und ich sagte ja. Dann fragte er, ob ich mit meinem großen Bruder sprechen wollte. Es war der beste Anruf, den ich hatte.
Der Schuss streifte nur den Kopf, und ich schaute nach unten, als ich angeschossen wurde."
"Merktest du, als deine Freundin Maria erschossen wurde?"
"Ja, das merkte ich sehr. Ich hielt ihre Hand."

"Hast du mit den Nachwirkungen zu kämpfen?"
"Im Hinblick darauf, wie nahe ich war, zu sterben, darf ich mich nicht beklagen."

Verteidiger Geir Lippestad fragt:
"Du sagtest, du sahst ihn mit einem Jungen am Zelt. Wir war er?"
"Er war sehr ruhig."
"Haben sie miteinander gesprochen?"
"Es sah ein bisschen so aus, als ob der Junge versuchte, zu kommunizieren, aber ich glaube nicht, dass er es getan hat. Ich habe nichts gehört."

"Als du Breivik zum zweiten Mal sahst, auf dem Kjærlighetsstien, hörtest du ihn ihn sagen: "Wo zum Teufel ist er?"
"Ich dachte, er suche nach AUF-Leiter Eskil Pedersen.
Er sagte es ganz ruhig, aber laut und fest."
"Wie bereits erklärt, hat er einen nach dem anderen erschossen. Hast du einen Eindruck davon, wie er handelte?"
"Ich habe ihn nicht angesehen, als er schoss, aber es schien als ob er seine Zeit einteilte. Er erschoss einen, dann dauerte es ein paar Sekunden, und er erschoss den nächsten."
"Eher das Gegenteil von einer wilden Schießerei?"
"Ja."
Rechtsanwalt Frode Elgesem fragt zu den Ereignissen auf dem Pfad:
"War es so, dass sich alle gleichzeitig hinlegten?"
"Ich bin nicht ganz sicher, aber ich glaube ja."
Rechtsanwältin Mette Yvonne Larsen hat Fragen im Namen der Angehörigen, aber Smith sagt, dass sie wenig von den anderen Menschen erinnert, außer ihrer beste Freundin Maria.
"Es waren viele Leute dort. Ich erinnere mich an Hordaland-Dialekt."
"Warum habt ihr euch hingelegt?"
"Wir wollten uns tot stellen, wir dachten, es gäbe mehrere Täter."

21. Prozesstag Teil 4

aftenposten. no Tag 21

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Geschrieben von

SuzieQ

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