Kaum haben sich SPD, Grüne und FDP nach zähen Verhandlungen endlich zueinander bekannt, da müssen sie auch schon entscheiden: Was machen wir denn jetzt eigentlich? Keine leichte Aufgabe, aber glücklicherweise fanden die Vorsitzenden, Generalsekretäre und Verkehrspolitiker der drei Parteien umgehend eine kleine Handreichung auf ihren Schreibtischen. „Transformation beschleunigen – Klimaziele erreichen“ ist das Papier überschrieben, verfasst wurde es vom VW-Konzern.
Darin trägt der Autobauer seine Wünsche für die Zukunft vor, so möchte er unter anderem kein Verbot von Verbrennungsmotoren, eine Beschleunigung des Ausbaus der Elektromobilität und ein Ende der Subventionen für fossile Energieträger. Schon einen Tag nach der Bundestagswahl hatte der VW-Vorstandsvorsitzende Herbert Diess zehn Punkte getwittert, die er berücksichtigt sehen wollte.
Auf zehn Seiten breitet der Konzern nun seine Forderungen für die Zukunft aus, in der die Bevölkerung glücklich VW-E-Autos und VW-Hybride fährt, vom Arbeitgeber VW-Dienstwagen gestellt bekommt und vom Himmel scheint die VW-Sonne – ein Lobbyistentraum. Den schickte der Autokonzern nicht unaufgefordert, nein, um den hatten die Parteien ihn ausdrücklich gebeten.
Warum sie den Autobauer fragten und nicht etwa den Verband der Automobilindustrie? Nun, VW blickt als größtes deutsches Unternehmen auf eine lange und enge Freundschaft mit der Politik zurück. Seit jeher sitzen die Ministerpräsidenten in der VW-Heimat Niedersachsen auch im Aufsichtsrat des Unternehmens. Das Bundesland hält zwanzig Prozent der VW-Aktien (übrigens dicht gefolgt von der Qatar Holding LLC, der Investment-Sparte des Staatsfonds des Emirates Katar, das den höchsten Pro-Kopf-CO2-Ausstoß weltweit hat, aber das nur nebenbei). In Niedersachsen schunkelten sie alle fröhlich auf den VW-Bierbänken, ob Gerhard Schröder, Sigmar Gabriel oder Christian Wulff. Schröder ließ sich die Hartz-IV-Reform vom damaligen VW-Personalvorstand Peter Hartz schreiben (daher auch der Name) und Stephan Weil ließ sogar seine Regierungserklärung zum Abgasskandal von Volkswagen absegnen.
Aber es wäre keine gute Freundschaft, wenn nicht auch mal die Politik dem Konzern auf die Finger hauen könnte. Wir erinnern uns nur an den Brandbrief diesen Sommer, in dem Altkanzler Schröder sich für die Rettung der Currywurst in den VW-Kantinen einsetzte. „Grundsätzlich keine Currywurst? Nein!“, polterte er. Es ist also alles in bester Ordnung.
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