Christopher Street Day in Münster. Was hierzulande kurz CSD genannt wird, heißt andernorts „Pride“: eine Parade, eine Demo, ein Marsch, ein Ort, an dem wir Queers uns sicher und stark fühlen können. Unser „safe space“. Aber am letzten Samstag im August wird auf der Veranstaltung eine Gruppe Lesben von einem Mann homofeindlich beschimpft. Malte, ein trans Mann, greift ein und wird daraufhin vom Angreifer brutal niedergeschlagen. Er prallt mit dem Kopf auf den Asphalt und liegt im Koma, sechs Tage später stirbt er im Krankenhaus.
Ein Schock geht durch die trans und queere Community Deutschlands. Wenn diejenigen, für die unsere bloße Existenz ein so schwerer Affront zu sein scheint, dass sie uns attackieren müssen, um ihre brüchige Männlichkeit zu verteidigen, wenn sie uns in unseren safe spaces angreifen und töten können, dann ist kein Ort sicher. Dann ist keine von uns sicher. Nirgendwo. An diesem Tag schreibt mir eine Transfreundin: „Ich resigniere. Sollen sie mir die Kugel geben. Ich habe schon drei Mal dem Tod ins Gesicht geblickt. Was soll ich in so einer Gesellschaft? Wenn dann sollen sie ehrlich mir die Kugel, diesmal aber richtig, geben. Ich weiß nicht mehr wohin mit meinen Gefühlen. Ich bin seelisch kaputt. Ich habe so viele trans Menschen in den Tod gehen sehen, ich kann einfach nicht mehr.“
Alle, die diese Zeilen lesen, werden meine Bestürzung teilen, aber die meisten werden zum Tagesgeschäft übergehen. So wie auch viele Medien. Manch ein Redakteur mag sich denken: Ein queerhassender Irrer hat einen trans Menschen totgeschlagen. Hässlich, natürlich. Strafbar? Sicherlich! Aber im Vergleich mit Energiekrise und Inflation kaum der Rede wert. Die Tagesschau hat nicht über die Attacke berichtet.
Knapp eine Woche nach dem Christopher Street Day in Münster wird eine trans Frau in Bremen von einer Gruppe Jugendlicher als „Scheiß-Transe“ beschimpft, angegriffen und schwer verletzt. Warum?
Es beginnt mit dem Patriarchat, mit der weithin diskutierten „Krise der Männlichkeit“. Das Patriarchat, das wiederum zuerst und am symbolträchtigsten uns Queers angreift. Und trans Menschen das Recht abspricht, zu existieren. Weil Queers und trans Menschen die ideologische Basis infrage stellen: eine imaginierte traditionelle Männlichkeit, in der Privilegien, Macht, Reichtum bei weißen, bürgerlichen Männern liegen. In den Worten meiner oben bereits zitierten Freundin: Was soll ich, was sollen wir Queers, was sollen trans Menschen in so einer Gesellschaft?
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