Der religionsfeindliche Hochstapler

Bloggermorde Bangladesch Der Westen feiert die atheistischen Blogger Bangladeschs. Dass es unter ihnen auch menschenfeindliche Hohlköpfe gibt, wird gerne ausgelassen. Ein Abend mit Asif Mohiuddin

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"Soviel Welt als möglich in die eigene Person zu verwandeln, das ist im höheren Sinn des Wortes Leben." So heißt es bei Wilhelm von Humboldt, doch die Universität, die seinen Namen und den seines Bruders trägt, war am 14. Dezember letzten Jahres ein Ort, an dem ein Mensch mit sehr wenig Welt in sich hemmungslos seinen mittelscharfen Senf über diese ihm fremde Welt dazugeben durfte: Die Rede ist vom mittlerweile im deutschen Exil lebenden Asif Mohiuddin, einem sogenannten "säkularen" bzw. "atheistischen Blogger", wie sie in Bangladesch seit geraumer Zeit von einigen religiösen Extremisten angefeindet und getötet werden, weil ihnen deren online-publizierten Schriften über den Islam und seiner Rolle in Staat und Gesellschaft Bangladeschs säuerlich aufstoßen. Mohiuddin wurde wegen seiner Blogeinträge Opfer einer Messerattacke, wurde von der säkularen Regierung Bangladeschs wegen "Blasphemie" angeklagt, im Gefängnis nach eigenen Angaben gefoltert, und floh schließlich nach Europa.

Diese durchaus traurige Kurzvita war für die Amnesty Hochschulgruppe der HU und "Säkularer Humanismus an Berliner Hochschulen", der studentischen Lobbygruppe der "Giordano Bruno Stiftung, einer Organisation, die mit Leib und Seele dem "evolutionären Humanismus" verschrieben ist, verständlicherweise Grund genug, ihn zu einem Vortrag zum Thema Meinungsfreiheit in Bangladesch einzuladen. Was dann aber folgte, war weder diskursiv erhellend noch wissenschaftlich bereichernd, sondern eine Lektion in plumpem Populismus, unverhohlener Religionsfeindlichkeit, westlichem Anbiederungsverhalten sowie den geistigen Grenzen des dogmatischen Atheismus und westlichen Menschenrechtsaktivismus.

Die erfolgreichsten Hetzer sind die, denen man ihre niederen Absichten weder ansieht noch anhört. Und mithilfe seines unschuldig dreinblickenden, bebrillten Bubengesichts, seines friedlichen Grinsens, seiner sanften Stimme und einer bescheidenen Art, schaffte Mohiuddin es, im Hörsaal 2002 des Hauptgebäudes einer numerisch überschaubaren Frühabendansammlung aus jungen Studierenden und interessierten Einzelpersonen die respektlosen, herabwürdigenden und feindseligen Aussagen seiner etwa einstündigen lausbübisch vorgetragenen Tirade gegen privaten und organiserten Gottesglauben, insbesondere Islam, als legitime Religionskritik zu verkaufen: Das Publikümchen lauschte mit Anteilnahme und Anbiederung den Anekdoten dieses süßholzraspelnde Spalters, dem die Opferstilisierung kraft der Messerattacke auf ihn naturgemäß einfach fiel, und der Gottesglaube mehrfach als "stupid" bezeichnete und religiöse Menschen für "brainwashed" hält, als seien sie Zombies aus The Walking Dead.

Pauschal, pauschaler, Mohiuddin

Was genau hat Mohiuddin nun gesagt? Ein erster Vorgeschmack war ein Satz wie "I am not against Muslims, I am against religious ideology, especially Islam." Kommt das bekannt vor? Es ist derselbe tautolgoische Unsinn aus dem rhetorischen Repertoire anti-intellektueller Scharfmacher halbrechts der Mitte, wie sie in Bayern die CSU und im Osten die CDU verwenden und in Sätzen wie "Muslime gehören zu Deutschland, der Islam aber nicht" ihren Ausdruck findet. Islam ohne Muslime und Muslime ohne Islam: wie soll das bitte schön gehen? Geht Christentum ohne Christen? Hindus ohne Hinduismus? Judentum ohne Juden?

Ganz einmal davon abgesehen, dass es weder einen monolithisch-homogenes Christentum (Katholizismus, Protestantismus, griechisch-orthodox, russisch-orthodox, Anglikanismus, etc.) noch einen monolithisch-homogenen Islam gibt (Sunni, Shia, Sufi, Ahmadiyya, etc.; unter Sunniten dann widerum die vier unterschiedlichen Rechtsschulen Hanafi, Hanbali, Malaki, Shafi'i). Doch die Fähigkeit zur Genauigkeit und zur Differenzierung ist noch nie die Stärke von Menschen mit flachem Weltbild gewesen, so auch nicht von Asif Mohiuddin.

Seine starren Pauschalrundumschläge in subkontinentalem Apu-Kwik-E-Mart-Englisch gingen danach feuchtfröhlich weiter: "You see what they (die Muslime, Anm. d. Autors) are doing to the world, ISIS, al-Qai'da." Und: "Islam treats women as a product, as if she is not human." Oder bezüglich seiner Haft in Bangladesch: "If you do not know about the interrogation system in South Asia countries, they beat people very violently." Sinngemäß übersetzt bedeuten diese seine Aussagen: Von den bald anderthalb MILLIARDEN Muslimen in der Welt gehören ALLE al-Qai'da oder ISIS an, der Islam unterdrückt ALLE Frauen, und in ALLEN Gefängnissen in Indien, Pakistan, Bangladesch, Sri Lanka, Malediven, Nepal, Bhutan wird gefoltert.

Andere sogenannte Menschenrechtler_innen wie Alice Schwarzer oder die barbusigen Narzistinnen von Femen haben sich bereits mehrfach auf den Holzweg eurozentrischer ideologischer Fahrwasser begeben, um dann in Diskursen, für die sie intellektuell nicht befähigt sind, schnell Schiffbruch zu erleiden. Mohiuddin, ein gelernter IT-Mensch und selbsternannter Atheist, der dem Publikum selber offenbarte, kein studierter Mensch zu sein und dennoch ohne jegliche islam- und religionswissenschaftliche Vorbildung sich anmaßte, über Islam und Religion zu sprechen und dabei mit fast jeder Aussage darüber hinaus eine unterirdische Allgemeinbildung offenbarte, sollte aus den Fehlern seiner Geistesschwestern lernen und keine Meinung zu etwas wagen, von dem er keine Ahnung hat.

Amar Sonar Bangla: Mein goldenes Bengalen

Darüber hinaus haben weder meine Begleiterin, die ein Jahr im Norden Bangladeschs im Rahmen eines Weltwärts-Jahres verbracht hat, noch ich als gebürtiger Deutscher mit bengalischem "Migrationshintergrund" das Heimatland meines Vaters, das ich regelmäßig besuche, und das ich auch im Zuge zunehmender gesellschaftlicher Religiösität, wie sie in Ländern von statten geht, die unter anderem ihren Bürgern keine soziökonomische Perspektive garantieren können, in Glaubensfragen immer noch als verhältnismäßig liberal und tolerant empfinde, in Mohiuddins einseitiger Systemsschelte und Depiktion Bangladeschs als Orwellschen Horrorstaat, in dem es nicht möglich ist, den Mund aufzumachen, definitiv nicht wiedererkannt: Den leicht zu beeindruckenden Zuhörer_innen, die über Bangladesch nichts anderes wussten, als dass ihre Klamotten dort unter menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt werden (was sie übrigens nicht davon abhielt, sie zu tragen), präsentierte Mohiuddin, wenn er Meinungsfreiheit, Frauen- und LGBT-Rechte ansprach, ein Bangladesch, das eher an Saudi-Arabien oder Afghanistan erinnerte, als an einen Muslimmehrheitsstaat, der trotz seines jungen Alters (erst 1971 in einem blutigen Unabhängigkeitskampfes von Pakistan abgespalten) bis heute seine in der Verfassung garantierte säkuläre Tradition bewahrt hat und wo Frauen im Berufs- und Gesellschaftsleben, sowie in zivilgesellschaftlichem Engagement überaus stark vertreten sind.

Doch Fakten, Kontexte, und Feingefühl interessierten an jenem Frühabend weder den Vortragenden, noch die Zuhörer_innen. Die erste Zeile des vom bengalischen Literaturnobelpreisträger Rabindranath Tagore geschriebenen Liedes "Amar Sonar Bangla", das gleichzeitig Bangladeschs Nationalhymne ist, lautet: "Mein Goldenes Bengalen, ich liebe Dich." Im Laufe seines Vortrags offenbarte sich, dass Bangladesch nur eine von vielen Dingen ist, die Mohiuddin nicht nur nicht liebt (was ja völlig in Ordnung geht), sondern förmlich zu hassen scheint.

Wie du mir, so ich allen: das Ayan Hirsi Ali-Syndrom

Einer weißen deutschen Frau Schwarzer und weißen aktivistischen Nackedeis kann ich ihre Unkenntnis bezüglich anderer Kulturkreise noch verzeihen (die Tatsache, dass sie trotz ihrer fehlenden Befähigung in Islam-Diskursen mitmischen jedoch nicht): Wie man aber als jemand, der in einer Muslimmehrheitsgesellschaft großgeworden ist, in der die überwältigende Mehrheit der Menschen zwar gläubig aber säkular eingestellt ist - was die Redundanz der (Selbst-)bezeichnung "säkulare Blogger" offenbart) - von seiner "Herkunftsreligion" eine so geringe Meinung haben und ihr so feindlich gegenüberstehen kann, lässt sich natürlich durch Mohiuddins eigene Erfahrung als Opfer eines Attentats durch einen religiösen Fanatiker und der darauffolgenden vermeintlichen staatlicher Willkür erklären (in Mohiuddins Augen mache der Staat nicht genug, um die Radikalisierung einzudämmen). Doch dass er für dieses persönliche Trauma eine ganze Weltreligion in Sippenhaft nimmt ("I will fight against the Islamic ideology", sagt er an einer Stelle), zeugt lediglich von der Psychologie seines eigenen kindlichen Narzissmus.

Dabei ist er nicht der erste praktizierende Muslim, der aufgrund von einer Gewalterfahrung zum Kreuzzügler gegen die Religion und den Staat mutiert, in denen er einst sozialisiert wurde (wie gesagt: Mohiuddins Groll richtet sich ja nicht nur gegen Religion, die qua natura intolerante Extremisten hervorbringt, sondern auch gegen den säkularen Staat, der, statt ihn zu beschützen, ihn nach eigenem Bekunden zwei Mal ins Gefängnis warf, wo er angeblich gefoltert - "they tortured me"- und ihm nun den Prozess macht. Daher wird er wohl erst einmal nicht nach Bangladesch zurückkehren, und nutzt die Zeit und freiheitlich-demokratische Grundordnung Deutschlands dafür, gegen Religion zu hetzen): Die Somalierin Ayan Hirsi Ali ist das prominenteste Beispiel eines "Muslim-turned-Muslim-hater" und einer rachsüchtigen Narzisstin, die das persönliche Unrecht, dass ihr einst widerfahren ist (ihr Vater wurde von Siad Barre ins Gefängnis geworfen) auf den gesamten Islam und alles was damit zu tun hat zurückprojeziert.

Und so respektlos und herabwürdigend wie sie seit ihrer niederländischen Exilzeit dem Islam begegnet, dafür gar mit dem rechten, islamfeindlichen Filmemacher Theo van Gogh anbändelte, so verächtlich äußert sich auch Mohiuddin über die am schnellsten wachsende Glaubensgemeinschaft der Welt. Ali ist auch eine selbsternannte Atheisten, doch ihr ideologischer Schlängelweg bis dahin (von der moderaten Muslimin zur Wahabbi-beeinflussten Muslimschwester zur Radikalatheistin) ist ein Zickzackkurs, den nur Menschen mit einem Wackelkontakt in ihrem ideologischen Kompass verfolgen, wie auch beim Zickzackjungen Mohiuddin: in der Kindheit Muslim, in der Jugend Atheist, im Erwachsenenalter Islamfeind, und vielleicht im Rentenalter wieder Muslim, womöglich fromm und bärtig, mit dem Zusatz Hajji im Nachnamen, nachdem er seine Pilgerfahrt nach Mekka absolviert hat.

Vom Islam keine Ahnung, vom Judentum noch weniger

Oder er wird Jude, aber Juden seien ja, wie er sagt, eine Rasse, daher könne man nicht zum Judentum konvertieren, so Mohiuddin, was einmal wieder seine fatalen Unwissenheiten offenbarte. Denn spätestens als Mohiuddins "Jews are a race" die empfindlichen Trommelfelle der historisch gebeutelten deutschen Zuhörer erreichte, musste der oder die Andere sich womöglich gefragt haben, ob er oder sie nicht doch einem Hochstapler auf den Leim gegangen war, der im weiteren Verlauf des Vortrags, der keiner war, Beleidigungen und Halb-und Unwahrheiten höher stapelte, als er tragen konnte: Schlomo Sands ikonoklastisches "Die Erfindung des jüdischen Volkes" ist das jüngste einflussreiche akademische Werk, das den Mythos einer ethnisch homogenen jüdischen "Rasse" als retroaktive politische Konstruktion, ausgegangen von jüdischen Intellektuellen im Deutschland des 19. Jahrhunderts, entlarvt. Daher ist auch Mohiuddins Aussage, man könne, im Gegensatz zum Christentum oder dem Islam nicht zum Judentum konvertieren, weil Juden ja eine "race" seien, historisch wie gegenwärtig falsch: Nach Sand ist das Judentum, wie auch Christentum und Islam, als proselytistische Religion entstanden und gewachsen, und führt als Beleg die Massenkonversionen unter den Chasaren im Kaukasus, den Berberstämmen Nordafrikas, sowie den Himyariten auf der arabischen Halbinsel auf.

Und auch heute ist ein "Gijur", ein Übertritt zum Judentum, wenn er sich auch schwieriger gestaltet als im Christentum und im Islam, möglich, zumindest in konservativen, reformistischen oder progressiven Strömungen; orthodoxe Gemeinden oder Rabbiner erkennen die von den rabbinischen Gerichten solcher Strömungen abgesegneten Übertritte in der Regel nicht an, doch sind auch in bestimmten orthodoxen Kreisen Übertritte möglich. Wie Christentum und Islam ist also auch das Judentum keine ideologisch homogene Angelegenheit: Herr Mohiuddin täte besser, seine verbalen Kurzschlüsse einem Faktencheck zu unterziehen, bevor er sie mit Pseudo-Chuzpe einem Publikum offenbart, das sich wohlwollend von ihm elektrisieren ließ, auch in der deutschen No-Go-Area der Judenkritik.

Immer auf den Propheten: Mohiuddin als bangladeschischer Hamed Abdel Samad

Es ist nicht leicht, in Zeiten von Charlie Hebdo und PEGIDA der Prophet Mohammed zu sein. Die Verfehlungen deiner Gefolgsleute, auch wenn sie fast anderthalb Jahrtausende später geschehen, werden dir immer noch direkt zur Last gelegt, und bei jedem Anschlag wirst du von der immer einflussreicher werdenden Neo-Rechten des Westens wegen Beihilfe zum Mord angeklagt. Um diese dürre Indizienlage zu festigen, ist es mittlerweile schick geworden, wenn halbgebildete, frustrierte Verfechter des geistigen Mittelmaßes die Lebensgeschichte des Propheten versuchen neu schreiben, auch wenn sie weder eine geschichts- noch religionswissenschaftliche Ausbildung haben: Die Rede ist vom bei der organisierten deutschen Islamfeindschaft gefeierten Ägypter Hamed Abdel-Samad, der jüngst ein Buch mit dem terminatorhaften Titel "Mohamed - Eine Abrechnung" geschrieben hat und damit nicht nur für die Rechtspopulisten in Deutschland ein willkommenes Geschenk in ihrem argumentativ schwach aufgestellten Islamhass ist, sondern auch unauffällige Salonrassisten in ihren ignoranten Vorurteilen bestärkt. Daniel Bax hat die Hetzschrift auf Spiegel Online unter dem Titel "Religionskritik nach Pegida-Art" als geschichtsrevisionistisches Gewäsch entlarvt, wenn er etwa über Samads methodologische Vorgehensweise schreibt: "Er klaubt sich aus den historischen Quellen zusammen, was ihm passt, und was ihm nicht passt, das verwirft er. So ähnlich machen das auch die Salafisten."

Dieser persönlichen Hetzschrift, die aus ihrer unwissenschaft-lichen Intention schon im Titel keinen Hehl macht, stehen zum Glück zwei seriöse Mohammed Biographien gegenüber: Barnaby Rogerson's The Prophet Muhammad und Karen Armstrongs Muhammad - A Biography of the Prophet. Seriös, weil ihre Annäherung an die einflussreiche historische Figur Mohammed und die Glaubensgemeinschaft, die er gründete, von konstruktivem Erkenntnisdrang geleitet sind, statt wie bei Abdel-Samad von persönlichen Abneigungen und destruktiven Racheglüsten.

Auch Mohiuddin hat den Propheten Mohammed als Zielscheibe seiner herabwürdigenden Thesen entdeckt und sich während seines Vortrags, der keiner war, auf diese historische Figur eingeschossen. Dabei schien sein "weapon of choice" eine anachronistische Einzelladerwaffe zu sein, in die er immer wieder ein-und dasselbe Argument nachlud: Mohammed hatte eine sechsjährige Ehefrau (seine dritte Ehefrau Aisha bint Abu Bakr), und allein deswegen könne man seinem Beispiel nicht mehr folgen. Wieder erweist sich Mohiuddin hier als jemand, der bewusst selektiert, Faktenwissen, das in der islamischen Historiographie keineswegs ein Geheimnis ist, dramatisiert und als neue Erkenntnis hinstellt, sowie historische Kontexte außen vor lässt: Er versteift sich auf diesen einen ihm willkommenen Makel, der für diese Zeit nicht aufsehenerregend war, nicht nur in der arabischen Welt, und verleugnet alle anderen positiven Charaktereigenschaften und humanistischen, gesellschaftlichen Errungenschaften des Propheten. Und Aisha, Lieblingsfrau des Propheten, Tochter von Mohammeds Freund Abu Bakr, reduziert Mohiuddin durch diese seine einzige Aussage über ihre frühe Zwangsheirat zu einer Person ohne eigene "agency", hält sie historiographisch gefangen in dieser statischen Opferrolle, etwas, das geschichtsklitternder nicht sein könnte.

Denn in ihrem Women and the Transmission of Religious Knowledge in Islam beschreibt die an der UCLA lehrende Islamwissenschaftlerin Asma Sayeed Mohammeds dritte Ehefrau in ihren späteren Jahren als eine außerordentlich intellektuelle und wissbegierige Person, die dafür bekannt ist, 2210 Hadithe verfasst zu haben, und die für ihr ihr Wissen in Lyrik und Medizin gar von prominenten zeitgenössischen Gelehrten der frühen islamischen Gemeinschaft respektiert wurde. Seriöse Wissenschaft widerlegt einmal wieder den organisierten politischen Dilettantismus, wie ihn gefährliche Pseudointellektuelle wie Hamed Abdel-Samed und Ayan Hirsi Ali sowie ein Gernegroß wie Asif Mohiuddin verkörpern, und die wichtigen theologischen Diskursen (niemand von diesen dreien hat in irgendeiner Form eine theologische und/oder geschichtswissenschaftliche Vorbildung), ihren unqualifizierten selbstglorifizierenden Stempel aufzudrücken versuchen. Darüber hinaus betrachten sie Islam ausschließlich durch die Brille gesellschaftlicher Realitäten von vor anderthalbtausend Jahren, womit sie sich kaum von jenen religiösen Extremisten und konservativen Muslimen unterscheiden, denen ihr Groll in erster Linie gilt. Ihr "Beef" mit dem Islam ist nicht wissenschaftlich, sondern persönlich. Und deswegen ist er, wie jede subjektive Abneigung, diskursiv wertlos.

Madrasas: Und ständig grüßt das Vorurteil

In Mohiudins persönlichem Feldzug gegen die Ideologie des Islams durfte ein Seitenhieb auf Madrasas natürlich nicht fehlen, und er fragte sich, wie der/die US-Botschafter/in in Bangladesch (er nennt ihn/sie nicht beim Namen, daher weiß ich nicht ob Dan Mozena oder die seit 2014 berufene Marcia Bernicat gemeint sind) dieses religiöse Schulsystem bloß als gut bezeichnen kann ("How can they say madrasa system is a good system?") Nach Mohiuddin, diesem ungenierten "brown sahib", sind alle Madrasas in Bangladesch natürlich von Saudi Arabien finanziert, und alle erziehen sie Kinder zu Jihadisten. Diesem äußerst reduziertem Bild islamischer "Religionsschulen" (die nicht zwangsläufig nur ein religiöses Kurrikulum haben) steht nicht nur das heterogene Bild gegenüber, welches sein "Landsmann", der Berliner Filmemacher Shaheen Dill Riaz, in seinem vielbeachteten Dokumentarfilm "Korankinder" von 2009 zeichnet, sondern auch das Wort des renommierten indischen Historikers und waschechten Islamexperten Yoginder Sikands, der mit seinem Bastion of the Believers die wohl erste große historiographische und kontemporäre Studie zum Madrasa-System auf dem indischen Subkontinenten verfasst hat.

Sowohl Dill Riaz als auch Sikand widerlegen, zumindest im südasiatischen Kontext, das weltläufige Vorurteil von Madrasas als Brutstätten der Radikalisierung, erkennen aber dabei die Notwendigkeit von Reformen dieses Erziehungsssystems an, statt wie Mohiuddin, das System pauschal als gefährlich abzuschreiben: Johanna Adorján's Rezension von "Korankinder" in der FAZ zu dessen damaligem Kinostart befand: "[D]er Generalverdacht, dass in Madrasas Kinder zu Dschihadkinder herangezüchtet würden, kann wohl nicht aufrecht erhalten werden" und erinnerte die Leser_innen: "Die meisten der Terroristen, die im Namen der Al Qaida Anschläge verübten, hatten Abschlüsse westlicher Universitäten; viele der Attentäter, auch die vom 11. September, hatten technische Studiengänge besucht und waren im Umgang mit dem Internet geübt - Madrasas bieten dazu in der Regel keinen Zugang." Und Sikands empirische Forschungsergebnisse ziehen einen ähnlichen Schluss, wenn er "remarkable shifts that have occurred in the madrasa system as a whole over time" erkennt, "so that it makes little sense to speak of an unchanging, static form of education, impervious to external developments", und daher fordert, "the immense diversity within the institution and its changing historical forms" anzuerkennen, "and to resist the tendency to paint all madrasas with the same brush". Wieder steht das Wort eines seriösen Wissenschaftlers gegen das eines nicht ernstzunehmenden Winkeladvokaten namens Mohiuddin: wer ist wohl glaubwürdiger?

Pfui Asif, Pfui!

Während Sikand für sein Buch intensive Feldforschung betrieben hat, ist fraglich, ob Asif Mohiuddin, der alle Madrasas für gefährlich hält, je einen Fuß in eine solche Eintrichtung gesetzt hat. Wahrscheinlich ist es besser so: die ausgeprägte Willkommenskultur und Gastfreundschaft, die Sikand bei seiner Feldforschung erlebt hat - auch in den konservativsten Madrasas - und die er in der Einleitung seines Buches beschreibt, hätte Mohiuddin wahrscheinlich sofort mit einem abfälligen, beleidigenden Kommentar mit den Füßen getreten: In einem seiner zahlreichen Anekdötchen aus dem Leben eines unschuldigen Atheisten, dem niemand im ach so intoleranten Bangaldesch seine Meinung sprechen lassen will, beschreibt er, wie er auf Einladung in einer Kirche (wahrscheinlich in seinem europäischen Exil) einen Vortrag gehalten hat, und zu den Anwesenden sagte, er finde die Geschichte von der Jungfrauengeburt unglaubwürdig und dumm ("I don't believe Jesus was born from a virgin mother. I find it stupid, it is very stupid to me.").

"Stupid" scheint eh Mohiuddins Lieblingswort zu sein, wenn er über Religion redet: "I explained why Adam & Eve is a stupid story." Und: "They were explaining Islam with science. I found those things very stupid." (über religiöse Hardliner, die glauben würden, Mohammed wäre auf einem Pferd in den Weltraum geritten). Und: "The more I read Koran, the more I read Bible, I found it stupid, bullshit." Darüber hinaus über Abrahams Opferung seines Sohnes Isaaks: "If Abraham were born in this century, you would send him to the mental hospital."

Hier wird nicht nur deutlich, dass Mohiuddins Islamverachtung Teil einer größeren Abneigung gegen Religion allgemein ist, sondern er nicht imstande ist, Kritik konstruktiv oder einfach nur respektvoll zu äußern: Die Jungfrauengeburt unglaubwürdig zu finden ist Mohiuddins gutes Recht, das tun Viele; in einer religiösen Institution jedoch eine zentrale Überlieferung aus dem biblichen Kanon als "stupid" abzutun, ohne historische Kontextualiserung der Entstehungsgeschichte solcher Mythen und die zentralen theologischen Werke zweier Weltreligionen als "bullshit" zu beschimpfen, ist höchst unanständig, um nicht zu sagen asozial.

Krass formuliert: Mohiuddin ist jemand, der seine geistige Notfurft scheinbar überall und unkontrolliert verrichtet, wie ein nicht stubenreiner Welpe. Nur das Welpen nichts für ihre Inkontinenz können: Mohiuddin hingegen pinkelt bar jeglichen Schamgefühls vorsätzlich Menschen vor die Füße, dabei stets sein selbstgefälliges Dauerschmunzeln auf seiner Harry-Potter-Visage. Was für Femen-Aktivistinnen wie Josephine Markmann, die vor zweieinhalb Jahren am zweiten Weihnachtstag barbusig auf den Altar des Kölner Doms sprang, die nackten Tittchen sind, ist für Mohiuddin der entblösste Dünnpfiff, der an jenem Abend des 14. Dezember 2015 aus seinem Mund strömte: respektlose Provokation ihrer selbst willen, bar jeglicher Sachdienlichkeit, für Andere unsäglich beleidigend. Die Welt dadurch auch nur ein stückweit besser gemacht zu haben haben jedoch beide nicht vermocht: Herr vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.

Proselytismus statt "Live and let live"

Mohiuddin fordert von Bangladesch Toleranz für seine universalistische atheistische Ideologie, obwohl er die islamische, wie er selbst sagt, bekämpft: dieser Kampf geht soweit, daß er versucht, Muslime zum Atheismus zu konvertieren, wie er selbst mehrmals sagte: "I converted four people to atheism." Und: "I started converting people to atheism." Und: "That is what I do. I convert people to atheism."

Warum er sich anmaßt, mit evangelikanischem Drall Menschen für seine Überzeugungen gewinnen zu müssen, teilte er dem Publikum nicht mit. Leben und leben lassen ist die Handlungsmaxime, die er von den religiösen Hardlinern in seinem Land einfordert, ohne sie scheinbar in seinem eigenen Leben anzuwenden. Darüber hinaus machte sich im Verlauf des Vortrags, der keiner war, neben der fehlenden Stringenz seines Denkens/Handelns ("He was brainwashed by the islamic ideology" kritisiert er seinen Attentäter, doch sagt später zum Publikum "You should read my blogs again and again.", als seinen sie ein obelixscher Zaubertrank gegen die Brut des Islamismus: ist Repetition nicht auch eine Form von Gehirnwäsche?) auch Inkonsistenzen in seiner Argumentationslinie bemerkbar, wenn er Dinge, die er vorher gesagt hatte, plötzlich leugnete: Nachdem er dreimal erwähnt hatte, er würde Menschen zum Atheismus konvertieren, sagte er dann irgendwann tatsächlich "I never tried to convert anybody to atheism", als würde er an Demenz leiden.

Und nachdem er so lange so ausführlich Islam und islamische Ideologie gemobbt hatte, schien er auch dies vergessen zu haben, als er plözlich behauptete: "Even if you were born in an atheist family and want to convert to Islam, I will fight for you.", was an das Voltaire zugeschriebene Zitat "Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst" erinnert. Nur das Voltaire ein einflussreicher Denker war und etwa "Candide" eine meisterliche gesellschaftskritische Parodie seiner Zeit war; Mohiuddin hingegen ist ein Pantoffelheld, der die Sicherheit seines Exils dafür (aus)nutzt, eine Weltreligion zu denunzieren, und ist lediglich eine Parodie seiner selbst.

Die hässliche Fratze des säkularen Humanismus

Sich selbst einen Humanisten zu nennen ist ein weites Sich-aus-dem-Fenster-Lehnen und zeugt nicht gerade von Bescheidenheit. Hält der Selbstanspruch der sogenannten Säkularen Humanisten einer Prüfung stand?

Wie bereits erwähnt, sind die Giordano Bruno Stiftung, die sich nicht als "atheistisch", sondern als "naturalistisch" sieht, und ihr verlängerter Hochschularm ideologisch dem "evolutionären Humanismus" verpflichtet, die in den kodfizierten "10 (An-)geboten" (Witz komm raus) ein säkulares Pendant zu den diabolischen biblischen 10 Geboten darstellen soll (weshalb ein Gebot, das per definitionem eine Anweisung ist und kein Gesetz, noch weiter zu einem Angebot abgeschwächt werden muss, ist mir schleierhaft). Doch bereits das zweite (An-)gebot dieses "Manifests" lief der von diesen selbsternannten "Säkularen Humanisten" durchgeführten Veranstaltung mit Asif Mohiuddin zuwider: Das Angebot "Verhalte dich fair gegenüber deinem Nächsten und deinem Fernsten" war zu keinem Zeitpunkt, weder während Mohiuddins Hetze und Verunglimpfungen, noch in der darauffolgenden Fragerunde, gegeben. Ist es fair, Religion als "stupid" zu bezeichnen? Ist es fair, das als Zuschauer und Organisator lustig zu finden? Ist es fair, Bibelgeschichten "bullshit" zu nennen?

Gottesglaube und Gottesverleugnung stehen sich ideologisch diametral gegenüber, obwohl beiden gemein ist, dass die Existenz des Gegenstandes ihres Zwists weder nachzuweisen, noch zu widerlegen ist. Im Zuge der "Desäkularisierung der postideologischen Welt", wie es der Feuilltonchef der Süddeutschen Andrian Kreye in einem Beitrag von 2010 nannte, haben sich die Fronten zwischen Gläubigen und Nichtgläubigen verschärft, nicht zuletzt auch durch Scharfmacher auf atheistischer Seite, wie etwa den nach 9/11 radikalisierten "Neo-Atheisten", die aus der klassischen Laissez-faire-Haltung gegenüber Religionen nun einen globalen Feldzug gegen den Islam ausriefen, wie der Publizist Sam Harris, der Kulturkritiker Christopher Hitchens oder der Evolutionsbiologe Richard Dawkins (ja, Radikalisierung ist nicht ein muslimisches Monopol, und Letzterer hat sich schon lange vor den Anschlägen des 11. Septembers 2001 als "ziemlich militanten Atheisten" bezeichnet und somit eine dogmatische Intoleranz und Feindlichkeit offenbart, die denen religiöser Fundamentalisten in nichts nachsteht).

Auch wenn die Giordano Bruno Stiftung sich vom islamfeindlichen Neo-Atheismus distanziert und sich nicht als religionsfeindlich sieht, war die Veranstaltung mit Mohiuddin ein Beleg dafür, wie fließend die Grenzen zwischen beiden sein können und in welch antagonistische Richtung der Atheismus im Zuge der medial einseitigen und negativen Fokussierung auf den Islam gesteuert ist. Und der große Denkfehler sowie die Menschenverachtung dieser sogenannten Humanisten offenbart sich schon in dem Stiftungsmotto "Glaubst du noch oder Denkst du schon", als sei Glauben und Denken ein Nullsummenspiel, bei dem sich beide Kategorien gegenseitig ausschließen. Und viel fataler ist die höchst beleidigende Konnotation dieses Mottos: gläubige Menschen sind nicht im Stande zu denken.

Die auf den Leim Geher

Dass bei dieser organisierten Menschenverachtung eine renommierte Menschenrechtsorganisation wie Amnesty International mitgemacht hat, vertreten durch ihre Hochschulgruppe, ist in höchstem Maße unverantwortlich, doch keineswegs überraschend. Denn es ist nicht das erste Mal, dass der linksliberale westliche Aktivismus (ich wage es mal, Amnesty als linksliberal zu bezeichnen) in ihrer universalistischen Verblendung irrlichternd einen "faustian bargain" mit Menschen auf der "falschen Seite der Geschichte" eingegangen und ihrer hehren Rhetorik auf den Leim gegangen ist: So war es mit Mao und den Khmer Rouge, und so ist es noch heute, wie etwa bei der vom Westen so gefeierten islamophoben Aung San Su Kyi, die nach wie vor leugnet, es handele sich bei der systematischen Vefolgung der muslimischen Rohingya-Minderheit in Myanmar, die immer wieder in Gewalt ausartet, um ethnische Säuberungen, und der jüngst das Fauxpas unterlaufen ist, nach einem Interview mit der BBC-Moderatorin Mishal Husain, nicht gemerkt zu haben, dass ihr Mikro noch an war, und sie in ihrem selbstgefälligen möchtegernbritischen Akzent hörbar "No one told me I would be interviewed by a Muslim" genuschelt hat.

Ferner zeigte der Abend mit Mohiuddin, wie auch in einem überschaubarem Rahmen der westliche Menschenrechtsaktivismus sich auch den kleinsten Fischen anbiedert und sie mit ungeprüfter Kollektivsolidarität beehrt, so lange sie westlichen Universalismus mitpropagieren. Darüber hinaus scheint die Amnesty Hochschulgruppe in ihrem jugendlichen Weltverbesserungsüberschwang nicht berücksichtigt zu haben, dass im Agrarland Bangladesch, wo 60% der Bevölkerung nicht lesen und schreiben können und Blogs eh eine Sache der privilegierten urbanen Gesellschaftsschichten sind, die meisten Menschen schlichtweg keine Ahnung haben, wer diese "atheistischen Blogger" sind, geschweige denn wissen, was sie so schreiben: Ihre Bedeutung wird daher nicht nur von den religiösen Fanatikern von der Jama'at-e-Islami und den Gewalttätern von Ansarullah Bangla Team, die letztes Jahr von der bangladeschischen Regierung nach den teilweise tödlichen Attacken der letzten Jahre auf zahlreiche Blogger endlich verboten wurde, maßlos überhöht, sondern auch vom eurozentrischen, universalistischen Westen, der wie im Falle Amnestys, aus ignoranten Nullnummern wie Mohiuddin kleine Stars des zivilgesellschaftlichen Aktivismus macht und dadurch seine Glaubwürdigkeit als ehrlichen Makler von Menschenrechten aufs Spiel setzt. Und Mohiuddin schien an jenem Abend sein Status als C-Prominenter deutlich zu Kopf gestiegen zu sein, als er so unverhohlen gegen Islam, Glauben und Bangladesch wetterte, dabei immer unschuldig dreinblickend, als könne er keiner Fliege was zuleide tun.

Anleitung zum Höflichsein: der Methodologie-Knigge für die Mohiuddins dieser Welt

Der große Intellektuelle Edward Said schrieb bereits 1980 in seinem Covering Islam: How the media and the experts determine how we see the world, dass "underlying every interpretation of other cultures - especially of Islam - is the choice facing the individual scholar or intellectual: whether to put intellect at the service of power or at the service of criticism, community, dialogue, and moral sense."

Diesen Tip von einem wahrhaftigen Denker sollten die Spalter vom Dienst beherzigen, ob sie Abdel-Samed oder Schwarzer, Hitchens, Dawkins oder Mohiuddin heißen, also Menschen, deren Arbeitsmethoden lediglich Empörung und Verachtung sind, statt Erkenntniswunsch, Sach(dien)lichkeit, Fairness und Empirie. Saids Hauptwerke Orientalism, Culture and Imperialism und das oben zitierte Covering Islam sind für unsere heutige internationalisierte und globalisierte Welt das, was Adolph Freiherr von Knigges "Über den Umgang mit Menschen" für das ausgehende 18. Jahrundert war: Ihre Lektüre würde die obengenannten Hater zu konstruktiveren und dadurch besseren Menschen machen. Und der Verweis auf den "Knigge" kommt nicht von ungefähr: Schon in der Einleitung beschreibt dieser einen "äußerst leere[n] Mensch[en]", der "seine dreiundzwanzig Begriffe, die er hie und da aufgeschnappt hat, so durcheinander zu werfen und aufzustutzen versteht, daß er Aufmerksamkeit erregt und selbst bei Männern von Kenntnissen für etwas gilt." Die Ähnlichkeit mit Mohiuddin ist gerade zu unheimlich.

Mohiuddin ist kein Atheist. Seinem Vortrag, der keiner war, nach zu urteilen, ist er ein wirrer, ungebildeter, opportunistischer Idiot. Und mit ihm hat sich Amnesty International, vertreten durch ihre Berliner Hochschulgruppe, zum Deppen der organisierten Menschenrechtslandschaft gemacht. Zum Glück gibt es Andere, die das politische Bloggen besser drauf haben, und die ihre aktivistische Arbeit in den Dienst der Gesellschaft, ja der Menschheit stellen, statt des eigenen Egos und des eigenen, beschränkten Wertekanons: Intellektuelle und Kulturschaffende, die sich fair und respektivoll mit Islam und Meinungsfreiheit auseinandersetzen. Leider werden auch diese bedachten Köpfe von gewaltbereiten Extremisten angefeindet und mit dem Tod bedroht. Doch Mohiuddins verantwortungslosen anti-intellektuellen Provokationen gießen noch mehr Öl in ein ohnehin schon laut knisterndes diskursives Feuer.

Mag sein, dass Mohiuddin - so der Verdacht meiner Begleiterin - sich in der Zweitssprache Englisch, die er nur mäßig beherrschte, nicht so ausdrücken konnte, wie er es wollte, und daher gar nicht so gemeint hat, was er gesagt hat. Vielleicht hätten wir auf unserer gemeinsamen Muttersprache Bengali ein Gespräch führen können, nach welchem ich zu einer anderen Bewertung dieser Person gekommen wäre. Mag alles sein. Doch das entledigt ihn in keinster Weise von der Verantwortung der zum Teil unsäglich ignoranten Aussagen, die aus seinem Mund strömten und die Ohren der Zuhörer_innen an jenem Abend erreichten, die sich in ihren Vorurteilen bezüglich Islam und Muslimmehrheitsgesellschaften nur so bestätigt gefühlt haben mussten, nach dem Motto: "Wenn das sogar ein Muslim sagt, muss es wohl stimmen." Nein, muss es nicht: Das hat der Abend mit Mohiuddin eindeutig bewiesen.

Und die Humboldt-Universität? Diese sollte in Zukunft besser darauf achten, wem sie ihre Räumlichkeiten zur Verfügung stellt. Denn es ist unheimlich schön mit anzusehen, wie die geweihten Hallen dieser Exzellenzuni zur Verbreitung populistischer und hetzerischer Ideologien missbraucht werden, die das Humboldtsche Bildungsideal nur so mit Füßen treten. Alexander und Wilhelm wären soooo stolz. NICHT.

Sand, Shlomo: Die Erfindung des jüdischen Volkes - Israels Gründungsmythos auf dem Prüfstand. Berlin 2011.

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Geschrieben von

Timo Al-Farooq

Freier Journalist aus Berlin in London・IG: @talrooq

Timo Al-Farooq

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