Die Regierung Sambias hat eine Hungerhilfslieferung aus den USA im Wert von 50 Millionen US-Dollar zurückgewiesen. Er wolle sein Volk nicht den Risiken aussetzen, die von dem gelieferten Genmais ausgehen, begründete Sambias Präsident Levy Mwanawasa seine Entscheidung, die angesichts der Tatsache, dass gegenwärtig etwa zwei Millionen Menschen in Sambia hungern und mit der nächsten Ernte nicht vor März 2003 zu rechnen ist, nicht unproblematisch ist. Den USA stieß das bitter auf. Hatten doch zuvor afrikanische Nachbarländer wie Lesotho, Malawi, Zimbabwe und Mosambik die Hilfslieferungen akzeptiert, allerdings mit einer Einschränkung: Damit der Mais nicht von einheimischen Bauern angebaut wird und deren Mais kontaminiert, bestanden sie darauf, die Getreidekörner nur in gemahlener Form verteilen zu lassen.
Sambia jedoch blieb hart. Dort fürchtete man, der Mais könnte - wie bereits in Mexiko geschehen - auf einheimische Sorten auskreuzen und damit nicht nur die biologische Vielfalt gefährden, sondern auch die künftigen Getreidelieferungen in Staaten der Europäischen Union (EU), die Wert auf gentechnikfreie Ware legen. Darüber hinaus war die Regierung der Meinung, dass die gesundheitlichen Auswirkungen von gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln noch nicht hinreichend geklärt sind - Lebensmittel aus Mais machen immerhin 90 Prozent des Speiseplans der hungernden Bevölkerung aus.
Die Haltung der Regierung Sambias sei »ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit«, entrüstete sich Tony Hall, US-Botschafter der Welternährungsorganisation (FAO). Die EU forderte er dazu auf, den Druck auf das afrikanische Land zu verstärken. Die Europäische Kommission jedoch vertritt den Standpunkt, es sei Sache der Empfängerländer zu entscheiden, ob sie Hilfslieferungen annehmen oder nicht. Die Position der Bundesregierung dürfte ähnlich sein, denn auch sie hat das Caragena-Protokoll unterzeichnet. Das Protokoll von Cartagena zur biologischen Sicherheit enthält völkerrechtlich verbindliche Regelungen für den Fall, dass gentechnisch veränderte Organismen (GVO) über Landesgrenzen hinweg exportiert werden. Nach einer Sicherheitsprüfung können die Importländer selbst darüber entscheiden, ob sie die Einfuhr genehmigen. Nur: Das Protokoll ist bislang nicht in Kraft, da von den 50 notwendigen Zeichnerstaaten knapp 20 - darunter auch Sambia - noch nicht ratifiziert haben.
Als »eher eigennützige Hilfe für die amerikanische Wirtschaft« bezeichnet Ulrike Brendel, Gentechnik-Expertin bei Greenpeace, die Lebensmittellieferungen für Afrika. Die USA könnten ihre Produktionsüberschüsse nicht in andere Länder exportieren und versuchten sie daher über den Umweg der Hungerhilfe los zu werden. Besonders gefährlich sei die Maislieferung vor dem Hintergrund, dass es in Afrika keine Regelwerke und Kontrollmechanismen für den Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen gebe. Erst neuerdings sind erste gesetzliche Grundlagen unterwegs. »Bevor aber die Leute verhungern, sollte der Mais natürlich verteilt werden«, meint Brendel. Gentechnik-Kritiker sehen in den Hilfslieferungen einen Versuch von Gentechnik-Konzernen, ihre patentgeschützten Produkte unter traditionelles Saatgut zu mischen und sich so weitere Marktanteile am weltweiten Saatgutmarkt zu sichern.
Iris Schöninger, Sprecherin der Deutschen Welthungerhilfe, ist ebenfalls der Auffassung, man sollte ein Land nicht in die Zwangslage versetzen, keine Alternative zu haben. Es sei hilfreicher und wesentlich effizienter, Nahrungshilfen auf den lokalen Märkten aufzukaufen, statt sie zu importieren. Diese Strategie verfolgt auch das BMZ, das Ende November erklärte, weitere rund elf Millionen Euro für Nothilfemaßnahmen und Nahrungsmittelhilfe bereit zu stellen, die in besonders betroffene Regionen im südlichen Afrika fließen sollen.
Doch auch in Sambia sucht man verstärkt nach Alternativen. Tansania und Kenia haben dem Land aufgrund einer besonders guten Maisernte im Vorjahr angeboten, Getreide bereitzustellen. Daneben will ein Zusammenschluss von lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) einen Transport von einheimischem Cassava in die Hungergebiete organisieren. Im Norden des Landes existiere ein Überschuss, mit dem etwa ein Sechstel des Nahrungsdefizits Sambias gedeckt werden könnte, glauben die NGOs.
Ob Sambia und seine Nachbarländer weiterhin gentechnikfrei landwirtschaften können, wird sich in Zukunft zeigen. Das Welternährungsprogramm hat bestätigt, dass bereits seit 1996 Hungerhilfslieferungen mit gentechnisch veränderte Lebensmittel an südliche Länder gegangen sind - allerdings waren die Zielländer nicht darüber informiert.
Weitere Informationen unter: www.foe.org, www.bmz.de, www.genet.ch
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