Die SPD-Linke und ihr Positionspapier

Linksbündnisse Die SPD plant für die Zeit nach 2017 und möchte sich mit einem Positionspapier auf linke Bündnisse vorbereiten.

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Positionspapiere sind in der Politik sehr beliebt, weswegen sich die SPD-Linke jetzt auch mal wieder eines ausgedacht hat. Es geht darum, sich eine linke Reformperspektive nach der Großen Koalition zu geben, was auch die Zusammenarbeit mit der Linkspartei betrifft.


Die SPD als Mitmachpartei


Was als Erstes auffällt, ist, dass die SPD sich inzwischen als Mitmachpartei sieht. Ich finde dieses Selbstbild übertrieben, denn an wie vielen Entscheidungen wird die Basis der SPD denn beteiligt? Reicht es wirklich, wenn die Basis alle vier Jahre einmal über einen Koalitionsvertrag abstimmen darf, oder gehört da nicht mehr zu? Müsste es nicht eher einen ständigen Diskurs mit der Basis geben, der auch dazu genutzt wird, Entscheidungen zusammen mit der Basis zu finden? Solange das nicht der Fall ist, ist die SPD noch weit weg von einer Mitmachpartei und derzeit ist die SPD auch eher eine Gabriel-Partei.


„...dass es derzeit keine linke gesellschaftliche Mehrheit gibt.“

Stimmt das? Gibt es keine linke gesellschaftliche Mehrheit? Wird nur der Bundestag betrachtet, so gab und gibt es dort durchaus eine linke Mehrheit. Natürlich kann nun auch darüber diskutiert werden, ob in diese Betrachtung nicht auch die Stimmen für all die Parteien mit einbezogen werden müssten, die nicht im Bundestag vertreten sind. Aber selbst dann kann noch niemand behaupten, dass es keine gesellschaftliche linke Mehrheit gibt, denn dann müssten auch die Nichtwähler betrachtet werden. Insoweit ist diese Aussage schwierig, weil überhaupt niemand die genauen Mehrheitsverhältnisse in der Gesellschaft kennt.

Vielmehr kann gesagt werden, dass die SPD die linke Mehrheit erneut nicht genutzt hat, weil sie sich keine Koalition mit der Linkspartei vorstellen konnte. Die SPD hat es ja nicht einmal versucht, sie hat sich nicht dazu durchringen können, zumindest in Verhandlungen mit der Linkspartei zu treten. Sie hat also die Chance vergeben, schon jetzt ein linkes Bündnis zu gründen, um dieses Modell in der Gesellschaft zu testen.

Wer Glaubwürdigkeit gewinnen möchte, sollte solche Wahrheiten nicht verschweigen, auch wenn die SPD vor der Wahl ein solches Bündnis ausgeschlossen hat.


„Die Linkspartei muss ihren Weg zur Regierungsfähigkeit weiter gehen...“

Ich finde es immer wieder mutig, dass die SPD an die Linkspartei Aufgaben verteilt. Im Positionspapier erteilt sie der Linkspartei „die Aufgabe, ihren Weg zur Regierungsfähigkeit weiter zu gehen, notwendige Fragen bei sich zu klären und sich zu einer wirklichen progressiven linken Partei weiterzuentwickeln.“ Die SPD vergisst wohl, dass die Linkspartei eine eigenständige Partei ist. Nur sie selbst kann entscheiden, welchen Weg sie gehen will und nur die Mitglieder der Linkspartei haben sich notwendige Fragen zu stellen, die auch nur von den Mitgliedern der Linkspartei beantwortet werden können. Die SPD hat sich hier weder einzumischen, noch hat sie das Recht, irgendwelche Vorgaben zu machen.

Wenn die SPD neue Machtoptionen will, dann muss sie die Linkspartei so nehmen, wie die Mitglieder der Linkspartei sie gestalten. Kompromisse werden nämlich erst in einer möglichen Koalitionsvereinbarung getroffen und nicht schon im Wahlprogramm der einzelnen Parteien. Oder hat die SPD vor den Wahlen verlangt, dass die CDU ihr Partei/Wahlprogramm ändert, damit über eine Koalition verhandelt werden kann?

Die SPD sollte sich lieber um sich kümmern. Wenn sie irgendwann mal wieder eine Regierung anführen will, muss sie damit beginnen, sich ein glaubwürdiges Profil zu geben. Da kann es helfen, wenn man „die künftige Auswahl von FunktionärInnen und MandatsträgerInnen“ als „große Herausforderung“ ansieht. Aber das reicht nicht! Das Führungspersonal muss vollständig ausgetauscht werden, denn nur dann kann es der SPD gelingen, ein neues glaubwürdiges Profil aufzubauen.

Interessant ist auch, dass „die SPD weiterhin der Ort sein“ will, „in der die entscheidenden gesellschaftlichen Zukunftsdebatten geführt werden“. Dies kann der SPD nur gelingen, wenn sie vorher intensiv in die politische Bildung investiert – und zwar nicht nur in die politische Bildung der Mitglieder. Dies kann auch nur dann gelingen, wenn die SPD regelmäßig Diskussionsveranstaltungen anbietet, an denen auch Nichtmitglieder teilnehmen können. Und mit regelmäßig ist nicht nur das entsprechende Wahljahr gemeint, sondern regelmäßig bedeutet, dass es ständig stattfindet. Jeden Monat und ohne große Zugangshürden. Und diese Veranstaltungen müssen dazu beitragen, dass sich die Bürger am politischen Meinungsbildungsprozess beteiligt fühlen.

Die SPD muss also erst einmal an sich selbst arbeiten, wenn sie eine wirkliche Perspektive will. Sie sollte sich nicht auf andere Parteien konzentrieren, sondern auf sich selbst. Sie muss ihr Profil stärken und sie muss dazu beitragen, dass die Bürger diese Demokratie auch als Demokratie wahrnehmen. Die Bürger müssen sehen, dass sie in den Meinungsbildungsprozess einbezogen werden. Über linke Bündnisse selbst kann nämlich erst nach der nächsten Wahl diskutiert werden.

Zitate stammen aus dem Perspektivpapier "Für eine Linke Reformperspektive"

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