Mehr Wahlbeteiligung durch mehr Demokratie

Wahlbeteiligung Irgendwie versucht gerade jede Partei die Schuld für die geringe Wahlbeteiligung bei anderen zu suchen, dabei sind die Parteien selbst Schuld daran, merken es aber nicht.

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Wir sollten einmal über die Wahlbeteiligung reden. Seit Jahren sinkt die Anzahl derer, die an den verschiedenen Wahlen in Deutschland teilnehmen und die Parteien haben nur das Konzept, die Schuld bei den anderen zu suchen. Doch dabei sind es die Parteien selbst, die sich ihre Nichtwähler erziehen.

Die Berliner SPD zum Beispiel. Anstatt die SPD, wenn sie schon keine Neuwahlen will, alle Berlinerinnen und Berliner über den neuen regierenden Bürgermeister abstimmen lässt, verschanzt sie sich hinter ihren Parteimauern und macht Demokratie zu einem Exklusivrecht für Mitglieder der Partei. Sie versucht gar nicht erst das Vertrauen der Wähler zu stärken, sie denkt gar nicht daran und nutzt eine solche Entscheidung lieber dazu, um noch ein paar Mitglieder für die SPD zu gewinnen.

Dabei vergisst die SPD in Berlin allerdings, dass der neue Bürgermeister nicht nur von der eigenen Partei akzeptiert werden muss, sondern auch von den Berlinern und Berlinerinnen. Der neue regierende Bürgermeister braucht nicht nur vertrauen in der SPD selbst, sondern auch in der Berliner Bevölkerung. Dieses Vertrauen wird aber sehr schwer zu bekommen sein, wenn die Berliner SPD sich hinter ihren Parteimauern verschanzt. Da gilt auch nicht das Argument, dass bei den Wahlen 2011 die Partei gewählt wurde, und nicht der regierende Bürgermeister, denn die SPD ist ganz klar mit Klaus Wowereit als Spitzenkandidat in die Wahl gestartet und viele Berliner Bürgerinnen und Bürger haben die SPD wahrscheinlich auch nur deswegen gewählt.

Das Beispiel zeigt aber auch deutlich, dass die Parteien – und da meine ich nicht nur die SPD – immer noch nicht verstanden haben, dass die Bürgerinnen und Bürger an der Gestaltung der Demokratie teilhaben wollen. Viele wollen nicht nur alle vier oder fünf Jahre zur Wahl gehen, um dann wieder ihre Klappe zu halten. Viele wollen auch während einer Legislaturperiode eingreifen, die Richtung korrigieren und die Demokratie mitgestalten. Sie wollen gehört werden und, was noch wichtiger ist, sie wollen ernst genommen werden.

Das würde allerdings bedeuten, dass die Parteien und Politiker auf einen Teil ihrer Macht verzichten. Denn Mitgestaltung bedeutet eben, dass die Menschen mehr demokratische Rechte bekommen. Mehr Demokratie bedeutet dabei nicht nur, dass die Menschen die Möglichkeit für Volksentscheide bekommen, mehr Demokratie bedeutet dabei auch, dass die Menschen aktiv an der Gestaltung von neuen Gesetzen teilnehmen. Natürlich bedeutet das auch, dass den Menschen mehr kostenlose Bildungsmöglichkeiten geboten werden müssen und natürlich bedeutet das auch, dass der Zugang zu den wichtigsten Informationen gegeben sein muss, aber eben das sollte in einer Demokratie selbstverständlich sein. Die Politiker werden nicht gewählt, um dann in irgendeinem Hinterzimmer, zusammen mit Lobbyisten, Gesetze auszuarbeiten. Sie werden gewählt, um das Volk zu repräsentieren und um Entscheidungen zum Wohle aller Menschen zu treffen. Alles andere erinnert eher an eine Diktatur, und dabei ist nicht entscheidend, welcher Freiheitsgrad garantiert wird. Auch in einer Diktatur kann der Freiheitsgrad hoch sein, solange dies für die Herrschenden von Vorteil ist.

Wer mehr Wahlbeteiligung will, der muss den Bürgerinnen und Bürgern mehr zutrauen. Mehr Wahlbeteiligung wird es nämlich nur dann geben, wenn die Bürger und Bürgerinnen auch sehen, dass sie mit ihrer Stimme tatsächlich etwas verändern können. Sie wollen das Gefühl haben, dass sie ein aktiver Teil dieser Demokratie sind. Dazu bedarf es aber Mut, denn nur mehr direkte Demokratie kann dieses Gefühl vermitteln.

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