Guerilla Fernsehen

TV 'Meister des Todes' ist zwar keine romantische Schwarzwald-Komödie, aber trotzdem kein guter Film. Es ist mehr das Bolivien der Guerilla-Filmkunst

Eine romantische Schwarzwald-Komödie - so beschrieb das Filmteam um Regisseur und Drehbuchautor Daniel Harrich das Projekt „Meister des Todes“ nach außen. Lediglich die Ortsbeschreibung ist zutreffend: die fiktive Waffenschmiede HSW, um die die Story kreist, liegt in Baden-Württemberg. Doch Komik kommt im Film selten auf. Gut, Veronica Ferres als friedensbewegte Alkoholiker-Gattin eines zynischen Waffenhändlers, das ist schon irgendwie witzig. Aber greifen wir nicht vor.

In Wirklichkeit handelt es sich hier um einen knallharten Polit-Thriller (oder zumindest so hart, wie es dem ARD-Publikum zuzumuten ist). Er handelt von Peter Zierler, der in Mexiko für HSW Sturmgewehre verkauft. Moment, Mexiko... Sturmgewehre... da war doch was. Richtig, die Story basiert auf einem realen Skandal um die ebenfalls in Baden-Württemberg beheimatete Firma Heckler & Koch. Die Waffennarren vom Neckar rüsteten mexikanische Behörden mit ihrem G36 aus. Sie hörten damit auch nicht auf, als 2007 mehrere Regionen des Staates zu Krisengebieten erklärt wurden. Statt den illegalen Handel einzustellen, bestach H&K einfach ein paar Bundesbeamte und fälschte einige Papiere. Was man halt so macht, wenn man den Schrott lostreten will. Ergebnis? Ein nun seit fünfeinhalb Jahren andauernder Prozess, bisher ohne eine einzige Anklage.

Und genau da liegt der Hase im Pfeffer. Um die an dem Skandal Beteiligten in Deutschland und Mexiko nicht unnötig aufzuschrecken (denn offensichtlich haben sie gute Anwälte), wurde das Projekt unter höchster Geheimhaltung gedreht. Eben unter dem Label „Romantische Schwarzwald-Komödie“. Nebenrollen wurden nur Auszüge des Drehbuchs vorgelegt, Ausstatter vor Ort nicht eingeweiht. Wie genau die Geldgeber von SWR und ARD-Degeto Bescheid wussten, wollten die Produzenten nicht preisgeben. Dennoch plauderten sie aber ein wenig aus dem Nähkästchen.

Es wurde klar, einen geheimen Film in Mexiko zu machen ist kein Pony-Reiten. Spätestens als eine Massenszene gedreht wurde, in der während einer Demonstration ein Polizist eine Studentin mit einem HSW-Sturmgewehr erschießt, wussten alle Bescheid, dass dies keine Liebeskomödie werden würde. Obwohl ein bisschen Revolutionsromantik natürlich dabei war. Dass die Mexikaner Bescheid wussten, half allerdings andere Probleme zu beheben. Als Sturmgewehr-Modelle aus Deutschland fehlten, bot ein Ausstatter an, einfach ein echtes G36 auf dem Schwarzmarkt zu besorgen (kostet angeblich 4000$). Aber das war dem Regisseur dann doch zu klandestin. Für Schauspieler Udo Wachtfietl war die größte Herausforderung übrigens, sich nicht an der Hotelbar zu verplappern.

Die Recherche der beiden Drehbuchautoren Daniel Harrich und Gert Heidenreich kann sich allerdings sehen lassen. Nach eigenen Angaben haben sie über 20.000 Seiten Materialien zusammengetragen und behaupten, jedes Detail des Films mit Fakten belegen zu können. Der Inszenierung sah man das leider an. Da bewegten sich eher moralische Standpunkte als glaubhafte Figuren durch den Streifen. Dass diese die Gesichter der ersten Mannschaft deutscher Schauspieler (Axel Milberg, Heiner Lauterbach, Veronica Ferres etc.) trugen, machte die Sache auch nicht unbedingt besser.

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Geschrieben von

Till Hahn

Philosoph, Journalist, Übersetzer. @till_hahn

Till Hahn

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