20 Menschen in einem Zelt

Sri Lanka Sri Lanka hat internationalem Druck nachgegeben und will die Internierungslager schließen, in denen seit Juni über 130.000 Tamilen festgehalten werden

Für die Vereinten Nationen hatte zuletzt der britische Diplomat Sir John Holmes in Colombo vorgesprochen, um die Regierung zu drängen, Zehntausende Tamilen nicht länger interniert zu halten. Nun sollen die meisten ab 1. Dezember auf freien Fuß gesetzt werden. In einer Erklärung von Basil Rajapaksa, des Bruders von Staatschef Mahinda Rajapaksa, hieß es, man werde die Lager bis zum 31. Januar 2010 vollständig schließen. Sri Lankas Regierung war wegen ihrer Praktiken zuletzt immer mehr in diplomatische Verlegenheit geraten. Dabei hatte sie noch gehofft, Kapital aus der erfolgreichen Beendigung des 26 Jahre währenden Bürgerkrieges zu schlagen. Stattdessen wurde sie von der internationalen Gemeinschaft verurteilt, weil sie Zivilisten internierte und das mit drastischen Methoden. Obwohl sich die Zustände in den Lagern verbessert haben – sie human zu nennen, verbietet sich.

Armeechef schert aus

Präsident Rajapaksa hatte Anfang November einen unerwarteten politischen Schlag zu verkraften, als Sarath Fonseka, Armeechef und Sieger über die tamilischen Rebellen, ankündigte, er werde demissionieren, um fortan „für die Demokratie zu kämpfen“. Viele erwarten, dass er bei den anstehenden Wahlen im April 2010 eine Kandidatur anstrebt, was für den Amtsinhaber eine gewaltige Herausforderung sein könnte. In einem an die Truppe gerichteten Abschiedsbrief schwor Fonseka, sich für die Wiederherstellung von Menschenrechten, für Pressefreiheit, soziale Gerechtigkeit, die Einheit der Ethnien und deren friedliches Zusammenleben einzusetzen. „Ich versichere ihnen, dass ich mich für den Schutz demokratischer Freiheiten verwende, die wir gerade dabei sind, rasant zu verlieren“, schrieb er.

Sri Lanka hatte schon im September auf internationalen Druck reagiert und angekündigt, die Internierten bis Ende Januar freilassen zu wollen. Noch bis vor kurzem betonten Beamte bei vertraulichen Gesprächen , die Regierung wisse nicht recht, wie sie mit den Lagerinsassen verfahren solle. Es bestünden noch immer Bedenken, wie viele der Festgehaltenen bei den Militäraktionen der Tamilien-Tiger eine aktive Rolle gespielt oder diese unterstützt hätten. Auch sei es schwierig, bestimmte Leute wieder in ihre Dörfer zurückzubringen, das verhindere die Existenz von Minenfeldern, die noch nicht geräumt seien. Es ist nachvollziehbar, dass viele der geschätzten 1,5 Millionen Minen noch entschärft werden müssen.

Alptraumhaftes erlebt

UNICEF-Sprecherin Sarah Crowe meint, die Entscheidung über ein Ende der Internierungen seien zu begrüßen. Nur würden die Menschen Zeit brauchen, um sich wieder zurechtzufinden. „Das bedeutet, sie müssen jetzt eine Chance erhalten, wieder ein normales Leben zu leben. Der nächste Schritt muss die Zusammenführung der Familien sein. Speziell für Kinder, die schreckliche Zeiten durchlebt und Dinge gesehen haben, die sie nie hätten sehen sollen, muss es eine psychotherapeutische Betreuung geben. Sie haben Alptraumhaftes erlebt, das sie lange nicht loslassen wird.“

Die Gesamtzahl der Internierten lag kurz nach Ende des Bürgerkrieges bei 300.000. Die meisten von ihnen wurden Ende April und Anfang Mai in der so genannten Feuer-Frei-Zone aufgesammelt, in der die Regierungstruppen die Tamilen-Tiger zusammengedrängt hatten. Es gab glaubhafte Zeugenberichte, dass Zivilisten, die versucht hatten zu entkommen, von den Rebellen erschossen wurden. Hatten sie es hingegen bis zu den Linien der Regierungstruppen geschafft, wurden sie in Busse gesetzt, nach Vavuniya gebracht und in Zelte gesperrt – bis zu 20 Leute in eines. Die Verhältnisse unmittelbar nach Kriegsende waren entsetzlich und selbst die Behörden räumten ein, man habe bis heute Schwierigkeiten, mit der schieren Menge an Flüchtlingen fertig zu werden.

Übersetzung: Holger Hutt

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Geschrieben von

Gethin Chamberlain, The Guardian | The Guardian

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