Wird der US-Präsident Barack Obama die von seinen republikanischen wie demokratischen Vorgängern in der Region betriebene Politik des Teilens und Herrschens wirklich zugunsten einer Strategie der Integration aufgeben? George W. Bush tat noch alles dafür, den Argwohn zwischen Sunniten und Schiiten zu vergrößern, um auf diese Weise den Graben zwischen der arabischen Welt und dem Iran zu vertiefen. Er reihte Iran in seine „Achse des Bösen“ ein und machte sich die innenpolitische Schwäche der sunnitischen Führer in Ägypten, Jordanien und Saudi-Arabien zu Nutze, indem er das Schreckensbild eines Iran mit angeblich expansionistischen Bestrebungen an die Wand malte.
Ein großer Schritt
Obama ist zu intelligent, um direkt auf die iranisch
kt auf die iranische Wahl Einfluss nehmen zu wollen. Der stärkste Gegner von Präsident Mahmud Achmadinedschads, Mir Hossein Moussav, wird von den Gefolgsleuten des Amtsinhabers ohnehin schon als Agent der USA denunziert. Da würde jede Äußerung, dass man in Washington eine Wahl Moussavis begrüße, den Amerikanern mit Sicherheit auf die Füße fallen. Die Debatte über einen möglichen Dialog mit den USA wird in Teheran viel heftiger geführt als in Washington, wo die Absicht, die Beziehungen zu normalisieren, mittlerweile Konsens zu sein scheint. In seiner Kairoer Rede bot Obama dem Iran Gespräche „ohne Vorbedingungen“ an. Seine Entschuldigung für die Rolle, die sein Land gemeinsam mit Großbritannien 1953 beim Sturz der demokratisch gewählten Regierung Mossadeq spielten, war ein großer Schritt nach vorn.Moussavi ist jener Kandidat, der einen Dialog mit den USA favorisiert. Mit seinem offenen Angriff auf Achmadinedschad – der schädige mit seiner Holocaust-Leugnung und wilden Reden das Ansehen des Landes in der Welt – scheint er die moderneren Schichten der iranischen Gesellschaft anzusprechen. Aber Präsidentenwahlen im Iran bedürfen für gewöhnlich einer zweiten Runde, und eine Stimmenmehrheit für Moussavi im ersten Wahlgang bedeutet noch nicht, dass er am Ende auch Präsidenten sein wird.Abgesehen von der Lösung des arabisch-israelischen Konflikts ist der größte Beitrag, den Obama zum Frieden im Mittleren Osten leisten könnte, die Abkehr von der unbegründeten Haltung, dass der Iran eine Bedrohung darstelle. Iran wurde von Washington und London zu Zeiten des Shahs als Vorposten am Golf aufgebaut. Seit der Islamischen Revolution ist das Land aber militärisch kaum in Erscheinung getreten. Es wurde im Krieg zwischen 1980 und 1988 Opfer einer arabisch-irakischen Aggression. In den Jahren danach versuchte Teheran seinen Einfluss vorrangig auf den üblichen Wegen der Diplomatie, des Handels und der Investitionen zu vergrößern.Achse des WiderstandesEs ist sicherlich einfach, anti-iranische Vorurteile anzufachen, nicht zuletzt im heutigen Irak, wo es unter den Sunniten leider großen Argwohn gibt, seit das Land von Schiiten geführt wird, die enge Kontakte zu Teheran pflegen. Das von al-Qaida zu verantwortende Blutvergießen zwischen den beiden muslimischen Glaubensrichtungen in den vergangenen Jahren hat auf beiden Seiten viel Bitterkeit hinterlassen. Es gibt auch gegenläufige Entwicklungen in der Region. So besuchte Präsident Achmadinedschad im Januar ein Pro-Hamas-Treffen in Qatar, bei dem auch Vertreter des Oman zugegen waren. Viele arabische Sunniten empfinden das wahabitische Sunnitentum der Saudis mit ihren üppigen Spenden für Moscheenbau und fundamentalistische Propaganda bedrohlicher als die Schiiten.Das zentrale Problem der Region besteht darin, einen Modus vivendi für den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern zu finden. Und viele der Gründe für eine Dämonisierung Teherans durch die USA haben mit diesem Problem zu tun. Teheran führt eine „Achse des Widerstandes“ gegen Israels Weigerung an, sich auf die Grenzen von 1967 zurückzuziehen, und arbeitet mit der (sunnitischen) Hamas, der (schiitischen) Hisbollah und Syrien (wo beide Glaubensrichtungen vertreten sind) zusammen, um dieser Weigerung entgegenzutreten. Der andere Grund besteht darin, dass Iran seit dem Sturz des Schahs unabhängig ist. Von Kuba über Venezuela bis Belarus und China taten sich die USA stets schwer im gleichberechtigten Umgang mit Ländern, die es ablehnten, von der Weltmacht vereinnahmt zu werden. In Kairo sprach Obama viel von „gegenseitigem Respekt“. Nun muss er beweisen, dass es ihm damit ernst ist.Nach Kairo fragen sich viele, kann Obama wirklich das über Jahrzehnte hinweg eingeübte Muster durchbrechen? Sein Vizepräsident Joe Biden deutete vor der Wahl im Libanon an, ein Sieg der Opposition würde die Unterstützung der USA für das Land gefährden. Wie aber steht es mit der Unterstützung für eine israelische Regierung, von der die jetzige Politik der USA offen zurückgewiesen wird? Ist die sakrosant?