Er gebärdet sich wie der Anführer einer unabhängigen Partei im Dienste von Simbabwes Präsidenten Robert Mugabe, hetzt offen gegen Weiße, fordert entgegen der offiziellen Politik des ANC verstaatlichte Minen und macht sich über die einstige Oppositionspartei Movement for Democratic Change in Simbabwe lustig. Den MDC zu schmähen, erweist sich besonders dann als wenig hilfreich, wenn Südafrikas Präsident Jacob Zuma in Harare als Vermittler bei den inneren Konflikten Simbabwes vorstellig wird.
Auch stimmt Julius Malema gern die Lieder aus der Zeit des Widerstandes gegen die Apartheid an, deren Refrain lautet: „Tötet die Buren, tötet die Farmer!“ Die Weißen entrüsten sich darüber, so dass der ANC seinen Mitgliedern
itgliedern verboten hat, die Versöhnung im Post-Apartheid-Staat durch Slogans dieses Kalibers zu gefährden. Aber den Vorsitzenden der ANC Youth League (ANCYL) rührt das kaum. Julius Malema wirft sogar kurz vor der Fußball-WM, wo Gönner in den internationalen Medien begehrt sein sollten, einen BBC-Reporter wegen dessen „weißer Attitüde“ aus einer Pressekonferenz. Hinzu kommt, dass er mit seinem ausschweifenden Lebensstil, seiner Nähe zu zwielichtigen Unternehmern, seiner Weigerung, Steuererklärungen abzugeben sowie seiner rüpelhaften Art ständig für Schlagzeilen sorgt. Dies ist um so peinlicher, als sich Malema bisher mit einer rasanten Karriere für mehr als den Jugendverband empfohlen hat.Keine rosigen Zeiten Geboren 1961 in Seshego und aufgewachsen in der Provinz Limpopo, ist er mit dem ANC seit frühester Jugend verwachsen. Er begann 1995 als Regionalvorsitzender der ANC Youth League und schaffte es 2001, zum nationalen Präsidenten des Vereins aufzusteigen, bevor er 2008 zum Vorsitzenden gewählt wurde.Die Leitartikler des Landes verlangten von Jacob Zuma seit Wochen, den eloquenten Provokateur zur Räson zu bringen. Doch der Präsident zögerte lange, bis er schließlich Ende April mitteilte, Malema sei zu weit gegangen und müsse sich für sein „befremdliches Verhalten“ verantworten. Wenige Tage später gab es eine Flut anonymer Berichte aus „führenden ANC-Kreisen“, wonach das Disziplinarverfahren bereits wieder eingestellt sei. Jacob Zumas Autorität lag am Boden, der Fall nahm für ihn alptraumhafte Dimensionen an. Die ANC Youth League hatte zudem erklärt, Malemas Sünden, falls es denn welche gebe, seien die der gesamten Jugendorganisation. Daher müsse entweder der gesamte Verband kollektiv bestraft werden oder die Leitung des Disziplinarverfahrens dem ANCYL übertragen werden. Dies wies die ANC-Führung mit dem Mut der Verzweiflung zurück, so dass Malema letzten Endes doch zu einer Geldstrafe verurteilt und dazu verpflichtet wurde, ein Anti-Aggression-Training zu absolvieren. Jede mildere Strafe wäre einer Demütigung des südafrikanischen Präsidenten gleich gekommen.Der „Fall Malema“ ist damit jedoch längst nicht abgeschlossen, er bleibt ein Indiz dafür, dass Jacob Zuma keinen rosigen Zeiten entgegensieht. Der nächste ANC-Kongress ist für 2012 anberaumt, und in Anbetracht der Tatsache, dass bei der letzten Konferenz dieser Art mit dem damaligen Präsidenten Mbeki fast dessen gesamtes Kabinett aus dem Amt gejagt wurde, kann keiner seines Postens sicher sein. Dies gilt um so mehr, als Malema und seine Youth League in zwei Jahren eine ähnliche Rolle spielen könnten wie beim Fenstersturz Thabo Mbekis. Der Verband hat inzwischen offenen Streit mit der Kommunistischen Partei (SACP) und dem Gewerkschaftsverband Cosatu vom Zaun gebrochen und zu verstehen gegeben, dessen Generalsekretär Mantashe abservieren und durch den früheren ANCYL-Vorsitzenden Fikile Mbalula ersetzen zu wollen.Köder Stammeszugehörigkeit Jacob Zuma weiß nur zu gut, dass er 2008 seinen Sieg über Widersacher Mbeki der SACP, Cosatu und dem ANCYL zu verdanken hatte. Danach versuchten Kommunisten und Gewerkschafter, die Regierung unter ihre Fuchtel zu bringen, woraufhin es Zuma zustatten kam, dass sich der ANCYL auf seine Seite stellte. Dadurch bestärkt begann er damit, eine Art Hausmacht aufzubauen. Die Umkhonto Veterans Association, die alten Guerilla-Kämpfer, wurde als eigenständiger Verband im ANC etabliert. Gleichzeitig sahen sich Vertreter aus dem Volk der Zulu in Schlüsselpositionen berufen, auch wenn es dabei blieb, dass die Xhosa als am besten ausgebildete Volksgruppe den Staatsapparat Südafrikas weiterhin repräsentieren.Keine Alternative ist derzeit für Zuma einfach. Er könnte sich mit den Kommunisten und Cosatu verbünden, um Malema zu stürzen, und wäre diesen Alliierten dann erst recht ausgeliefert. Schwer auszumachen, wie sich in dieser Lage seine Umkhonto-Veteranen einspannen lassen. Diese Altvorderen sind begeistert, dass einer der ihren als Präsident regiert, und würden es nicht dulden, dass er von einem vorlauten Jugendfunktionär erschüttert wird. Und das wiederum wäre nichts verglichen mit dem Zorn des Zulu-Volkes, wenn Zuma durch die Machenschaften eines vorlauten Revoluzzers in Gefahr geriete, sein Amt zu verlieren.Alles deutet darauf hin, dass Julius Malema dafür gesorgt hat, dass die Stammeszugehörigkeit in Südafrika wieder als politisches Kapital eingesetzt wird. Die Bindekräfte von ANC-Zugehörigkeit und Parteidisziplin sowie der gemeinsamen Ideologie scheinen dagegen an Kraft zu verlieren.Übersetzung: Holger Hutt