Alles war erstaunlich intim

USA/Ägypten Geheime Depeschen aus der US-Botschaft in Kairo enthüllen, dass der Obama-Administration an engen politischen Beziehungen zu Präsident Mubarak bis zuletzt gelegen war

Aus einer kurzen Notiz der US-Mission in Kairo vom Mai 2009 – kurz vor einer Reise Mubaraks nach Washington – geht hervor, dass der ägyptische Präsident keine gute Meinung von Obamas Amtsvorgänger George Bush hatte. „Die Ägypter wollen, dass der Besuch demonstriert, dass Ägypten weiterhin Amerikas ‚unverzichtbarer arabischer Verbündeter’ ist und die bilateralen Spannungen abgenommen haben. Präsident Mubarak ist der stolze Führer einer stolzen Nation... Er ist 81 Jahre alt und in einigermaßen guter gesundheitlicher Verfassung. Sein einziges auffälliges Problem ist eine Hörschwäche auf dem linken Ohr. Er reagiert positiv auf Respekt gegenüber Ägypten, lässt sich durch persönliche Schmeicheleien aber nicht beeinflussen“, ist unter anderem zu lesen.

Und weiter: „Mubarak würzt seine Beobachtungen mit Anekdoten, die sowohl seine langjährige Erfahrung als auch seinen Sinn für Humor offenbaren. Während seiner 28jährigen Amtszeit hat er mindestens drei Anschläge auf sein Leben überlebt, den Frieden mit Israel aufrechterhalten, zwei Kriege im Irak sowie die Instabilität der Region nach 2003, Wirtschaftsflauten und eine handhabbare, wenngleich chronische terroristische Bedrohung überstanden.“
„Er ist ein erprobter und wahrer Realist, von Natur aus vorsichtig und konservativ und hat nicht viel für idealistische Ziele übrig. Mubarak betrachtete Präsident Bush als naiv, von Untergebenen kontrolliert und vollkommen unvorbereitet dafür, mit einem Irak nach Saddam, besonders dem Anstieg des regionalen Einflusses des Iran zurechtzukommen.“
In der Mitteilung wird prognostiziert, Mubarak werde bei den nächsten Wahlen – sofern er dann noch am Leben sein sollte – „wahrscheinlich wieder antreten und unweigerlich gewinnen.“

Unantastbare Kompensation

Ein anderes Kabel vom 23. Februar 2009 beschreibt ein Treffen zwischen Mubaraks Sohn Gamal und dem eigenwilligen US-Senator Joe Lieberman. Der habe dem Präsidentensohn angeblich zugehört, während der sich über den Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern ausließ, über den wachsenden Einfluss des Iran und darüber, dass Saddam Hussein bei all seinen Mängeln ein Bollwerk gegen die Ambitionen des Iran gewesen sei.

Eine weitere Depesche aus dem März 2009 zeigt die erstaunlich intime militärische Beziehung zwischen den USA und Ägypten. Washington versorgt Kairo im Rahmen seines Foreign Military Finance-Programms (FMF) jährlich mit 1,3 Milliarden Dollar für den Kauf von US-Waffen und Verteidigungsausrüstung. Zudem ist zu erfahren: “Präsident Mubarak und die Militärführer halten unser Programm für den Eckstein unserer militärisch-militärischen Beziehung und betrachten die jährlichen 1,3 FMF-Milliarden als ‚unantastbare Kompensation’ für das Schaffen und den Erhalt des Friedens mit Israel.“ Die konkreten Vorteile der militärisch-militärischen Beziehung lägen auf der Hand: Ägypten sorge dafür, dass US-Militär einen "bevorzugten Zugang zum Suezkanal und dem ägyptischen Luftraum" genieße.

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Übersetzung: Zilla Hofman
Geschrieben von

Luke Harding | The Guardian

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