Argentinien sucht sich: Vom Schicksal der zwangsadoptierten Kinder

Erbe der Vergangenheit Argentinien: Von mutmaßlich 500 Kindern, die einst ihren Eltern zwischen 1976 und 1983 entrissen wurden, wissen die meisten bis heute nichts von ihrer wahren Identität. Sie kamen in die Familien von Militärs, ohne zu wissen, wer sie waren
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 10/2023
Seine biologischen Eltern waren zwei von Zehntausenden „Verschwundenen“: Javier Penino Viñas ist heute 45 und Banker in London
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Foto: Alessio Mamo/Guardian/Eyevine/Laif, Emmanuel Frezzotti (Hintergrund)

An einem Herbstnachmittag des Jahres 1983 wurde der Kinderarzt Jorge Meijide in ein Haus in der Kleinstadt Acassuso nahe Buenos Aires gerufen. Bald zeigte sich, dass der sechsjährige Patient nur erkältet war, doch hatte Meijide das Gefühl, dass in diesem Haushalt etwas nicht stimmte. Die Frau, die behauptete, die Mutter des Kranken zu sein, erschien ihm zu alt dafür. An den Wänden hingen Fotos von einem Mann in Militäruniform, angeblich der Vater des Jungen.

Das Argentinien der frühen 1980er-Jahre kehrte nach den bleiernen Jahren der Militärdiktatur unter General Jorge Videla und anderen Obristen langsam zur Demokratie zurück. Nach dem Putsch von 1976 hatte die Junta versucht, jegliche Opposition zu zerschlagen. Am Ende waren rund 30.000 Frauen u