Augenwischerei in Zahlen

Daten-Spionage Wenn die NSA behauptet, sie „berühre“ nur 1,6 Prozent des Internetverkehrs, dann hört sich das nicht nach viel an. Tatsächlich umfasst das nahezu alle relevanten Daten

Machen Sie sich keine Sorgen, sagt die NSA, wir „berühren“ nur 1, 6 Prozent des täglichen Internetverkehrs. Wenn das Netz, wie sie sagen, täglich 1.826 Petabyte an Informationen transportiert, dann „berührt“ die NSA also ungefähr 29 Petabyte pro Tag. Nimmt sie sie auf? Speichert sie? Analysiert sie?

Zum Vergleich: Nach eigenen Angaben hat Google 2010 nur 0, 004 Prozent der Daten registriert. Entspricht die NSA dann also etwa 400 Googles? Sieben Petabyte Fotos werden jeden Monat auf Facebook hinzugefügt. Das sind 0,23 Petabyte pro Tag. Die NSA entspricht also 126 Facebooks.

Bedenken Sie, dass es sich bei den meisten Daten im Netz nicht um E-Mails oder Internetseiten handelt, sondern um Medien. Daten des Internetunternehmens Sandvine zufolge machte Live-Unterhaltung im Jahr 2013 62 Prozent des Datenverkehrs im US-amerikanischen Festnetz aus, P2P File-Sharing 10, 5%.

Die NSA muss sich nicht alle Folgen von Homeland ansehen (oder vielleicht sollten sie) und alle Coldplay-Dateien anhören – auch wenn die amerikanischen Film- und Musikverbände bestimmt etwas darum geben würden, soviel zu wissen wie die NSA, wenn es um illegale Downloads geht – schließlich machen diese angeblich 23, 8 Prozent des Datenverkehrs aus.

HTTP – das Netz – macht Sandvine zufolge in den USA nur 11, 8 Prozent des gesammelten und heruntergeladenen Traffics aus. Kommunikation – also der Teil des Netzes, für den sich die NSA interessiert – schlägt in den USA lediglich mit 2, 9 Prozent zu Buche.

Ganz grob auf einem feuchten Bierdeckel gerechnet kommen die 1,6 Prozent der Daten, die die NSA anfasst, also in etwa der Hälfte der Kommunikation gleich, die im Netz stattfindet. Das ist schon ganz schön viel „Berührung“.

Des Weiteren gilt es zu bedenken, dass es sich bei 68, 8 Prozent aller Mails um Spam handelt.

Und natürlich fallen Metadaten nicht sonderlich ins Gewicht. Das sind nur ein paar Bits pro Datei – wer hat wem was geschickt – und das ist, wo die NSA viel ihrer vermeintlich belastenden Materials findet. Diese Zahlen sind also völlig bedeutungslos, wenn es um die Frage geht, wie viel die NSA darüber weiß, wer mit wem spricht. Mit dem Spielraum, das Umfeld jedes Verdächtigen drei Schritte weit zu überprüfen, umfasst dieses Gesetz der großen Zahlen schnell alle und jeden.

Wenn Sie über bessere Informationen (und Mathematik-Kenntnisse) verfügen, teilen Sie dies bitte mit.

Jeff Jarvis lehrt an der Graduate School of Journalism an der City University of New York. Bekannt wurde er mit seinem Buch What would Google do?

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Geschrieben von

Jeff Jarvis | The Guardian

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