Ausschuss zu Donald Trump: „Wie eine Anhörung über einen Gangster“
Kongress Griff ins Lenkrad, scharfe Waffen, Porzellanscherben und Ketchup an der Wand im Weißen Haus: Cassidy Hutchinson hat im Untersuchungsausschuss zum Sturm auf das US-Kapitol ein verstörendes Bild des ehemaligen Präsidenten Donald Trump gemalt
Cassidy Hutchinson hat das Unmögliche geschafft und das Bild von Donald Trump sogar noch schlechter werden lassen
Foto: Mandel Ngan-Pool/Getty Images
Er ging einem Geheimdienstmitarbeiter an den Hals. Er warf bei Wutanfällen mit Geschirr. Und er wollte, dass Metalldetektoren entfernt werden, damit seine Anhänger mit Pistolen und Messern demonstrieren konnten.
Bei der Anhörung des Kongressausschusses, der den Sturm auf das US-Kapitol im vergangenen Jahr untersucht, entstand am Dienstag ein eindrückliches Bild von Donald Trump als einem aus dem Gleichgewicht gebrachten und gewalttätigen Präsidenten.
Sogar für ein Land – und seine politischen Berichterstatter, das seit langem an das Zertrümmern von Normen während der Trump-Jahre gewöhnt ist, war das Bild, das von Trump bei der Anhörung gezeichnet wurde, ein Schock. Der Untersuchungsausschuss hatte neue Enthüllungen versprochen
ld, das von Trump bei der Anhörung gezeichnet wurde, ein Schock. Der Untersuchungsausschuss hatte neue Enthüllungen versprochen und enttäuschte nicht.„Noch nie zuvor haben wir in der Geschichte der USA eine glaubhafte, so schockierende Zeugenaussage gegen einen Präsidenten der USA vor dem Kongress gehört“, erklärte der Präsidentschaftshistoriker Michael Beschloss dem Sender MSNBC. „Dies ist ein Tag, der in die amerikanische Geschichte eingehen wird.“Donald Trump wollte mit seinen Anhängern zum Kapitol fahrenDie Hauptzeugin der kurzfristig angesetzten Anhörung war Cassidy Hutchinson, die Assistentin des damaligen Stabschefs des Weißen Hauses Mark Meadows. Sie erzählte, dass Trump am 6. Januar 2021 gemeinsam mit seinen Anhängern zum US-Kapitol fahren wollte, (wo die Wahl seines Nachfolgers Joe Biden bekräftigt werden sollte, Anm. d. Red). Zuvor hatte Trump eine flammende Rede gehalten und seine Anhänger aufgefordert, für ihn zu kämpfen.Laut der 25-jährigen Hutchinson erzählte ihr der stellvertretende Stabschef Tony Ornato, dass Trump eine „sehr starke, sehr wütende Reaktion“ gezeigt habe, als man ihn informierte, dass er stattdessen zurück zum Weißen Haus gefahren werden würde.Angeblich sagte Trump einem Geheimdienstmitarbeiter: „Ich bin der verfluchte Präsident. Bringen Sie mich sofort zum Kapitol.“Als der Geheimdienstmitarbeiter sich weigerte, habe Trump versucht, ins Steuerrad des Präsidentenwagens zu greifen. Sein Personenschützer Robert Engel habe ihn am Arm gepackt und gesagt: „Sir, Sie müssen ihre Hand vom Lenkrad nehmen. Wir fahren zurück zum West Wing. Wir fahren nicht zum Kapitol.“Daraufhin habe Trump seine freie Hand benutzt, um nach Engels Schlüsselbein zu greifen. Engel habe dieser Erzählung nie widersprochen, fügte sie hinzu. Mehrere Sicherheitsbeamte gaben allerdings an, sie seien bereit auszusagen, dass Donald Trump weder nach dem Lenkrad noch nach Engels Schlüsselbein gegriffen habe.Porzellanscherben und Ketchup an der Wand im Weißen HausWeiter berichtete sie dem Ausschuss von einem Wutausbruch Trumps am 1. Dezember, nachdem sein Generalstaatsanwalt William Barr der Presseagentur Associated Press in einem Interview gesagt hatte, es gebe keine Beweise für einen weit verbreiteten Wahlbetrug.Hutchinson erinnerte sich, einen zerschmetterten Porzellanteller und Ketchup an der Wand eines Speisesaals im Weißen Haus gesehen zu haben. „Einer der Bediensteten sagte, der Präsident sei extrem verärgert über das AP-Interview des Generalstaatsanwalts gewesen und hatte sein Mittagessen gegen die Wand gefeuert.“Laut Zeugin kein Einzelfall: „Es kam mehrmals vor ..., dass ich bemerkte, dass er Geschirr warf oder das Tischtuch wegzog, so dass alles, was auf dem Tisch stand, auf den Boden fiel und zerbrach oder irgendwohin flog.“Die Aussage machte deutlich, dass der Umsturzversuch am 6. Januar keine Anomalie war, sondern zum Wertesystem eines Mannes passt, der Gewalt als Sport zu verstehen scheint. Trump ist seit langem in der Welt des Boxens und Wrestlings präsent und sagte 2013 in einem Interview über das organisierte Verbrechen: „Ich habe ab und zu einige dieser Leute kennengelernt. Sie sind tatsächlich sehr nette Leute.“Keine Sorge, Donald Trump übernimmt die Geldstrafen für KörperverletzungWährend seines Wahlkampfs im Jahr 2016 sagte er bei einer Wahlkampfveranstaltung zur versammelten Menge: „Wenn ihr bemerkt, dass jemand vorhat, eine Tomate zu werfen, poliert ihm bitte die Fresse, okay? … Ich verspreche euch, dass ich für die Anwaltskosten aufkomme.“ Bei einer anderen Veranstaltung sagte er über jemanden, der gegen ihn protestierte: „Schafft ihn raus. Versucht, ihm nicht weh zu tun. Wenn es doch passiert, übernehme ich eure Verteidigung vor Gericht. Macht euch keine Sorgen deswegen.“Zuvor hatte Hutchinson bei der Anhörung am Donnerstag dem Repräsentantenhaus erzählt, Trump sei berichtet worden, dass Leute bei der Demonstration am 6. Januar Pistolen, Messer und andere Waffen dabei hatten. Er habe sich enttäuscht gezeigt, dass sie abgewiesen wurden: „Ich hörte, wie der Präsident in etwa sagte: ,Es ist mir verdammt noch mal egal, ob sie Waffen haben. Sie sind nicht hier, um mich zu verletzten. Nehmt die verdammten Metalldetektoren weg. Lasst meine Leute herein, sie können von hier aus zum Kapitol gehen.’“Nach der Anhörungssitzung sagte Ausschussmitglied Jamie Raskin Reportern: „Ein Präsident der Vereinigten Staaten war verärgert darüber, dass die Geheimdienste und andere Sicherheitskräfte Metalldetektoren benutzten, um Leute zu checken, die an seiner politischen Kundgebung teilnehmen wollten. Er wollte den Einsatz aussetzen, damit jeder hereinkommen konnte, auch Bewaffnete. Dabei hatten Leute laut offiziellen Berichten Sturmgewehre dabei.“Aber das war noch nicht alles. Als die Meute den damaligen US-Vizepräsidenten Mike Pence jagte, hatte Stabschef Meadows laut der Zeugin nicht den Eindruck, dass das Trump beunruhigte. Das belegte sie mit einem Gespräch Meadows mit dem Weißen-Haus-Berater Pat Cipollone. „Ich erinnere mich daran, dass Pat sagte: ,Sie fordern buchstäblich, dass der Vizepräsident gehängt werden soll.’ Mark antwortete etwas in der Art wie: ,Du hast ihn doch gehört, Pat. Er denkt, Mike verdient es. Er ist nicht der Ansicht, dass sie etwas falsch machen’.’“Wie die Anhörung eines GangstersAm Ende der Sitzung berichtete die Vize-Vorsitzende Liz Cheney noch, dass Zeugen im Vorfeld der Untersuchung von Trump nahestehenden Leuten Telefonanrufe und Nachrichten erhalten hatten. Den Zeugen wurde demnach gesagt, er sei sich sicher, dass sie sich bei mündlichen Vernehmungen „loyal“ verhalten würden. Michael Beschloss twitterte: „Warum klingt das wie eine Anhörung, in der es um einen Gangster geht?“Deutlich wurde jedenfalls, dass trotz zahlreicher Zeitungsartikel und Bücher die vier Jahre Trump-Präsidentschaft weiter in der Lage sind, Kinnladen zum Herunterklappen zu bringen.Wie schlimm auch immer seine Kritiker denken, dass es war: Es kommt immer noch etwas zutage, das zeigt, dass es noch übler war. Vielleicht am unglaublichsten aber ist, dass der Mann, der versuchte, die amerikanische Demokratie zu stürzen, der Spitzenkandidat der Republikanischen Partei für die Präsidentennominierung 2024 ist. Zumindest im Moment. „Die Anhörung heute ist eine weitere Erinnerung daran, dass kein Detail der Trump-Präsidentschaft von einem TV-Drehbuchautor am Schreibtisch hätte geschrieben werden können. Man hätte sich darüber lustig gemacht: zu unglaublich, zu unrealistisch und zu verrückt“, twitterte der Moderator und Journalist Mehdi Hasan. „Aber es ist alles passiert. Im echten Leben.“
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