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Artenschutzkonferenz Vom Löwenbaby bis zum Korallenkettchen: Das Internet hat sich zu einer der größten Bedrohungen für seltene Tiere entwickelt

Das World Wide Web heizt das Geschäft mit gefährdeten Spezies an. Auf der internationalen Artenschutzkonferenz in Doha mahnten Naturschützer am Wochenende, das Netz erleichtere den Kauf von lebenden Löwenwelpen bis hin zum Wein aus Tigerknochen. Der International Fund for Animal Welfare (IFAW) hat mehrere Untersuchungen zum internationalen Handel im Internet durchgeführt und herausgefunden, dass Tausende von Arten über Auktionsseiten, geheime Anzeigen und Chatrooms verkauft werden, schwerpunktmäßig in den USA, aber auch in Europa, China, Russland und Australien.

Am ausgeprägtesten ist der Handel mit afrikanischem Elfenbein, doch die Organisation stieß auch auf exotische Vögel, seltene Produkte wie Tigerknochen-Wein und Felle geschützter Arten wie Eisbären und Leoparden. In einer davon unabhängigen Studie untersuchte die Organisation Campaign Against Cruelty to Animals die Verhältnisse in Ecuador und fand Angebote für lebende Kapuzineraffen, Löwenwelpen und Ozelote. „Da das Internet keine Grenzen kennt, stellt es die Durchsetzung des Artenschutzes vor ganz neue Probleme“, erklärt die Organisation in ihrem Bericht.

Umschlagplatz Internet

Ein Paradebeispiel dafür, was der Handel über das Netz einer einzelnen Spezies antun kann, ist der Zagros-Molch. Einer Studie des WWF zufolge ist der schwarz-braune Salamander mit den weißen Punkten unter Tierhändlern sehr begehrt. Inzwischen gibt es nur noch etwa 1.000 seiner Art, jahrelang wurden etwa 200 Exemplare jährlich verkauft, überwiegend über eine Internetseite, die von der Ukraine aus betrieben wird.

Paul Todd von IFAW glaubt, dass der Internethandel inzwischen die größte Herausforderung für das Washingtoner Artenschutzabkommen ist. „Das Internet wird der stärkste Faktor überhaupt im globalen Handel mit geschützten Arten“, erklärte er. „Es wird nicht mehr lange dauern, dann wird dieser Handel nicht mehr zwischen einzelnen Ländern stattfinden. Großtransporte zwischen großen Verkäufern und großen Einkäufern werden bald der Vergangenheit angehören.“

300 Dollar für einen Salamander

„Das Internet an sich ist keine Bedrohung, aber es eröffnet alternative Vermarktungswege“, meint auch Ernie Cooper, der für die kanadische Division der Organisation TRAFFIC die Untersuchungen zum Zagros-Molch leitete. „Der Zagros-Molch zum Beispiel ist sehr teuer und die meisten Leute sind nicht bereit, für einen Salamander 300 Dollar auszugeben. Aber durch das Internet ist es Händlern ein Leichtes, sich einen internationalen Kundenkreis zu erschließen. So findet sich für alles ein Käufer.“

Die Delegierten stimmten mit überwältigender Mehrheit dafür, den Handel mit Zagros-Molchen zu verbieten, dessen Bestände dem WWF zufolge durch den Internethandel stark dezimiert wurden.

Schutz für die rote Koralle

Ein Antrag der Amerikaner und Schweden, den Handel mit roten Korallen zu verbieten – aus denen teurer Schmuck hergestellt wird, der im Netz reißenden Absatz findet – wurde abgelehnt. Die rote und rosafarbene Koralle, von der es 32 Arten gibt, wird im Mittelmeer geerntet und, laut der Meeresschutzorganisation SeaWeb, in Italien, Taiwan und China zu teurem Schmuck verarbeitet. Sie ist die wertvollste unter den Edelkorallen, doch sie genießt keinen internationalen Schutz, was nach Ansicht von SeaWeb der Grund dafür ist, dass mit dieser Spezies weltweit rege Geschäfte gemacht werden.

Angeführt wurde der Widerstand gegen den Antrag von den Japanern, die erst in der Vorwoche hinreichend Unterstützung organisiert hatten, um ein Verbot des internationalen Exports von Blauflossen-Thun zu verhindern (Der Blauflossen-Thun ist eine der wichtigsten Bestandteile des Sushi). Einige Küstenstaaten wie Indonesien, Malaysia und Island schlossen sich den Japanern an. Sie behaupten, die Korallen seien für das Überleben einiger Gemeinden vor Ort entscheidend und die Bestände seien nicht übererntet.

Einstweilen stimmten die Abgesandten dafür einem freiwilligen Artenschutzplan für gefährdete Tiger zu. Der Plan fordert strengere Gesetze für die Heimatländer der Raubkatzen, um des Schmuggels Herr zu werden und um mehr Geld zur Verfügung zu stellen, das die Einhaltung der Gesetze sicherstellt.

Die Nachfrage nach Körperteilen des Tigers

Die Zahl der noch verbliebenen Tiger ist durch das Vordringen des Menschen stark, durch das neun zehntel seines Lebensraums vernichtet wurden und die stark zurückgegangen. Ihre Zahl ist von 100.000 am Anfang des 20. Jahrhunderts auf etwa 3.600 gesunken.

Großbritannien schlägt auch eine bessere Kontrolle der Tigerfarmen vor, von denen es die meisten in China gibt – und den schrittweisen Abbau der Märkte für traditionelle Medizin, die die Nachfrage nach Körperteilen des Tigers steigern. Der britische Plan umfasst allerdings keine finanzielle Unterstützung für die 13 Heimatländer des Tigers – nur einen Antrag auf eine Unterstützung durch Spenden.

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Übersetzung: Christine Käppeler
Geschrieben von

Michael Casey | The Guardian

Der Freitag ist Syndication-Partner der britischen Tageszeitung The Guardian

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