Ein neuer Oxfam-Bericht weist auf die wachsende Konzentration des weltweiten Reichtums hin. Demnach besitzen die reichsten 26 Milliardäre so viel wie die 3,8 Milliarden, die zusammen die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung bilden. In einer jährlichen Überprüfung des weltweiten Reichtums, die anlässlich des Beginnes des Weltwirtschaftsforums im Schweizerischen Davos veröffentlicht wurde, erklärt Oxfam, 2018 sei ein Jahr gewesen, in dem die Reichen reicher und die Armen ärmer geworden seien.
Die beständig anwachsende Kluft behindere den Kampf gegen die Armut. Doch bereits eine Vermögenssteuer von nur einem Prozent würde schätzungsweise 418 Milliarden US-Dollar einbringen – genug, um jedes Kind zu unterrichten, das gegenwärtig keine Schule besucht, und Maßnahmen zur Gesundheitsversorgung zu ergreifen, die drei Millionen Menschen vor einem vorzeitigen Tod retten könnten.
Oxfam zufolge hat sich der Reichtum von über 2.200 Milliardären rund um den Globus 2018 um 900 Milliarden Dollar – oder um 2,5 Milliarden pro Tag – vergrößert. Der Anstieg um 12 Prozent beim Vermögen der Superreichen steht einem Rückgang des Vermögens der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung um elf Prozent gegenüber.
In Folge, so schließt der Bericht, sei die Zahl der Milliardäre, die so viel besitzen wie die Hälfte der Menschheit, von 43 im Jahr 2017 auf 26 im vergangenen Jahr zurückgegangen. 2016 lag diese Zahl bei 61.
Zu den zentralen Erkenntnissen des Berichts gehören:
- In den zehn Jahren seit der Finanzkrise hat sich die Zahl der Milliardäre fast verdoppelt.
- Zwischen 2017 und 2018 wurde alle zwei Tage ein neuer Milliardär hervorgebracht.
- Der reichste Mann der Welt, Amazon-Besitzer Jeff Bezos, sah sein Vermögen auf 112 Milliarden anwachsen. Ein Prozent seines Vermögens entspricht dem Gesundheitsbudget Äthiopiens, einem Land mit 105 Millionen Einwohnern.
- Die effektive Steuerbelastung der ärmsten zehn Prozent der Briten lag höher als die der reichsten zehn Prozent (49 % bzw. 34 %), wenn man Konsumsteuern wie die Mehrwertsteuer miteinbezieht.
„Es gibt genug Reichtum auf der Welt“
Oxfams director of campaigns and policy, Matthew Spencer hält fest: „Der massive Rückgang bei der Zahl der Menschen, die in extremer Armut leben, stellt eine der größten Errungenschaften der vergangenen 25 Jahre dar, doch die wachsende Ungleichheit gefährdet den weiteren Erfolg.“
„Die Art und Weise, wie unsere Volkswirtschaften organisiert sind, bedeutet, dass Vermögen sich zunehmend und ungerecht unter ein paar wenigen Privilegierten konzentriert, während Millionen von Menschen kaum in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Frauen sterben, weil es an ausreichender Schwangerschaftsbetreuung fehlt, und Kindern wird eine Bildung verwehrt, die ihnen den Weg aus der Armut weisen könnte. Niemand sollte dazu verdammt werden, früher zu sterben oder ein Leben als Analphabet zu führen, nur weil er oder sie arm geboren wurde.“
„Das muss nicht so sein – es gibt genug Reichtum auf der Welt, um jedem eine faire Chance im Leben zu ermöglichen. Regierungen sollten handeln, um sicherzustellen, dass Steuern, die von Reichen und Unternehmen erhoben werden, dafür eingesetzt werden, um kostenlose, qualitativ hochwertige öffentliche Dienstleistungen zu finanzieren, die Menschenleben retten und verändern können.“
In dem Bericht heißt es, viele Regierungen verschärften die Ungleichheit noch zusätzlich, indem sie nicht genug in öffentliche Dienstleistungen investierten. Es wird darauf hingewiesen, dass jeden Tag an die 10.000 Menschen sterben müssen, weil es an der Gesundheitsversorgung fehlt und 262 Million Kinder keine Schule besuchen, weil ihre Eltern oft nicht in der Lage sind, die Schulgebühren, Uniformen und Bücher zu bezahlen.
Oxfam sagt, die Regierungen müssten mehr zur Finanzierung hochwertiger und umfassender öffentlicher Dienstleistungen unternehmen, indem sie gegen Steuervermeidung vorgehen und eine gerechtere Besteuerung sicherstellen, einschließlich derjenigen von Unternehmen und den Vermögen reicher Einzelpersonen, die häufig unterbesteuert seien.
Der französische Ökonom Thomas Piketty fordert eine weltweite Vermögenssteuer. Er ist der Auffassung, es müsse etwas unternommen werden, um den Trend zu immer größerer Ungleichheit zu stoppen. Der World Inequality Report 2018 – den Piketty mit verfasst hat – zeigt, dass zwischen 1980 und 2016 die ärmste 50 % der Menschheit nur 12 Cents von jedem Dollar des weltweiten Einkommenswachstums abbekamen. Im Unterschied dazu fielen auf das reichte Prozent 27 Cent eines Dollars.
Oxfam zufolge könnten die entwickelten Länder, die es gegenwärtig versäumen, zusätzlich zur Bekämpfung der Armut im Inland auch ihren Verpflichtungen im Ausland nachzukommen, die Milliarden zusammenbringen, die fehlen, um die extreme Armut in den ärmsten Ländern zu bekämpfen, indem sie die Steuern auf extremen Reichtum erhöhen.
Der Rückgang der extremen Armut ist auf Chinas schnelles Wachstum über die vergangenen vier Jahrzehnte hinweg zurückzuführen. Doch Oxfam zufolge zeigen die Daten der Weltbank, dass die Reduzierung der Armutsrate sich seit 2013 halbiert habe. In Subsahara-Afrika sei die extreme Armut wieder im Anstieg begriffen.
Gemessen habe man die immer weiter wachsende Kluft zwischen Arm und Reich anhand der Daten zur weltweiten Vermögensverteilung, die im Global Wealth Databook von Crédit Suisse für die Zeit von Juni 2017 bis Juni 2018 veröffentlicht wurden, so Oxfam. Der Reichtum von Milliardären sei anhand der jährlichen Forbes-Milliardärsliste vom März 2018 berechnet worden.
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