Das Trauma der Flucht

Afghanistan Die Forschung weiß, dass Traumata vererbt werden können. Kann ein Ort in einem leben, an dem man nie gelebt hat?
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Eine afghanische Familie auf der Flucht
Eine afghanische Familie auf der Flucht

Foto: Damir Sagolj/Getty Images

Ein paar Jahre vor dieser Pandemie nahm ich meine damals neun Monate alte Tochter mit auf ihren ersten Protestmarsch. Es war eine Palmsonntagsdemonstration für Geflüchtete. Der Zug begann auf den Stufen der Staatsbibliothek in Melbourne. Unser Kind, ein australischer Sonnenschein, geboren in Friedenszeiten, war in einer Babytrage an die Brust meines Mannes geschnallt. Sie gluckste und strampelte im Rhythmus der Glocken, Trommeln und Gesänge um sie herum.

Dann begann ein Sprechgesang: „Truppen raus aus dem Irak. Truppen raus aus Afghanistan.“ Ich war überrascht, aber es fühlte sich richtig an. Die Menschen um mich herum waren kämpferisch und hoffnungsvoll, ihre Stimmen melodisch. Ein Banner schwebte über uns: Juden, Muslime, Christen für Fr