Am Mittwoch hat der Präsident der USA den Versuch eines Staatsstreichs angeführt. Ein rechter Mob versuchte den Umsturz, indem er gewaltsam das Kapitol in der US-Hauptstadt Washington stürmte. Die Eindringlinge unterbrachen die Arbeit des Parlaments, das gerade dabei war, die Anerkennung des Wahlsiegs von Joe Biden und Kamala Harris zu finalisieren. Dieser Vorgang war zuvor schon von gewählten Abgeordneten gestört worden, die mit dem unberechtigten Einwand, die Wahl sei nicht rechtmäßig, eine Fortsetzung der Trump-Präsidentschaft gefordert hatten. Auch das war ein Putschversuch, ein Versuch, die Verfassung zu verletzen und den Wählerwillen zu übergehen.
Das Vorgehen drinnen und draußen waren zwei Seiten der selben Medaille. Und beides wurde von den Anführern der Republikanischen Partei und von US-Präsident Donald Trump geschürt. Der Mob draußen hätte ohne die Politiker drinnen nicht existiert. Die Abgeordneten mögen ihr Entsetzen und Ablehnung äußern, aber sie sind für ihn verantwortlich.
Hätten Mitch McConnell und andere republikanische Politiker Anfang November den legitimen Gewinner der Wahl anerkannt und hätte es keine Anfechtung einer legitimen Wahl von Seiten der amtierenden Regierung gegeben, hätte es keinen Mob gegeben. Nachdem es nicht gelungen war, genügend Menschen an der Wahl zu hindern, um einen republikanischen Präsidentschaftssieg zu garantieren, beschlossen die republikanische Partei und die Trump-Regierung, zu versuchen, die Stimmen rückwirkend zu unterdrücken. Trump ermutigte den Mob, peitschte ihn monatelang auf und ließ ihn heute von der Leine – so sicher, als ob er die Lunte einer Bombe angezündet hätte.
Die Wut weißer Männer
Ich nenne es einen Putschversuch, weil ich zwar nicht davon ausgehe, dass er die Biden-Präsidentschaft verhindern wird, aber genau das zum Ziel hatte und Teil einer Kampagne ist, die Legitimität der neuen Regierung zu untergraben und sie dadurch zu schwächen. Seit langem schon hat sich das angebahnt. Seit Jahren nimmt die weiße Wut zu, insbesondere die Wut weißer Männer. Diese Wut wird von Trump selbst, von der Waffenlobby NRA, von Fox News und den verschiedenen rechten Experten, von der Republikanische Partei, den verschiedenen Vertreter von White Supremacy und rechtsextremen Gruppen wie den Proud Boys angeheizt.
Es ist eine Wut auf die Tatsache, dass andere Leute vor dem Gesetz gleichberechtigt sein könnten, dass Frauen und Menschen mit einer dunkleren Hautfarbe ebenfalls an die Regierung kommen, wenn die Macht gerechter verteilt wird. Es ist dieselbe Wut, die zu den Versuchen führte, einen schwarzen Präsidenten wegen seiner angeblichen Geburt in einem anderen Land und durch die Blockade seiner Politik die Legitimation zu nehmen. Es ist eine Wut gegen Gleichberechtigung.
Demokratie beruht auf Vereinbarungen, die dazu dienen, gemeinsam Entscheidungen zu treffen und das Ergebnis zu respektieren, ob es einem gefällt oder nicht. Die Gewalt, die wir am Kapitol gesehen haben, ist dagegen autoritär, ein Versuch, andere Leute dem Willen der Gewalttäter zu unterwerfen. Diese Gewalt geht von weißen Männern aus, die lange Zeit die Einzigen waren, die Macht in diesem Land hatten, und sich als an den Rand gedrängte und unterdrückte Außenseiter imaginieren, weil andere auch Macht und eine Stimme haben könnten. Wir haben diese Sorte Männer vergangenen Sommer gesehen, als sie mit halbautomatischen Waffen ins Parlamentsgebäude von Michigan eindrangen und wir haben sie wieder gesehen, als eine kleine Gruppe von ihnen für die geplante Entführung der Gouverneurin von Michigan Gretchen Whitmer verhaftet wurde. Wir haben sie bei rassistischen Schießereien von der texanischen Grenze bis zu einer Synagoge in Pennsylvania gesehen.
Dieser Putschversuch wurde durch die zunehmend hemmungslosere Ideologie der Gewalt unterstützt, die wir immer wieder in den Massenerschießungen gesehen haben, die im Amerika des 21. Jahrhunderts zur Norm wurden. Dazu beigetragen hat auch die Fetischisierung von Waffen und dem Recht auf eine Waffe. Das verbreitete die Tötungsmaschinen und den Tod, den sie verursachen, noch weiter, so dass seit Kurzem mehr Amerikaner durch eine Waffe gewaltsam ums Leben kommen als bei Autounfällen.
Autoritarismus ist immer eine Ideologie der Ungleichheit
Während ich dies schreibe, höre ich wie ein führender Politiker der Republikaner im Fernsehen sagt: „Vergessen Sie nicht, dass wir die Partei von Recht und Ordnung sind“. Und natürlich sind die gewaltsamen Unruhen im Kapitol technisch gesehen „gesetzlos“. Aber „Recht und Ordnung” als rechter Slogan bedeutet, dass die Rechten das Gesetz sind und sie ihre eigene Version von Ordnung anderen aufdrücken. Autoritarismus ist immer eine Ideologie der Ungleichheit: Ich mache die Regeln, ihr befolgt sie. Ich ändere sie willkürlich und bestrafe diejenigen, die nicht gehorchen oder, wenn es mir gefällt, diejenigen, die gehorchen – weil ich es kann. Der US-amerikanische Politologe Frank Wilhoit hat einmal gesagt: „Konservatismus hat genau eine Prämisse... Es muss In-Groups geben, die das Gesetz schützt, aber nicht verpflichtet, und daneben außenstehende Gruppen, die das Gesetz verpflichtet, aber nicht schützt.“ Sie demonstrieren, dass sie nichts bindet und dass sie erwarten, alles zu bekommen, was sie wollen. Anspruchshaltung ist ein zu mildes Wort dafür.
Was in Amerika in Gefahr ist, ist das Ergebnis einer Wahl. Aber auch die Rechtstaatlichkeit und die Rechte der Wählerinnen und Wähler. Und letztlich geht es auch um die Autorität von Fakten und Beweisen und Geschichte und Wissenschaft und darum, dass niemand das Recht hat, diese Dinge für seinen persönlichen Vorteil einfach zu übergehen.
Trumps Position war von Anfang an, dass insbesondere er dieses Recht besitzt. Gestern hat sich das zu einer Krise zugespitzt, als ein Mob einen verfassungsrechtlich verankerten Prozess für den friedlichen Übergang der Macht sabotierte. Das musste so kommen, weil Trumps Macht immer endlich in Ausmaß und Dauer war. Weil er aber will, dass seine Macht unendlich ist, war er schon immer im Krieg mit dem Gesetz, und hatte schon immer eine Freiwilligenarmee, die bereit war, in dabei zu unterstützen, sich die Macht zu nehmen. In Washington agierten sie wie eine Armee, eine feindliche Besatzermacht in der Hauptstadt der USA. Das ist, was er wollte, und das ist, was er geplant und was er bekommen hat.
Trump war der erfolgreichste öffentliche Lügner, den die USA je erlebt haben. Seine Lügen waren ein wesentlicher Bestandteil seines Autoritarismus, eine Weigerung, an Tatsachen gebunden zu sein, selbst an die Tatsachen, die er selbst am Tag zuvor geäußert oder getan hatte. Er fordert ein Parallel-Narrativ, in dem er die Wahl gewonnen hat. Und er legte lange zuvor die Grundlagen dafür, dass er im Fall einer Wahlniederlage behaupten konnte, dass sie nicht rechtens sei, wie er es auch 2016 gemacht hatte. Per Video erklärte Trump der Menge im Kapitol „Wir lieben euch“, als er sie aufforderte, nach Hause zu gehen. Zudem blieb er dabei, dass der Wahlsieg gestohlen sei, was der Grund ist, warum die Menge überhaupt vor Ort war. Seine Tochter Ivanka löschte offenbar einen Twitterbeitrag, in dem sie Kapitol-Stürmer als „amerikanische Patrioten“ bezeichnet hatte.
Schattenregierung in einer separaten Realität
Die Trumps und ihre loyalen Anhänger in politischen Ämtern werden sich von den schlimmsten Vorkommnissen distanzieren und vorgeben, davon überrascht zu sein, während sie sie weiter nähren.
Die Art und Weise, wie über die Ereignisse in den vergangenen Monaten geredet wird, nährt häufig die falsche Vorstellung von einem binären Entweder-Oder: Dabei steht ein erfolgreicher Putsch, durch den Trumps Anhänger uns den Wahlsieg wegnehmen, einem misslungenen Putsch gegenüber. Dabei existiert dazwischen etwas Heimtückisches, nämlich die Delegitimierung des demokratischen Prozesses und der zukünftigen Regierung.
In diesem Zwischenzustand betrachten Trumps Unterstützer weiterhin ihren Anführer und sich selbst als über dem Gesetz stehend und als dazu berechtigt, es so durchzusetzen, wie sie es für richtig halten – auf der Grundlage von den Fakten, die ihnen am besten gefallen. Sie etablieren eine separate Realität und scheinen eine Schattenregierung anzustreben, die die legitime bedrängt und untergräbt. Am Mittwoch war diese in Aktion zu sehen.
Kommentare 53
Ich würde den »Warum?«-Abschnitt des Beitrags modifizieren und mit ein paar wesentlichen Punkten ergänzen (beispielsweise: ökonomisch-kulturelles Abgehängt-Sein, die miese – allerdings durch Politiker wie Trump ursächlich mitzuverantwortende – Situation der Arbeiterklasse insgesamt und daraus folgend der leider allzumenschliche Drang, sich auf der Gesellschaftsleiter abwärts Blitzableiter zu suchen). Die Grundeinordnung als Versuch eines rechtsreaktionären Staatsstreichs, der im Kern auf Gleichheitsrechte, Liberalität sowie Abmilderung des sozialen Gefälles abzielt, ist in meinen Augen jedoch absolut zutreffend. Zumal wesentliche Gönner von Trump – wie zum Beispiel der Hedgefond-Multimilliardär Robert Mercer – aus den Reihen des ultrareaktionären Gußeisenkapitals kommen, und zumindest in den Reihen der Finanziers und Stichwortgeber dieser Bewegung keinesfalls der etwas einfältige Hillbilly aus Missouri dominiert.
Ebenso sehe ich die USA (allerdings: nicht nur die) an einem Kippunkt – an einem Punkt, an dem die Auflösung der Demokratie zur akuten Gefahr wird. Auch wenn ich hinsichtlich des gestrigen Tages (siehe auch: Georgia) eher optimistisch geneigt bin und daher recht zuversichtlich, dass Amerikaner(innen) ebenso wie der Rest der Welt ab Ende Januar wieder etwas befreiter werden durchatmen können. Insofern doch: ein kleiner Sieg für die Liberalität.
Die ständige Benutzung von Superlativen war mit schon immer ein Greuel. Dadurch geht jedes Maß an Normalität verloren, verschwindet jeder Anflug von Regelhaftigkeit.
Unter einem Putschversuch verstehe ich etwas Anderes. Auch mag ich nicht noch tiefer in diese Materie eindringen, obwohl Tiefe sonst mein Anliegen ist. Es gibt jetzt weitaus wichtigere Themen.
Dass auf Trumps Zielgeraden der Machtausübung urplötzlich etliche aus ihren Bunkern (das Wort: Löcher verkneife ich mir mal) herauskommen,um einem Auslaufmodell Trump noch einen ordentlich mitzugeben, zeugt vom GLEICHEN Ungeist, der Trump und seine Entourage übermannt hat.
Für ein Impeachment gab es vier Jahre Zeit. Sie wurde nicht konsequent dafür genutzt. Welcher Sinn sollte in einem Impeachment in den letzten vierzehn Tagen 'Trumpschaft' bestehen?
Ich bekenne: ich bin weder Taktiker noch Stratege. Beides ist mir fremd. Mein Credo: lasst Trump endlich ziehen. Er ist in Kürze Geschichte. Braucht ihn noch irgendjemand als bösen Mann?
Die Wut der weissen Männer, klar: Was denn sonst? Genau diese intellektuelle Schiene ist ebenfalls Teil des Problems: Deplorables. Die Existenz von White Supremacists sei damit natürlich keineswegs bestritten!
Ansonsten: Ja, ich denke auch, dass wir es hier mit einer Art von Putschversuch zu tun haben. Oder vielmehr dem wahr gewordenen, feuchten Traum eines jeden knapp mit Geist und Verstand bestückten Militia-Mitglieds, dass sich jahrelang in den Sümpfen vom Mississippi-Delta auf ein Grossereignis wie dieses voller Überzeugung und mit einer Bushmaster Semi-Automatic-Kopie einer AR-15 in der rechten und einem Rambomesser in der linken Faust vorbereitet hat. Hier waren richtige Stümper am Werk, wenn auch befeuert von absolut professionellen Scharfmachern der GOP (deren Ahnen wahrscheinlich einst dem KKK angehört haben). Leider hat dieser dilettantische „Staatsstreich“ vier Menschenleben gekostet und das Ansehen der USA in der Welt nachhaltig beschädigt- vom Schaden an den demokratischen Grundfesten der amerikanischen Gesellschaft ganz abgesehen.
Das war nicht der Putschversuch, es war die Machtdemonstration einer faschistischen Bewegung, die, mit Trump als Führer, gerade versucht, sich aus der GOP zu entwickeln. Der Putschversuch läuft in quasi-legaler Form seit dem 3. November und ist mit der Senatorenwahl in Georgia und der offiziellen Festschreibung des Wahlergebnisses durch den Kongress vorläufig gescheitert.
Bleibt abzuwarten, welches der beiden Amerikas auf Dauer stärker bleibt.
Der Zerfall ist unaufhaltsam. Dekadenz war gestern. Heute ist Untergang, kein Ereignis, nein, ein Prozess. Das "Land der unbegrenzten Möglichkeiten", hat seine Grenzen erreicht. Der klassische, weiße Held ist eine Illusion, die geplatzt ist. Man könnte auch: "Lügen haben kurze Beine" dazu sagen. Es wird auch unter Biden/Harris keine Umkehr vom Irrweg geben. Vielmehr eine rasche Rückkehr der cleveren, leisen TäterInnen. Der Nummer 1 Wahn wird bleiben. Erst das Steigen des Meeresspiegel um mögliche 7m Meter, wird das finale Regulativ. tempus fugit
US - Land of the free
hihihihi
>>…die miese – allerdings durch Politiker wie Trump ursächlich mitzuverantwortende – Situation der Arbeiterklasse…<<
Ursächlich würde ich nicht sagen, denn damit würden die zeitlich weiter zurückliegenden und tiefer angesiedelten Ursachen allzu sehr auf eine Einzelperson fokussiert. Richtig ist allerdings, dass auch dem Präser Trump die Lage der Arbeiterklasse am Arsch vorbeiging.
Da stimme ich fast zu. Wobei ich doch auch im Interesse der jungen und zukünftiger Generationen sehr hoffe, dass das Regulativ schon viel früher kommt, in Form eines großen Finanzcrashs.
Uneingeschränkte Zustimmung! Bravo!
..."Rebecca Solnit ist Kolumnistin des US-Guardian"...
Gääähhn...
hier sieht es eher aus, als ob die paar anwesenden polizisten die tore weit machen:
https://twitter.com/cevansavenger/status/1346920924310867968
"Braucht ihn (Trump) noch irgendjemand als bösen Mann?"
Oh ja! Das gesamte Establishment. Und es wird wohl weiter in die Richtung gehen, Trumps - zugegebenermaßen verhaltensauffällige - Anhänger zu "verurteilen" und zu bekämpfen. In der Hoffnung, dass Trump politisch nicht wiederaufersteht und die republikanische Partei sich neu orientiert.
Diese Strategie ist selbstverständlich eine Katastrophe. Sie wird die Spaltung der Gesellschaft noch weiter verschärfen bzw. die Trump-Anhäger weiter radikalisieren. Wie zu erwarten war unter Biden, dem hierzulande in den Medien eine versöhnende Kraft angedichtet wird, die er nie hatte.
In Wirklichkeit war das nur ein Vorgeschmack darauf, zu was auch Klimaflüchtlinge und andere, denen man Kompensation für die Schäden, die der Kapitalismus ihnen zufügt vorenthält, fähig sind.
Und es werden immer mehr werden.
Also entweder man lässt die Finger vom Kapitalismus oder man entschädigt großzügig.
In Wirklichkeit war das nur ein Vorgeschmack darauf, zu was auch Klimaflüchtlinge und andere fähig sind, denen man Kompensation VORENTHÄLT, für die Schäden, die der Kapitalismus ihnen zufügt.
Und es werden immer mehr werden.
Also entweder man lässt die Finger vom Kapitalismus oder man entschädigt großzügig.
Oh, welch eine Überraschung, das Maidan-Konzept in gods own country.
- Delegitimation der Verfahren /Nichtanerkennung der Wahlergebnisse
- Organisation von Protesten auf dieser Basis
- Sabotage der Abwehrmechanismen (Polizisten lassen Protestierer in Kongressgebäude gelangen)
Das ist ja unglaublich: Aber bei den BLM-Protesten alles und alle verhauen..!? Auf dem Capitol Hill seien 2‘500 Mann im Einsatz gewesen. Wie mir meine Schwester aus NY schreibt, werden jetzt Forderungen laut, die ganze Truppe zu entlassen!
Heute Morgen las ich, Mike Pence wolle Trump vor der finalen Schmach einer späten Amtsenthebung schützen.
Gut so. Standhaft bleiben, Herr Pence. Auch politische Gegner sollen gelobt werden, wenn es Anlass dazu gibt. Dieser perfiden Lynchjustiz, die sich nach vier Jahren Trumpschaft breitmacht, muss Einhalt geboten werden.
Dass Trump gekränkt hat und kein Fettnäpfchen ausgelassen hat, ist kein Freibrief dafür, jetzt ihn zu kränken und fertig zumachen. Ein Gegner in der Niederlage hat Anspruch auf Respekt. Wenn nicht dort, wo dann? Das Verhalten ist zu kritisieren, n i c h t die gesamte Person in Bausch und Bogen zu verdammen.
Das begangene Unrecht meines Gegenübers macht das Unrecht, das ich begehe, keinen Deut nicht besser. Kränkung wird durch Gegen-Kränkung keine Wohltat.
Der versierte Forist erkennt sofort: da war doppelte Verneinung am Werk. Eine zuviel.
Statt "keinen Deut nicht besser" heißt es: "keinen Deut besser".
Spontane Demokratie
Verstörend, die Reaktionen des transatlantischen Establishments – hüben wie drüben. Es ist überhaupt nicht zu verstehen, weshalb der Westen unter Führung der USA so etwas wie einen „demokratischen Leuchtturm“ auf der Welt darstellen soll, der global überall einzugreifen hat, wo diesen westlichen Werten angeblich erst noch zum Durchbruch verholfen werden müsse.
Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte: "Ich glaube an die Stärke der US-Institutionen und der Demokratie", gerade so, als ob ihr Amt und ihre Institution so etwas wie eine vorbildliche demokratische Legitimation aufweisen würden.
Bundeskanzlerin Angela Merkel war angesichts der Ausschreitungen in Washington "wütend und auch traurig", obgleich Ausschreitungen in Minsk und andernorts von ihr stets als demokratische Willensbildung verkauft werden.
Dem transatlantischen Establishments – hüben wie drüben – wird soeben eine Lektion erteilt:
Der Vorsitzende im Duma-Ausschuss für internationale Angelegenheiten urteilt ebenfalls, die Vereinigten Staaten seien nicht mehr in der Lage, sich als "Leuchtturm der Demokratie" zu inszenieren; vielmehr zeige sich, dass sich die "Farbrevolutionen" als Bumerang erwiesen: Unter Verweis auf den Sturm auf das Belgrader Parlament im Jahr 2000 und das Parlament in Tbilisi im Jahr 2003, die beide von westlichen Organisationen unterstützt und im Westen bejubelt wurden, hieß es, diese Praktiken kehrten nun "in die USA zurück".
Parallelen wurden auch in China gezogen. Eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums wies darauf hin, dass Nancy Pelosi, die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Bilder vom Sturm randalierender Demonstranten auf Hongkongs Parlament einst als "schönen Anblick" gefeiert hatte; mit Verweis darauf, dass die Demonstranten in Hongkong im Westen als "Freiheitskämpfer", die Demonstranten in Washington aber als "Gewalttäter" und als "Mob" bezeichnet worden seien, hieß es, die doppelten Standards seien offensichtlich.
…
Die Szenen aus dem US-Kapitol am 6. Januar 2021, als Demonstranten, die Präsident Donald Trump unterstützen, die Sitzung des Kongresses störten, wo die Wahl des Demokraten Joe Biden bestätigt werden sollte, erinnerten sehr an Belgrad im Oktober 2000.Ähnliches später in der Ukraine, sogar zweimal: 2004 und 2014, in Georgien, Moldawien, Weißrussland und mehreren zentralasiatischen ehemaligen Sowjetrepubliken. Bei jeder dieser Gelegenheiten unterstützten die USA die "Volksmacht", weil amerikanische NGOs und Botschaften stets unterstützten, was als "farbige Revolutionen" bekannt gemacht wurde.
Jenes Establishment, die devoten Medien eingeschlossen, trieben 20016 dasselbe Spiel wie Donald Trump 2020. Doch jetzt, vier Jahre später: Aber diese Wahl wurde gar nicht gestohlen, sagen sie – sie war so sauber wie frisch gefallener Schnee, die "sicherste jemals". Alle Experten, die uns seit vier Jahren die vorherige Wahl als "von Russland gehackt" verkauften, sagen es uns so!
Die bis 2017 gewählte Regierung der Vereinigten Staaten der Demokraten des Herrn Biden beschuldigte die Regierung Russlands, die Präsidentschafts-Wahlen 2016 massiv gestört zu haben. Hillary Diane Rodham Clinton streute gezielt Behauptungen, denen zufolge ihr der Wahlsieg „durch die Russen gestohlen“ wurde. Hillary Clinton gab selbst noch dem russischen Präsidenten eine Mitschuld an ihrer Niederlage. – Nicht vergessen.
Diese 2500 Mann waren eben nicht im Einsatz - jedenfalls nicht direkt am Capitol. Und die Frage ist, warum? Wer hat das zu verantworten, mit welchen Motiven?
Es ist mir zu einfach, dass alles nur auf Trump zu konzentrieren.
"Dieser perfiden Lynchjustiz, die sich nach vier Jahren Trumpschaft breitmacht, muss Einhalt geboten werden.
Dass Trump gekränkt hat und kein Fettnäpfchen ausgelassen hat, ist kein Freibrief dafür, jetzt ihn zu kränken und fertig zumachen."
haben sie die letzten 4-5 jahre unter einem stein gelebt? in meiner welt hat noch der unterwürfigste jubeljournalist trump gebasht, bis man es vor fremdscham kaum mehr aushalten konnte. oder habe ich den witz nicht verstanden?
Ja, im Land der unbegrenzten Widrigkeiten muss langsam mit allem gerechnet werden...
Sie möchten sich gerne streiten? Suchen Sie sich jemanden, bei dem es passt.
Ich empfehle, das zu lesen, was geschrieben wurde. Ich schrieb von Mike Pence und den Republikanern. Von Journalisten war hier mal keine Rede.
Nächstes Stöckchen, falls erwünscht.
nein, wollte nicht streiten. hatte nur gar nicht verstanden, worauf sie hinauswollten. und tue es immer noch nicht. aber kein problem, die zwei wochen immer ganz schnell weiterzappen schaffe ich jetzt auch noch.
ah, im zusammenhang mit ihrem ersten kommentar erschließt sich der zweite. nichts für ungut!
Ach herrje, ein Putschversuch ... geht's nicht noch eine Nummer dramatischer ? Das war kein Putschversuch, das war ein traurig anzuschauender wütender Mob der verzweifelt versucht eine Demokratie zu beschädigen die sich selbst schon maximal beschädigt hatte. Eine Partei mit zwei korrupten Flügeln, glaubt jemand im Ernst, man könnte damit dauerhaft eine "repräsentative" Demokratie simulieren ? Das geht nur, wenn die Teilnehmer mit Konsum vollgestopft und abgelenkt sind, wehe der Zeit, wenn das nicht mehr möglich ist. Es scheint soweit zu sein...
Man sollte daraus für Deutschland lernen. Wer glaubt, man könne die unzufriedene Wählerschaft mit einer "Protestpartei" beruhigen, die man zwar "demokratisch" wählen darf aber deren parlamentarische Teilhabe anschließend als NoGo desavouiert wird, der wird sich noch umschauen müssen. Es ist nur eine Frage der Zeit bis zum deutschen Trump.
Wann jemals in der Geschichte hat ein "wütender Mob" einen Putsch unternommen, der diesen Namen verdiente? Wenn das ein Putschversuch war, dann war es der impotenteste Putschversuch aller Zeiten. Die Autorin phantasiert sich da etwas zusammen. Sie ist nicht einmal in der Lage, die Stimmung der "Putschisten" richtig einzuschätzen. "Wut" konnte man auf den TV-Bildern allenfalls bei einigen wenigen Teilnehmern erkennen, bei den meisten war es die pure Euphorie. Es war ein anarchisches Happening, mehr nicht.
https://www.freitag.de/autoren/magda/9-november-1923-ein-vorfahr-und-sein-putsch
Auch hier nochmal ein Verweis auf historische Ereignisse, die schon nahelegen, dass dies - ein missglückter - Putschversuch war.
Genau. So isses.
Wie ich gerne zu sagen pflege: Bitte den Kontext beachten.
P.s. Ich bin nicht nachtragend. Aber: Ich vergesse auch nichts.
^.^
Es gibt eine nach unten weit offene Skala "missglückter" Putschversuche. Manche scheitern nur knapp, andere sind von vornherein chancenlos, weil dilettantisch geplant. In letztere Kategorie fällt z.B. der "Hitlerputsch" vom 9. November 1923. Protestierende Menschenmassen sind kein notwendiges Merkmal eines Putschs. Der letzte Putsch, den die USA erlebten, war die Ermordung von John F. Kennedy und seine Ersetzung durch den dem militärisch-industriellen Komplex genehmen Lyndon Johnson. So sehen erfolgreiche Putsche aus - wenn die Putschisten die Macht haben, ihren Putsch so gut zu tarnen, dass er von der Bevölkerung gar nicht wahrgenommen wird. Was vorgestern in Washington passier ist, ist einfach nur Pipifax und unendlich weit von einem Putsch entfernt.
Eine typische Magda-Replik. „…historische Ereignisse, die schon nahelegen, dass dies - ein missglückter - Putschversuch war“
Warum ist es Ihnen so wichtig, sich auf "Putschversuch" zu verständigen?
Andere haben andere Assoziationen, den an den Sturm auf das Belgrader Parlament im Jahr 2000 und das Parlament in Tbilisi im Jahr 2003, die beide von westlichen Organisationen unterstützt und im Westen bejubelt wurden. Erinnern sich daran, dass die Demonstranten in Hongkong im Westen als "Freiheitskämpfer", die Demonstranten in Washington aber als "Gewalttäter" und als "Mob" bezeichnet werden.
Manche assoziieren Belgrad im Oktober 2000 und die Ukraine 2004 und 2014, Georgien, Moldawien, Weißrussland und mehreren zentralasiatischen ehemaligen Sowjetrepubliken. Bei jeder dieser Gelegenheiten unterstützten die USA die, wie sie es nannten, "Volksmacht".
Lassen Sie uns doch bei der vom Westen verabredeten Terminologie bleiben, die bei Ereignissen wie soeben im Kongress oder vor ein paar Wochen im deutschen Reichstag in Ländern außerhalb ihres eigenen Machbereiches statt "Gewalttäter" oder "Mob" von »Freiheitskämpfern« oder von »Volksmacht« sprechen, so, wie sie das in Syrien getan haben, wo die Unterstützung friedlicher Proteste auf den Straßen im Süden Syriens Anfang 2011 durch die westliche Wertegmeinschaft schließlich zur Zerstörung des souveränen Staates führte.
Nun sind die USA selbst bei jener Art von "Demokratie", die sie woanders erzwingen wollten, angekommen. Als Ähnliches im Jahr 2000 in Serbien geschah, nannten es die USA Demokratie.
Sowohl Republikaner als auch Demokraten haben jahrelang "farbige Revolutionen" als politische Waffe eingesetzt und scheinheilig Demokratie gepredigt, um darüber Failed States zu schaffen. Jetzt sind sie selbst einer.
ALLAN NAIRN: »Nun, es war schon immer so, dass das US-Establishment bereit war, Terror einzusetzen und Zivilisten in Übersee zu töten, entweder um Dinge zu tun wie Öl zu beschlagnahmen, politische Macht zu ergreifen, oder einfach aus einer Laune heraus. Die Präsidentschaft von George W. Bush war ein Paradebeispiel dafür.
Aber Trump brachte einen einzigartigen Aspekt mit. Er hat diese einzigartige Fähigkeit, die Bestie im weißen Amerika zu entfesseln, in die Seelen der Menschen einzudringen und die schlimmsten Aspekte hervorzubringen. Und er hat auch die Fähigkeit, eine faschistische Atmosphäre zu schaffen. Er ist ein Produkt der amerikanischen Elite. Er ist selbst ein Oligarch. Aber er hat einen anderen Ansatz als die Präsidenten, die das weiche, freundliche Gesicht der rücksichtslosen amerikanischen Macht waren. Und in gewisser Weise denke ich, entlarvt er das amerikanische System als das, was es ist, in vielerlei Hinsicht, durch sein Verhalten und durch die Art, wie er redet. Aber die Bewegung, die er angestiftet hat, ist eine einzigartige Bedrohung. Und sie muss gestoppt werden.«
Der sogenannte "Putschversuch" war kaum mehr, als eine außer Rand und Band geratene Abschiedsfeier für einen Rüpel von Rüpeln.
"Die Älteren werden sich an das Foto aus dem Jahr 1981 erinnern, das den Oberstleutnant der Guardia Civil Antonio Tejero am Rednerpult des spanischen Parlaments zeigt, mit erhobener Pistole." (Die ZEIT)
https://www.freitag.de/autoren/magda/it-cant-happen-here-really
Mir ist nichts so wichtig, garnichts. Aber, ich finde es auch wohlfeil, sich ein Muster zu basteln und es über die Weltereignisse zu legen, ganz gleich, was die Hintergründe sind. So kommt man schnell davon mit seinen Freund- und Feindbildern.
Magda, auch Ihre Replik ist durch ein bestimmtes Muster gekennzeichnet. Das heißt Relativierung selbst der schäbigsten und kriminellsten Handlungen wertewestlichen Politiker und deren menschenverachtenden Politik.
Ihr Hinweis auf fehlende „Hintergründe“ behauptet indirekt, dass es irgendeine Berechtigung für all die Schweinereien des Westens gibt, der sich ständig als "Leuchtturm der Demokratie" in der Weltpolitik inszeniert.
Pfui Deibel, Sie Putschleugner!
Ja, ist schlimm mit mir. Entschuldigung.
Anweisung aus der Petersburger Trollfabrik, was soll ich tun?
Das Richtige tun! Als ein Mann von Conduite können Sie darauf nur 1 antworten: Nichts da, unsittliche Obristenhaftigkeit!
Dann werde ich genowischockt und Sie chartern keinen Flieger, der mich in die Charité bringt.
Überschätzen Sie sich mal nicht, Sie tinpot troll.
Ist den VTheoretikern vom Guardian wirklich nichts Originelles eingefallen? Solln sich gefälligst mal am Riemen reißen. Was waren das noch für herrliche Geschichten, damals, Gadafi, Assad, "Bunte Revolutionen", Giftgas, Maidan, Fassbomben, Skripal, Nawalny undundndund...dann sowas!
Ihre Komplimente erfreuen und erleuchten mein unwürdiges Dasein, stets unterschätzter JR.
Mit großer Freude stelle ich fest: im hiesigen Kontext passt nicht ein Blatt Papier zwischen uns. Noch nicht mal eine Taste am PC.
Horrido!
Warum denn so streng?
Die Wiederkehr des Ewiggleichen ist auf Dauer sehr ermüdend ... und stumpft ab. Da bleibt nur noch wenig Fantasie übrig.
Ihr Urteilsvermögen allerdings ist von nicht zu unterschätzender Beachtenswürdigkeit.
Das hab' ich in Paris gelernt und zwar im Handumdreh'n. Das lernt man sonst in keiner Stadt, so gut, so schnell und schön. Und wenn Sie noch 'was lernen soll'n, dann kommen sie hier her.
Leider unabkömmlich. Aber Song Luzheng ist schon da.
"The trouble was that democratic systems were based on the expectation that the people were perfect, and wouldn’t allow abuse."
Nehme ich mal als Fazit zum Blogthema. Gute Nacht.
Wenn's um Geld geht, helfen auch 245 heil überstandene Jahre nicht. Ich wusste, dass sich meinem Blog ein paar Weistümer abgewinnen lassen würden. Angenehme Ruhe!
Ja, guten Morgen dann auch.
Zurückkommend auf den Text möchte ich feststellen, dass ich keinen Unterschied zwischen Herrn Obama und Herrn Trump zu erkennen vermag hinsichtlich ihrer Fähigkeiten, Menschen um den Finger zu wickeln. Selbst ein TV-Verächter wie ich hat sich noch ganz gezielt vor den Fernseher gesetzt, um schließlich hoffungsvoll schmachtend an den Lippen des Herrn Obama zu hängen, als er vor seiner Wahl zum Präsidenten in Berlin seine „Wahlrede“ ablieferte – in feinerem Amerikanisch freilich, als Herr Trump es spricht. Der aber schließlich und endlich eine viel verkommenere Politik ablieferte, als Herr Trump das tat – mit zerstörten Staaten und zerstörten Menschen.
Was Herrn Obama von Herrn Trump unterscheidet: Er hatte sie schmutzige Solidarität des gesamten politischen und medialen Apparates des – wie er sich selbst nennt – Wertewestens.
Hatten wir das Video schon mal? Vielleicht mal noch zur Ernüchterung und Klarheit?
https://www.youtube.com/watch?v=hN-zLXsKaQY