Der neue alte Hoffnungsträger

Netzneutralität Barack Obama sieht den Zugang zum Internet als ein zu gewährleistendes Grundrecht. Die Verfechter der Netzneutralität gewinnen damit einen mächtigen Unterstützer
Im Einsatz für Netzneutralität: Barack Obama
Im Einsatz für Netzneutralität: Barack Obama

Bild: Saul Loeb/AFP/Getty

So seltsam es in einer vernetzten Welt klingen mag: Barack Obamas Erklärung zur Netzneutralität wird außerhalb der USA kaum unmittelbare Wirkung zeigen.

Zur Debatte steht die Art, wie Haushalte und Büros mit Internet versorgt werden. Die Verfechter der Netzneutralität fordern, dass die Nutzer für die Gebühr, die sie an ihren Internetanbieter entrichten, Zugang zu allen Websites erhalten müssen, egal wie populär oder aufwändig diese sind. Dem entgegen stehen große US-Netzanbieter wie Verizon und Comcast (oder hierzulande die Telekom): Sie wollen sich von Internetdiensten, deren Angebote hohe Datenübertragungsraten benötigen, zusätzlich bezahlen lassen.

Andere Rechtssysteme führen ihre eigenen Debatten zur Netzneutralität. In Großbritannien etwa verpflichteten sich zehn der größten Internetprovider im Jahr 2012 freiwillig auf einen Kodex, laut dem sie eine offenen und vollständigen Zugang zum Netz gewähren müssen, ohne Vorzugsbehandlung für bestimmte Produkte. Weltweit haben sich nur wenige Firmen der Netzneutralität so hartnäckig widersetzt wie der US-Anbieter Verizon, der 2013 Rechtsmittel gegen alle gesetzlichen Regelungen zur Gleichbehandlung des Internetverkehrs einlegte.

Obamas Aufruf an die zuständige US-Kommunikationsbehörde Federal Communications Commission (FCC), jegliche Blockade, Verlangsamung oder bezahlte Priorisierung des Netzverkehrs zu verbieten, hat das Zeug zum weltweiten Fanal. Der Präsident sagte, er betrachte den Breitbandzugang zum Internet als „ebenso wichtig und mit den gleichen Verpflichtungen einhergehend“ wie etwa das Telefonnetz. Und er wies die FCC an, ihn entsprechend zu klassifizieren. Damit können nun die internationalen Verfechter der Netzneutralität auf einen mächtigen Unterstützer verweisen.

Bestärkt sehen dürfen sich auch jene, die den Zugang zum Internet als von der Regierung zu gewährleistendes Grundrecht auffassen. So schlug die „Digital Group“ innerhalb der britischen Labour-Partei vor: „Die Regierung sollte prüfen, ob sich ein kostenloser Internetzugang für alle Bürgerinnen und Bürger ermöglichen ließe, etwa als Voraussetzung für die Teilnahme an der 5G-Frequenzauktion – oder zumindest beschränkt auf Familien mit Anrecht auf kostenloses Schulessen.“

Darüber hinaus aber hilft Obamas Bekenntnis sicherzustellen, dass das Internet auch in Zukunft so offen für neue Ideen bleibt wie bisher. Das Internet habe „enorme Werte geschaffen, … das Wirtschaftswachstum befeuert und amerikanische Firmen zu Weltmarktführern gemacht“, so heißt es in einem gemeinsamen Brief, den über 150 Unternehmen, darunter Amazon, Microsoft und Google, im Mai 2014 veröffentlichten. In dem Schreiben geben sie der Befürchtung Ausdruck, ein Ende der Netzneutralität werde es etablierten Internetakteuren erlauben, sich eine marktbeherrschende Stellung schlicht zu erkaufen, sodass für Start-ups und ihre Ideen kein Raum mehr bliebe. „Alle Innovationen des Internets sind im Zeichen der Chancengleichheit entstanden“, schreiben sie. Und wie Obama rufen sie die FCC auf, „sicherzustellen, dass das Internet ein offenes Forum für Rede und Handel bleibt, damit Amerika weiterhin technologisch weltspitze sein kann.“

Aber den offenen Wettbewerb auf dem US-Internetmarkt zu erhalten, wird nicht allein amerikanischen Firmen zugute kommen. Zumindest in dieser Hinsicht sollte auch der Rest der Welt dankbar dafür sein, dass Obama endlich einmal Widerstand leistet.

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Geschrieben von

Alex Hern | The Guardian

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