Er war seit genau einer Woche Chef des FBI, als am 11. September 2011 zwei entführte Flugzeuge in das World Trade Center in New York gesteuert wurden. Dieser Tag veränderte alles für Robert Mueller. Die Folgen der Anschläge sollten das beherrschende Thema seiner zwölfjährigen Amtszeit unter den Präsidenten George W. Bush und Barack Obama im Edgar-Hoover-Gebäude in Washington sein. Weil ein erneuter tödlicher Schlag von al-Qaida verhindert werden sollte, wurde das FBI in jener Zeit mit zusätzlichen Aufträgen, Geldern und Mitarbeitern extrem ausgebaut. Die Ära Müller war zwar überschattet von Kontroversen um das Schleifen amerikanischer Bürgerrechte, doch wurde sie grundsätzlich als erfolgreich für die Behörde bewertet. Mueller fand Zuspruch bei Demokraten und Republikanern. Er und seine Agenten trugen dazu bei, dass es zu keinem 9/11 vergleichbaren Attentat mehr kam, auch wenn sie die Toten beim Boston Marathon im April 2013 nicht verhindern konnten.
Der heute 72-jährige Mueller war vor seiner Ernennung zum Chef des FBI hoher Beamter im Justizministerium und Bundesstaatsanwalt in Kalifornien. Während des Vietnamkriegs (1965 – 1973) wurde er für seine Leistungen im Dienst der US-Marines mehrfach ausgezeichnet.
Bei den Republikanern als Mitglied registriert, stellt Mueller aber praktisch das genaue Gegenteil Donald Trumps dar. Seine Lebensgrundsätze seien Integrität, Dienst an der Öffentlichkeit, Geduld und Bescheidenheit, sagte er im Jahr 2013 in einer Rede vor Studenten. „Man ist nur so gut wie das eigene Wort“, hat Mueller bei anderer Gelegenheit erklärt. Er muss nun im Fall eines Präsidenten ermitteln, der berüchtigt dafür ist, sein Wort nicht zu halten. „Man kann schlau, aggressiv, wortgewandt und überzeugend sein. Aber wenn man nicht ehrlich ist, leidet der eigene Ruf.“
Muellers Integrität war eines der zentralen Merkmale für eine der entscheidenden Episoden beim FBI. Sein Verhalten von damals dürfte jene beruhigen, die fürchten, er könne empfänglich sein für Donald Trumps Einschüchterungstaktiken. Im Laufe eines hochdramatischen Abends im März 2004 drohte Mueller zurückzutreten, sollte die Bush-Regierung ein Programm zur Inlandsüberwachung vorantreiben, das vom Justizministerium als illegal eingestuft worden war. Solidarisch an Muellers Seite stand an diesem Tag der damalige Vizejustizminister James Comey. Der eilte ans Krankenhausbett von Generalbundesanwalt John Ashcroft, um ihn darin zu bestärken, die Spionagemethoden nicht zu genehmigen. Das enge Band zwischen Mueller und Comey, dem jüngst von Präsident Trump gefeuerten FBI-Chef, sollte jenen Amerikanern Sicherheit geben, die sich um die künftigen Untersuchungen zur Russland-Affäre sorgen.
Der in New York geborene und in Pennsylvania aufgewachsene Mueller hat ein Eliteinternat in New Hampshire besucht und war dort in einer Klasse mit John Kerry, dem späteren Senator und Außenminister. Mueller studierte dann in Princeton und erwarb weiter Abschlüsse an den Universitäten von New York und Virginia. Er heiratete seine College-Liebe Ann, mit der er zwei Kinder hat. In seinen Jahren als Chef der Strafverfolgungsabteilung des US-Justizministeriums hat sich Mueller einen Ruf als tatkräftiger Boss erarbeitet, der lange Dienst schob und sich den Mitarbeitern gegenüber hart, aber fair verhielt.
Muellers Freunde schätzen ihn als unauffälligen und ernsthaften Charakter. Berichten zufolge soll er in seinem Haus das Licht ausschalten, um Gästen zu bedeuten, es sei an der Zeit, die Party zu verlassen. „Bob Mueller ist Amerikas geradester Pfeil“, beschrieb ihn sein Biograf Garrett Graff vor einigen Tagen. „Es steckt wirklich nicht ein Hauch von Parteilichkeit in ihm.“
Nachdem Muellers Amtszeit als FBI-Chef auf Bitten Barack Obamas über die üblichen, vom Kongress genehmigten zehn Jahre hinaus um zwei weitere verlängert worden war, wurde schließlich Comey zu seinem Nachfolger ernannt. Dass Mueller damit im Dienste von Präsidenten beider Parteien stand, ist zweifellos nicht unerheblich dafür, dass er ausgerechnet jetzt, inmitten einer mutmaßlich heftigen politischen Affäre, zum Sonderermittler berufen wird.
Eric Holder, Justizminister unter Barack Obama, lobt die Entscheidung, weil man mit Mueller einen „Unbestechlichen“ nominiert habe. Einziger Makel an diesem überparteilichen Profil ist die Tatsache, dass der über Gebühr Gelobte bis vor wenigen Tagen eine Position als Partner in der Anwaltskanzlei WilmerHale bekleidete. Zu deren Klienten gehören Trump-Tochter Ivanka und deren Ehemann Jared Kushner. Ein Sprecher von WilmerHale meinte dazu, Mueller sei „sofort nach seiner Ernennung durch den Vizejustizminister aus der Anwaltssozietät ausgeschieden“. Kenner der Kanzlei sagen, Mueller sei nicht in deren Arbeit für die Familienmitglieder Donald Trumps involviert gewesen.
Als Mueller im Sommer 2013 beim FBI den Weg für Comey frei machte, lobte er seinen Nachfolger als „einen Mann, der Aufrichtigkeit, Hingabe und Integrität“ mit „Erfahrung, Urteilsvermögen und Pflichtgefühl“ verbinde. Genau diese Eigenschaften sind es, die sich viele Amerikaner von Mueller erhoffen, wenn er mit seinen Recherchen beginnt. Bislang sieht es so aus, als müssten sich Donald Trump und seine Leute, sofern sie etwas zu verstecken haben, vor ihm fürchten. „Ich habe Ermittlungen immer geliebt“, soll Mueller schließlich einmal gesagt haben.
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