Die zerknautschte Person im Sitz 22 des Fluges von Ilulissat nach Kangerlussuaq ist kein Indiana Jones. Der Tagebauingenieur Dennis Thomas, der sich potenziell aussichtsreiche Gold- und Diamantenabbaugebiete in der Arktis ansieht, schlüpft aber gern in diese Rolle. „Ich wurde beschossen und in alle möglichen anderen Auseinandersetzungen verwickelt“, sagt der 62-Jährige, während das Flugzeug auf 4.000 Meter Höhe dahingleitet.
Thomas hat 30 Jahre lang Gebiete mit potenziellen Vorkommen in Lateinamerika, dem Fernen Osten und den meisten anderen Orten auf dem Globus begutachtet. In Grönland war er jetzt zum ersten, bestimmt aber nicht zum letzen Mal. Der Brite ist beeindruckt von dem, was er gesehen hat und sagt, er werde zurückkommen, nachdem er G
chdem er Gespräche mit verschiedenen Tagebauunternehmen geführt habe. Diese zahlen ihm einen „Finderlohn“ dafür, dass er sie auf neue, kommerziell interessante Vorkommen aufmerksam macht.„Bislang ist es noch nicht besonders aufregend“, sagt er. „Es gibt nur eine Mine in Betrieb. Ich hätte gerne zehn laufen.“Klimawandel hat Bild verändertNicht nur kleine Unternehmen wie Thomas Mining Associates aus dem südenglischen West Sussex sind auf der Jagd, seit die Eiskappen im hohen Norden schmelzen. Die große Nachfrage nach seltenen und wertvollen Steinen und anderen Waren treibt auch die großen Konzerne in den hohen Norden. Es ist schon lange bekannt, dass es in Grönland alles gibt – von Uran bis hin zu sogenannten seltenen Erden, die etwa für Flachbildfernseher gebraucht werden.Lange war die Arktis tabu. Die Förderung hielt man weder für praktikabel noch für lohnenswert. Infrastruktur ist quasi nicht vorhanden, außerdem ist die Arktis mit einer mehrere hundert Meter dicken Schnee- und Eisschicht bedeckt. Der Klimawandel hat dieses Bild verändert. Während die Erderwärmung die traditionelle isländische Jagd bedroht, könnte sie dafür sorgen, dass in der Geschichte des Mineralienabbaus ein neues, lukratives Kapitel aufgeschlagen wird. Die eisfreie Fläche der Insel wird immer größer. Das setzt auf der einen Seite neue Treibhausgase frei, eröffnet aber auch Möglichkeiten für die Gräber des „weißen Goldrausches“.Regierung unterstützt neue AbbauprojekteVon Kanada über Grönland bis nach Finnland werden neue Anträge auf Erschließung und Förderung eingereicht. Die grönländische Regierung in Nuuk hat erst vor kurzem ihre Unterstützung für neue Projekte betont und ein Gesetz widerrufen, das den Uranabbau verboten hatte. Außerdem wurden weitreichende Lizenzen zur Ausbeutung von radioaktiven Elementen wie Uran und Thorium vergeben.Dies kommt Unternehmen wie der Greenland Minerals Energy Ltd (GMEL) zugute, die sich in australischem Besitz befindet. „Es handelt sich nicht um eine Erlaubnis für den Abbau, sondern für die Erstellung von Studien für Uranminen. Für das Unternehmen ist dies ein großer Schritt nach vorn“, sagt Lars Emil Johansen, der Vorsitzender des grönländischen Ablegers der Firma war, vor kurzem aber zurücktrat. Zwischen 1991 und 1997 war er auch schon zweiter Premierminister der Insel.GMEL vermutet in Kvanefjeld das sechstgrößte Uranvorkommen weltweit. Auch im äußersten Norden von Kanada, Russland und Finnland gibt es Pläne für den Abbau von Uran, die aber umstritten sind – vor allem wegen des Gesundheitsrisikos und der weiter reichenden Fragen, die mit der Verwendung von Uran in Atomwaffen und Atomkraftwerken verbunden sind.Protest gegen UmweltverschmutzungUnterdessen wurde in Kittilä, im Norden Finnlands, eine der weltweit größten Goldminen eröffnet. Weitere sind in Planung, aber auch diese sind umstritten. So gibt es beispielsweise lautstarken Protest gegen einen Plan mehrerer Minenbetreiber, in der Pebble Mine in Alaska Gold und Kupfer zu fördern.Die Aktivisten sehen durch die mit der Förderung verbundene Umweltverschmutzung die nahegelegene Wasserscheide von Bristol Bay bedroht – das ertragreichste und produktivste Fischereigebiet für wilden Rotlachs, das für die Wirtschaft des Landes und den Lebensunterhalt vieler Indigenen-Communites Alaskas von entscheidender Bedeutung ist.Die bislang einzige, in Betrieb befindliche Mine Grönlands ist die Goldmine in Nalunaq im Süden des Landes. Sie wurde in diesem Jahr von der in London gemeldeten Angel Mining in Betrieb genommen. Es entstanden Arbeitsplätze, der Protest war verhalten.„Erderwärmung ist gut für Grönland“Hinsichtlich eines weit größeren industriellen Vorhabens gibt es allerdings Bedenken: Der weltweit drittgrößte Aluminiumproduzent Alcoa arbeitet an einem Plan für eine gewaltige Aluminiumhütte. Er setzt auf die Verwendung von Wasserkraft als kostengünstige und umweltfreundliche Energiequelle und hofft, in Reydðarfjörður im Osten Islands, eine zweite Fjardaál-Hütte („Aluminium der Fjörde“) errichten zu können.Henrik Stendal, Leiter der geologischen Abteilung im Amt für Mineralien und Öl in Nuuk, hofft, dass die Aktivitäten in seinem Land zunehmen werden. Diese Hoffnung speist sich nicht zuletzt aus der Tatsache, dass es jetzt mehr Land zu erforschen gibt. Er spricht aus, was viele in der Regierung denken, aber nicht öffentlich sagen: „Man könnte sagen, dass die Erderwärmung für Grönland gut ist.“