Dicke Luft in Teheran

Smog Smog gehört zum Alltag in der iranischen Hauptstadt Teheran. Doch jetzt ist die Luft so verpestet, dass sogar die Vögel die Stadt verlassen

Die schlechte Luftqualität Teherans stellt schon lange ein Gesundheitsrisiko für seine 12 Millionen Bewohner dar. Nun aber hat das giftige Gemisch eine andere Gruppe von Einwohnern in die Flucht geschlagen – die schwarzen Krähen der Stadt, die offiziell Kapkrähen heißen.

Umweltschützer melden, die Krähen, die bislang der Luftverschmutzung getrotzt haben, seien in den vergangenen Tagen in großer Zahl geflohen, nachdem die Luftqualität einen bedenklichen Grad erreicht hatte. Darüber hinaus hat die planlose Stadtentwicklung die Lebensräume der Vögel zerstört.

Der Exodus der Krähen ereignete sich drei Wochen, nachdem der hohe Gehalt von Kohlenmonoxid und anderen Gasen in der Luft schon andere Vogelarten wie Nachtigallen und Tauben vertrieben hatte.

Fachleute fürchten, der Weggang der in der iranischen Kultur lange als Symbol für schlechte Nachrichten und Gerüchte verschrienen Krähen könnte das Ende der Existenz wildlebender Tiere in Teheran bedeuten, wo viele Pflanzen aufgrund der verschmutzten Atmosphäre bereits Geruch und Farbe verloren haben.

Dem Chef der städtischen Umweltbehörde, Mohammad Bagher Sadough, zufolge ist die Krähenflucht ein Zeichen für ein gestörtes Ökosystem. Möglicherweise werden auch noch die verbliebenen Vogelarten abwandern und die Stadt in eine urbane Wüste mit hoch aufragenden Gebäuden und Verkehrsstaus verwandeln.

„Die Luftverschmutzung ist nicht der alleinige Grund für die Flucht der Krähen und anderen Vögel, aber sie zählt zu den wichtigsten“, sagte er gegenüber der iranischen Nachrichtenagentur Mehr. „Lebensräume wurden zerstört und es scheint mittlerweile unmöglich geworden zu sein, die Vogelpopulation zu bewahren. Dass die Krähen solange geblieben waren, nachdem viele andere Vogelarten die Stadt verlassen hatten, gab uns Hoffnung, dass auch weiterhin wilde Tiere hier überleben könnten. Diese Hoffnung schwindet nun und unsere Sorge bezüglich der Lebensfeindlichkeit städtischer Gebiete hat sich vertieft.“

Dr. Jamshid Mansouri, ein iranischer Experte in Sachen Artenreichtum, sagte, die Vögel seien gezwungen, sich in ländlichen Gebieten neue Lebensräume zu suchen, wo sie natürliche Feinde hätten und möglicherweise vom Ausstreben bedroht seien. „Wenn diese Entwicklung sich fortsetzt, wird letztendlich kein Vogel mehr in Teheran leben können“, fügte Mansouri hinzu.

Im Winter ist die Luftverschmutzung gewöhnlich am schlimmsten. Dann hängt tagelang ein dicker Smog-Teppich über der Stadt, der die Einwohner gelegentlich sogar dazu zwingt, Schutzmasken zu tragen. Es ist auch schon vorgekommen, dass aufgrund der schlechten Luftqualität Schulen geschlossen werden mussten und Menschen mit Atemproblemen dazu angehalten wurden, zuhause zu bleiben.

Die Stadtverwaltung schätzt, dass 80% der giftigen Gase von Autos verursacht werden, wobei die große Anzahl an Motorrädern das Problem noch verschärft. Ein aktueller Bericht der Teheraner Gesellschaft für die Überprüfung de Luftqualität schätzt die Menge der von Autos verursachten schädlichen Emissionen auf 4.400 Tonnen pro Tag.

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Übersetzung: Holger Hutt
Geschrieben von

Robert Tait | The Guardian

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