Die dänische Zeitung Politiken hat sich am Freitag bei acht muslimischen Organisationen für die Beleidigung entschuldigt, die der Nachdruck der kontroversen Mohammed-Karikaturen in den Augen vieler Moslems darstellte. Im Gegenzug ließen die Organisationen ihre Klage gegen die Zeitung fallen. Die Vereinbarung zwischen der Zeitung und den Vertretern von 94.923 Nachkommen des Propheten sieht vor, dass Politiken eine Entschuldigung abdruckt, in der sie sich für den Affront entschuldigt, den die Zeichnungen darstellten.
Sie verzichtet aber nicht auf ihr Recht, die Karikaturen abzudrucken und entschuldigt sich auch nicht dafür, dies im Rahmen ihrer Nachrichten-Berichterstattung getan zu haben. In einer gemeinsamen Erklärung gaben beide Seiten bekannt, sie seien mit der außergerichtlichen Einigung sehr zufrieden und hofften, diese könne „ein wenig dazu beitragen, die gegenwärtig sehr gespannte Lage zu aufzulockern“.
Der Entschluss stieß allerdings bei vielen dänischen Medien und Politikern auf große Ablehnung. Der Chefredakteur der Zeitung Jyllands-Posten, die die Karikaturen 2005 als erste abgedruckt hatte und vom selben Medienkonzern herausgegeben wird wie Politiken, erklärte, das Schwesterblatt habe im Kampf um die Meinungsfreiheit versagt und sprach von einem „traurigen Tag“ für die dänische Presse.
Kurt Westergaard, einer der Karikaturisten, der wegen seiner Zeichnung Anfang Januar zuhause überfallen worden war, sagte, die Zeitung habe die Meinungsfreiheit verraten. „In Dänemark spielen wir nach bestimmten Regeln, von denen wir nicht abrücken, und eine davon stellt die Meinungsfreiheit dar“, sagte er der Zeitung Berlingske Tidende. „Politiken hat Angst vor terroristischen Übergriffen. Ich kann das sehr gut verstehen. Das ist äußerst bedauerlich.“
Die Vorsitzende der rechtsgerichteten Dänischen Volkspartei, Pia Kjærsgaard, sprach von einer absurden Situation. Sie forderte alle dänischen Blätter dazu auf, die Karikaturen aus Protest gegen die von Politiken mitgetragene Einigung erneut abzudrucken. „Es ist äußerst beschämend, dass Politiken-Chefredakteur Tøger Seidenfaden die westliche Presse- und Meinungsfreiheit verraten hat. Ich kann mich davon gar nicht genug distanzieren.“
Eine absurde Situation
Der Vorsitzende der Sozialdemokraten, Helle Thoring-Schmidt, kritisierte die Entscheidung von Politiken ebenfalls: „Es ist verrückt. In den Medien gibt es jeden Tag Material, das von irgendjemandem als anstößig empfunden werden kann. Gerade deshalb brauchen wir doch die Meinungsfreiheit.“
Im vergangenen Jahr hatte sich der saudi-arabische Anwalt Faisal Yamani mit der Forderung an elf dänische Zeitungen gewandt, sie sollten die Mohammed-Karikaturen von ihren Internetseiten entfernen, eine Entschuldigung abdrucken und versprechen, die Karikaturen niemals wieder zu verwenden. Zunächst hatte Seidenfaden diese Forderung mit der Begründung zurückgewiesen, die Zeitung habe die Pflicht gehabt, die Karikaturen im Rahmen ihrer Berichterstattung abzudrucken, als Westergaard das Opfer eines mutmaßlichen Mordanschlages geworden war.
Yamani, der nun für die Nachkommen Mohammeds die Einigung aushandelte, zeigte sich über die außergerichtliche Einigung zufrieden. „Es wäre dabei falsch, von einem Sieg zu sprechen. Beide Seiten haben den Punkt erreicht, an dem sie die Hintergründe des Geschehenen verstehen. Politiken zeigt mit der Entschuldigung Mut, auch wenn es gar nicht in ihrer Absicht lag, jemanden zu beleidigen.“
Die dänische Zeitung Jyllands-Posten veröffentlichte im September 2005 eine Reihe von Karikaturen des Propheten Mohammed und wollte damit erklärtermaßen der Meinungsfreiheit eine Lanze brechen. Zunächst zeigten die Karikaturen wenig Wirkung. Als sie dann aber von norwegischen Zeitungen nachgedruckt wurden, entbrannte ein Sturm von Protesten, die im Nahen Osten auch gewalttätig verliefen. Im Februar 2006 eskalierte dann die Gewalt, als auch Zeitungen in Frankreich, Deutschland, Spanien und Italien die Karikaturen nachdruckten. Die Redaktionsräume von Jyllands-Posten mussten aufgrund von Drohanrufen mehrfach geräumt werden.
Die Proteste griffen auf andere arabische Länder über. Saudi Arabien, Libyen und Syrien boykottierten dänische Waren wie Lego und Bang Olufsen. 2006 wurde die dänische Botschaft in Damaskus niedergebrannt, weitere wurden angegriffen und Westergaard musste abtauchen. Seine Zeichnung eines bärtigen Mannes, der eine Bombe im Turban trägt, wurde diejenige, über die die Menschen am meisten diskutierten, dabei, so Westergaard, habe er mit der Zeichnung nicht notwenig Mohammed darstellen wollen.
In der islamischen Tradition wird der Entwurf und das Zeigen des Propheten als Blasphemie bewertet.
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