Bernie Sanders hat im Cowboy-Land Wyoming einen wichtigen Sieg eingefahren. Sein gegenwärtiger Lauf ist beeindruckend. Im Augenblick könnte man den Eindruck gewinnen, es könne ihn nichts mehr aufhalten. Seine kritische, linke Botschaft verfängt bei Demokraten und Unabhängigen gleichermaßen. Mit ihr hat er sich seit Januar quasi aus dem Nichts herangearbeitet.
Wyoming markiert seinen siebten Sieg in Folge (und den achten von neun). Sanders gewann mit 56 zu 44 Prozent und damit sieben weitere Stimmen hinzu. Insgesamt verfügt er nun über 1.068 Delegiertenstimmen. Hillary Clinton hat mit 1.755 aber immer noch einen komfortablen Vorsprung. Nominiert wird, wer 2.383 Delegierte hinter sich vereinen kann. Da Clintons Erfolgskurve nach unten weist und die von Sanders nach oben, ist aber noch alles möglich – insbesondere da das Rennen um die Nominierung sich jetzt wieder in den Osten verlagert.
New York wird der erste von sechs bevölkerungsreichen Ostküstenstaaten sein, bei denen zusammen 753 Stimmen zu vergeben sind. Sanders muss hier deutlich gewinnen, um mit Clinton gleichziehen zu können und noch eine Chance auf den Gesamtsieg zu wahren. Sollte Sanders New York gewinnen, ist das Rennen wieder völlig offen, da dies für die Clinton-Kampagne eine ziemliche Blamage und einen erheblichen Rückschlag bedeuten würde. Hillary hat dem Staat als Senatorin gedient und ihn zu ihrer Wahlheimat gemacht.
Sanders hingegen ist in New York City geboren und aufgewachsen, hat sich dann aber in Vermont niedergelassen. Dort kann er auf eine lange und erfolgreiche Karriere als Politiker, Bürgermeister, Kongressabgeordneter und Senator zurückblicken.
Es steht viel auf dem Spiel. Dies könnte auch der Grund dafür sein, dass beide Seiten einen raueren Ton anschlagen. Sanders behauptet zum Beispiel, Clinton sei „ungeeignet“, das Land zu führen - aufgrund ihrer Kriegskasse von der Wall Street und ihrer Unterstützung des Irakkriegs. Den Unterstützerinnen Clintons bereitet Sorgen, dass Sanders in den Umfragen für die Wahl in New York immer näher an Clinton herankommt. Der Abstand ist in den letzten Tagen auf zehn Prozent geschrumpft.
Sanders konnte in den vergangenen sieben Primaries an Clinton vorbeiziehen. Ihre frühen Erfolge und ihre Siege im gesamten Süden des Landes haben ihr allerdings ein großes Polster verschafft. Sanders hat nur dann eine Chance, wenn es ihm gelingt, seinen Lauf fortzusetzen und seinen gegenwärtigen Schwung aufrechtzuerhalten. Dann könnte er die rund 400 Sonder-Delegierten, die sich bereits für Clinton ausgesprochen haben, vielleicht noch dazu bewegen, ihre Entscheidung zu ändern oder erreichen, dass es zu einer "brokered convention" kommt – einem Parteitag, auf dem frei abgestimmt wird.
Bundesweite Meinungsumfragen haben ergeben, dass Sanders Trump oder Cruz leichter schlagen könnte als Clinton. Der Wettkampf ist ebenso wie die Primaries der Republikaner auch ein interessantes Barometer für die Stimmung in der US-amerikanischen Bevölkerung.
Sanders spricht Themen an, die die Menschen beschäftigen: die Handelsabkommen, die die Mittelschicht weiter erodieren lassen, die teuren Kriege, die illegalen Machenschaften an der Wall Street, die Korruption bei der Wahlkampffinanzierung und eine Wirtschafts- und Sozialpolitik des Kongresses, in der sich nur wenige wiederfinden.
Wie Trump für enttäuschte Republikaner stellt sich auch Sanders als Außenseiter dar, der in der Lage ist, wieder für Gerechtigkeit und Wohlstand zu sorgen.
Ob die US-amerikanische Mittelschicht ihm den Auftrag erteilen wird, die Bösen aus der Stadt zu jagen, bleibt abzuwarten. Aber bislang liefert er einen beeindruckenden Sieg nach dem anderen ab – und das ist keine geringe Leistung.
Kommentare 20
JA, schon, aber was nützt die Liebe in Gedanken?
Meinungsumfragen haben ergeben, dass Sanders Trump oder Cruz leichter schlagen könnte als Clinton.....
Genau da liegt aber auch der Hase begraben:
die SuperDeligierten werden selbst einen (noch möglichen kleinen) Vorsprung Sanders vor Clinton überstimmen, Sanders war von Abfang an nur als Platzhalter installiert, leider.
SuperDelegierten
Sanders hat aktuell 450 Stimmen weniger als Clinton.
Clinton braucht nur noch 800 Stimmen für den Sieg.
Über 100 SuperDelegierte haben sich offiziell noch nicht fest gelegt, stehen aber mehrheitlich hinter Clinton, die Chancen für Sanders sind also realistisch eher suboptimal.
Selbst wenn Sanders NYC gewinnen sollte, dürfte Kalifornien wieder alles zunichte machen.
Aber eine Prognose dürfte viel sicherer sein: egal ob Sanders oder Clinton, der nächste US-Präsident dürfte wieder von den Demokraten gestellt werden.
Die Gründe dafür lassen sich in den Federalist Papers nachlesen, denn die "Herrschaft des Volkes" war nie das Ziel der Gründerväter der USA. Jedenfalls ist die Planung der Absicherung von Eigentums und Macht einer gewissen Klasse glänzend gelungen. Mit im gleichen Boot natürlich die Kirchen. Nur unter Roosevelt gab es mal eine ziemlich erfolgreiche (leider zeitlich begrenzte), Gegenbewegung.
Superdelegierten ;-)
Wenn Sanders' Siegesserie anhält könnte es für diese schwierig werden, ihre +- einstimmige Unterstützung für Clinton weiter zu rechtfertigen. Von daher frage ich mich eher, ob ein möglicher Sieg des "Außenseiters" in NY nicht eher das Rennen zu seinen Gunsten entscheiden würde.
Interessant ist, dass der Artikel das wesentliche Problem (dem Trump und Sanders ihren Aufstieg verdanken), die soziale Spaltung, nur sehr sanft streift:
eine Wirtschafts- und Sozialpolitik des Kongresses, in der sich nur wenige wiederfinden.
- gehts noch etwas verschwommener?
Der Guardian ist auch nicht mehr, was er mal war.
Auf die SuperDelegierten sollten weder Sanders noch dessen Anhänger zuviel Hoffnung setzen.
Stand (06.04.) sind bereits 474 Stimmen der 715 SDs auf Hillary Clinton entfallen und 32 auf Bernie Sanders. 208 haben sich zwar noch nicht festgelegt, dürften sich aber im gleichen Verhältnis aufteilen.
Soll heißen, bei einem Sieg in NYC kann das zwar statistisch eine spannende Tabelle generieren, aber spätestens der wahrscheinliche Sieg Clintons von Kalifornien wirft Sanders dann endgültig aus dem Rennen, so bitter das ist.
Und das völlig unabhängig davon, dass sich die Partei der Demokraten sowieso für Clinton entscheiden wird, selbst dann, wenn wider Erwarten Sanders letztlich einen (bestenfalls sehr kleinen) Vorsprung hätte. Das ist nach dem amerikanischen Wahlrecht möglich.
Deshalb wird es als Gegner von Clinton auch keinen Trump geben.
Danke für den Artikel. Für Sanders alles Beste und vor allem viele viele viele Stimmen;-)
Ich finde es absolut bemerkenswert, das sowohl Sanders als auch Trump so erfolgreich sind. Trump wäre jetzt nicht mein Kandidat der Wahl. Aber auch er zeigt, dass bei den republikanischen Wählern einfach der Sack zu ist. Beide zeigen den "Etablierten", dass die Menschen nicht mehr alles mitmachen werden. Ich denke, das am Ende trotzdem Clinton nicht nur die Vorwahlen gewinnen wird, sondern auch Präsidentin wird, aber die ganzen Vorwahlen geben mir Hoffnung, dass es in Zukunft Politiker wieder mehr darauf achten werden, was die Menschen bewegt und nicht nur was für die Wirtschaft bzw. für sich selbst wichtig ist.
Ich finde es absolut bemerkenswert, das sowohl Sanders als auch Trump so erfolgreich sind. Trump wäre jetzt nicht mein Kandidat der Wahl. Aber auch er zeigt, dass bei den republikanischen Wählern einfach der Sack zu ist. Beide zeigen den "Etablierten", dass die Menschen nicht mehr alles mitmachen werden. Ich denke, das am Ende trotzdem Clinton nicht nur die Vorwahlen gewinnen wird, sondern auch Präsidentin wird, aber die ganzen Vorwahlen geben mir Hoffnung, dass es in Zukunft Politiker wieder mehr darauf achten werden, was die Menschen bewegt und nicht nur was für die Wirtschaft bzw. für sich selbst wichtig ist.
Weltbürger für Bernie Sanders: https://www.facebook.com/Weltb%C3%BCrger-f%C3%BCr-Bernie-Sanders-762923510504986/
FeelTheBern! Leider hat Sanders es in NY besonders schwer, weil sich die Wähler schon vor einem halben Jahr registrieren lassen mußten. Wer jetzt nicht auf der Liste steht, der stimmt nicht mit. Ansonsten wäre die Sache schon entschieden. Clinton gibt Dinner für WallStreet-Leute, Sanders spricht vor 18.000 Leuten in NYC...
Gut möglich, leider. Aber mal abwarten wie es weitergeht in nächster Zeit, Einiges hängt ja auch noch an der sonstigen Debatte im Land.
Ich denke, Sanders hat gute Chancen in New York zu gewinnen. Dort wohnt gut ausgebildete, liberale Mittelschicht. Doch so wie es aussieht, wird ihm das am Ende nichts bringen. Der Abstand von H.Clinton und vor allem die innerparteiliche Unterstützung sind letztlich zu groß. Im Übrigen macht mir eine US-Präsidentin Clinton fast mehr Angst als Trump, weil Clinton bedeutet weitere Kriege im Namen von Freedom and Democracy.
Bis auf Ihren letzten Satz habe ich Ihnen inhaltlich ja bereits ausführlich entsprochen.
Im letzten Satz vertreten Sie allerdings eine Haltung, der ich nicht zustimmen kann: abgesehen davon, dass Trump ohnehin nicht der Kandidat der GOP werden wird, wäre er eine völlig unberechenbare Witz-Figur, da ist mir selbst Clinton in jedem Fall lieber, weil besser einzuschätzen.
Für die Kriege sind ja zunehmend auch andere Despoten und Massenmörder zuständig, die nicht mehr aus den USA heraus operieren.
Natürlich legen die USA nicht nur selbst Hand an sondern lassen auch Kriege führen oder schüren Konflikte. Die US-Politik wird mit einer "demokratischen" Präsidentin nicht friedlicher.
Natürlich legen die USA nicht nur selbst Hand an sondern lassen auch Kriege führen oder schüren Konflikte. Die US-Politik wird mit einer "demokratischen" Präsidentin nicht friedlicher.
das bestreitet sicher niemand, allerding werden dabei die Relationen offensichtlich völlig verdrängt.
Auf den ersten Rängen der aktuellen Massenmörder sind jedenfalls keine Amerikaner zu nennen, sondern Syrer, Russen und Türken.
Ihre Rangfolge bezweifle ich ehrlich gesagt. Aber egal egal, die Situation ist ohne Zweifel unschön.
US-Wahlen, Sanders, Clinton, Trump: “USA: Sanders wäre bitter nötig, aber es bleibt wohl nur die Wahl zwischen HIV und Ebola! https://wipokuli.wordpress.com/2016/02/28/usa-sanders-waere-bitter-noetig-aber-es-bleibt-wohl-nur-die-wahl-zwischen-hiv-und-ebola/
Andreas Schlüter
Soziologe
Berlin