„This is for everyone" – diese Botschaft leuchtete bei der Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele 2012 in London auf, während Sir Tim Berners Lee, der Erfinder des Internet, über einem Computer kauernd auf der Bühne erschien. Angesichts des jüngsten dramatischen Leaks des Whistleblowers Edward Snowden erhält dieser großmütige Slogan einen unheilvollen Unterton. Immerhin war zu erfahren, dass die britischen und US-amerikanischen Geheimdienste GCHQ und NSA ein Programms mit dem Decknamen Mastering the Internet (MTI) entwickelt haben, um einen signifikanten Teil der weltweiten Kommunikation abzufangen. Das Netz ist für alle. Gleiches gilt, soviel wissen wir nun, auch für die Überwachung.
Großbritannien und die USA brüsten sich seit Generationen mit ihren demokratischen Tugenden. Auch das Internet hat die Welt diesen beiden Ländern zu verdanken – den Amerikanern das Netz und den Briten die Idee. Inzwischen aber perfektionieren sie mit rasanter Geschwindigkeit ein Überwachungssystem, das ihnen erlauben soll, große Teile des internationalen Datenverkehrs – bestehend aus E-Mails, Texten, Telefonanrufen, Internetsuchen, Chats, Fotos, Blog-Einträgen, Videos und den zahlreichen Google-Anwendungen – abzuschöpfen und zu analysieren.
Derzeit saugt dieses System Signale von bis zu zweihundert Glasfaserkabeln an den physikalischen Eintrittpunkten der jeweiligen Staatsgebiete auf. Auch der Verlagerung des Internetverkehrs durch den anhaltenden Aufstieg Asiens wird es mit der Zeit Rechnung tragen können. Mastering the Internet missachtet die Rechte von Milliarden ausländischen Internetnutzern, die potentielle Bedrohung der Privatsphäre britischer und amerikanischer Bürger und die Pflichten ihrer Gesetzgeber gleichermaßen. Nach Irak und dem Bankencrash wird die Welt MTI bald möglicherweise als weiteren Beleg der rücksichtslosen Rechtsbeugung in zwei der weltältesten Demokratien der Welt betrachten.
Inzwischen werden die immensen Implikationen dieser Geschichte offenbar – etwa, dass sinnvolle Aufsicht in beiden Ländern nicht gegeben ist, dass man sich kommerzieller Privatunternehmen bediente und sich über die Grundlagen der beiden demokratischen Systeme vollkommen hinweggesetzt hat. Indes ist aber auch wichtig zu erkennen, dass ein entscheidender Punkt erreicht ist.
Die Wirkung verpufft
Die Wirkung aller dramatischen Vorfälle verpufft mit der Zeit. Doch diese Enthüllungen sind von grundlegender Bedeutung. Entweder, wir gestatten, dass MTI vollendet wird oder wir verlangen, dass die beiden Behörden zur Rechenschaft gezogen und angemessen kontrolliert werden – von den Politikern, die wir nicht an die Macht gebracht haben, damit sie unsere Freiheiten verschleudern, sondern, damit sie unsere Interessen wahren.
Alarmierend ist, dass in den zurückliegenden zwei Wochen, in denen Einzelheiten zu Prism und der geheimen Beschaffung von Telefondaten enthüllt wurden, beidseits des Atlantiks und links wie rechts des politischen Spektrums ein Politiker nach dem anderen argumentierte, der Verlust von einem kleinen bisschen Freiheit sei für die Sicherheit ein geringfügiges Opfer. Dabei sind die meisten sich darüber bewusst, dass es eine solche Transaktion in der echten Welt nicht gibt. Doch diejenigen, die dieses Argument anführen, haben viel zu gewinnen, wenn die Öffentlichkeit es billigt. Hier geht es um die unkontrollierte Macht eines tiefen Staates und seines wuchernden Einflusses auf die Gesellschaft. Dank Snowden weiß die Welt, welche total überwachte Zukunft GCHQ und NSA für uns im Sinn haben. Und dass die politischen Establishments die Augen davor verschließen.
Der Whistleblower sagte angesichts der Beteuerungen des Direktors des nationalen Geheimdienstes, James Clapper, der gegenüber dem Kongress die Existenz solcher Spionageprogrammen geleugnet hatte, wenn die Öffentlichkeit dermaßen dreist belogen werde, sei das ein Anzeichen für eine verdorbene Demokratie. Dieser Punkt ist für die Debatte von zentraler Bedeutung. Doch Angst übertrifft alles.
Am Dienstag sagten NSA-Chef General Keith B. Alexander und FBI-Direktor Robert Mueller, eine Reihe terroristische Anschlagspläne sei durch Überwachung vereitelt worden. Es ist durchaus möglich, bei dieser Debatte den Angriff auf die bürgerlichen Freiheiten überproportional zu bewerten und die Erfolge bei der Unterbindung terroristischer Anschläge durch Internet- und Telefonüberwachung herunterzuspielen. Trotzdem muss betont werden, dass gute Polizei- und Geheimdienstarbeit vor Ort ebenso viel zur Verhinderung von Anschlägen beiträgt, wie Abhörmaßnahmen. Vor allem zeigen diese jüngsten Enthüllungen, dass auf beiden Seiten des Atlantik mehr als angemessene Überwachungsbefugnisse bestehen. Und dass die Terroragenda und in geringerem Maße auch die Angst vor Pädophilie, wohl instrumentalisiert worden sein dürften, um ein enormes System der Spionage und Inlandsüberwachung auszuarbeiten.
Eine intellektuelle Schlacht steht bevor
Nun steht uns eine intellektuelle Schlacht bevor. Besorgniserregend ist dabei die Gleichgültigkeit der politischen Mitte. Die kommt etwa zum Ausdruck in den Kommentaren angesehener politischer Schreiber wie David Brooks, Bill Keller von der New York Times, Gideon Rachman von der Financial Times oder Steve Richards vom Independent. Sie alle scheinen glücklich damit zu sein, ein bisschen Freiheit einzubüßen, um die Welt sicherer zu machen.
Keiner der genannten Amerikaner verglich die Reaktion der US-Regierung auf die Todesopfer des Terrorismus mit der Antwort auf die viel höhere Zahl der nicht weniger gräulichen Tode durch Verbrechen mit Schusswaffen. Die Briten hingegen lassen sich manchmal zu sehr von der Macht, insbesondere der dunklen Energie der Geheimdienste, beeindrucken. Außerdem importieren sie zuweilen einige der Inkonsistenzen und blinden Flecken in der amerikanischen Meinung.
Das Wissen um das Projekt MTI muss aus dieser gleichgültigen Selbstgewissheit aufrütteln. Und es sollte dazu führen, dass die Gewinn-Verlust-Rechnung, mit der Sicherheit gegen Freiheit ausspielt wird, überdacht wird. Berücksichtigung finden sollten dabei die Folgen, die das Handeln und die Ansichten einer Generation mittelalter Politiker, Journalisten und Spitzel für die heute unter 25jährigen haben werden. Die nämlich werden möglicherweise unter totaler Überwachung durch Regimes leben müssen, die weitaus weniger gutartig sind, als die, die wir jetzt kennen. Wird meine Generation eine Gesellschaft hinterlassen, die erheblich weniger frei ist als die, die wir ererbt haben – und dazu bislang beispiellose Unterdrückungswerkzeuge?
Wir sagen gerne, die jüngere Generation wisse nicht um die Bedeutung des Wortes Privatheit. Doch zwischen dem, was man freiwillig gibt und dem, was der Staat sich nimmt, besteht ebenso ein Unterschied, wie zwischen Spenden und Steuern. Die Privatsphäre ist eines der Definitionsmerkmale einer freien Bevölkerung. Snowdens Leaks zeigen uns, dass die Herrschaft über das Internet unvermeidlich auch die Herrschaft über den Einzelnen bedeutet.
Kommentare 8
Nun steht uns eine intellektuelle Schlacht bevor. Besorgniserregend ist dabei die Gleichgültigkeit der politischen Mitte. Die kommt etwa zum Ausdruck in den Kommentaren angesehener politischer Schreiber wie David Brooks, Bill Keller von der New York Times, Gideon Rachman von der Financial Times oder Steve Richards vom Independent. Sie alle scheinen glücklich damit zu sein, ein bisschen Freiheit einzubüßen, um die Welt sicherer zu machen.
Der Einwand, dass die Dienste den Bürgern schon nichts tun werden, so lange sie "brav" sind, ist relativ stark. Die Menschen verweisen die Möglichkeit des Datenmissbrauchs durch staatliche Stellen zwar nicht mehr ohne zu Zögern ins Reich der scince fiction, aber sie sind in ihrer großen Mehrheit davon überzeugt, dass ihnen nichts geschehen könne, so lange sie sich nicht terroristisch oder verbrecherisch betätigen. Zwar sehen sie sich in ihrer Erwartung getäuscht, dass bei ihnen nicht grundlos geschnüffelt werde und sind mit recht empört, weil es doch geschieht. Aber ihr Vertrauen, das die erschnüffelten Daten nicht gegen sie verwendet werden könnten, weil sich ihr Datentransfer im Rahmen des rechtlich Erlaubten und gesellschaftlich Gebilligten hält, ist nach wie vor ungebrochen. Das wird sich vermutlich erst ändern, wenn üble Fälle von glattem Datenmissbrauch durch staatliche Stellen bekannt werden, also dann, wenn der Staat die erschnüffelten Informationen benützt, um die Menschen vorsätzlich zu täuschen oder ihnen gar zu schaden, obwohl ihnen nichts vorzuwerfen ist.
.....am sinnvollsten für unser aller Sicherheit wäre es, wenn wir uns "nur" noch nackt mit auf dem Rücken gefesselten Händen bewegen und begegnen....zugegeben....nicht sehr würdevoll und auch nicht sehr lebenswert....aber sehr sehr sicher, dieses "Leben"!!!.....und möglichst lange "natürlich"!!! ....nach dem Sinn will ich mal lieber nicht fragen?!
Armselige, erbärmliche, jämmerliche "Menschheit"!!!
Sehr guter Beitrag, Danke!
Die Bagage muss aufpassen: Aus der Herrschaft über den Einzelnen könnte auch im Handumdrehen die Herrschaft der Einzelnen werden - vorausgesetzt, die Einzelnen überwinden ihre Apathie und lassen sich nicht manipulieren und ablenken. Die von kriminellen Geheimdiensten geschaffene und von einer mittlerweile völlig bloßgestellten, korrupten Politik ermöglichte Überwachungs-Technonolgie eignet sich nämlich auch hervorragend dazu, eine echte Wirtschaftsdemokratie zu etablieren ... Tschüss Kapitalismus.
Ja, das ging mir bei dieser Meldung ebenfalls durch den Kopf. Ich bin mir sicher, dass Überwachungsfetischist IM Friedrich seine Finger hier ebenfalls mit drin hatte. Man kann angesichts solcher und ähnlicher Ereignisse wie den Enthüllungen über PRISM, Tempora und MIT in der Vergangenheit im Übrigen die Uhr danach stellen, dass (auch in D) irgendeine "islamistische Terrorzelle" wie auf Bestellung auffliegt, bzw., die "Sicherheits"kräfte dergestalt nachweisen, wie "wichtig und unverzichtbar" sie doch sind. - Das ist so durchschaubar..
PS: Schöne Idee übrigens in Ihrem verlinkten Blogbeitrag - das mit dem flyerverteilenden Modellflugzeug über'm Marktplaz :)
lg-mcmac
Mal überlegen, was könnten sie denn alles holen?
Könnten, könnten, könnten...Solange nicht massenweise Fälle auf dem Tisch liegen, wo sie's wirklich getan haben, und zwar nachweislich getan haben, in Form unwiderleglich nachzeichenbarer Linien, von grundlos belauschten Schlafzimmergesprächen friedlicher Bürger bis hin zu ihrem beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Ruin, solange wird es kein großflächiges Aufbegehren gegen das Ausspionieren des Privaten geben. Schlimmer noch: Die ach so schön gruselige Vorstellung davon, was die Schnüffler alles tun könnten, und was alles passieren könnte, wird literarisch verarbeitet und als Bestseller verkauft oder in den Talkshows zum Zweck der Unterhaltung genutzt.
....ein sehr guter Kommentar!!!...das mit den gefesselten Hirnen, wollte ich auch schreiben, habs mir aber erspart...denn wer "es" verstehen will, kann, darf...der schafft "dies"auch "so"!!!....ich hab hier mal vier Artikel von mir, die ich aus Erfahrung und in "wirklicher" Tätigkeit als Beamter, gar Polizeibeamter dieses Systems, geschrieben habe, schreiben musste!!! ...."diese" bringen "es" auf den Punkt!!!: "Diktatur der Angst und Einschüchterung", "Gesellschaftliche Selbst-HINRICHTUNG!!!", "Würde, Gesicht und Zukunft, verloren???!!!?" sowie "STAATSNOTSTAND" alle hier in der Community......und Dein Resümee, natürlich am Schluss, .....da fällt mir mein nächster, geplanter, abschließender Artikel ein.... SINN des LEBENS?!?.....falls ich ihn noch erlebe....denn:" wen die Götter lieben, den holen sie jung zu sich!"....und bei diesem Elend hier, setze ich alles daran, "geholt" zu werden.....feige Flucht gilt nicht!!!
.....in diesen Sinnen....auf eine hoffnungsvolle Zukunft....spätestens im Jenseits....denn der ENDRICHTER wartet schon!!!...auf uns ALLE!!!...und JEDER schreibt "SEIN" URTEIL hier unten SELBST!!!...."dies" lässt hoffen!!!....manche fürchten!!!...aber für eine Umkehr sollte es nie zu spät sein!!!
....ich antworte gerne....und alle können/sollen mitlesen...ich habe nichts zu verbergen...stehe seit langer Zeit unter Totalüberwachung...ist nicht nur nicht schlimm...sondern gut...ich hoffe, "so" die armenverirrten Geister/Hirne auf den rechten Weg zurückzuführen!!!...denn so ein "Dasein" ist schon elendlich, wenn man "nur" weit und tief genug blickt und denkt!!!
"Sollte unser Denken und Handeln nicht stets so sein, dass nicht nur jeder jederzeit daran teilhaben könnte, sondern gar sollte, da es so vorbildlich ist???!!!"
Was die Wahl meiner Berufes angeht, so war dies ein Selbstläufer!!!
Denn Recht und Ordnung, die Einhaltung von Regeln, welche für das Leben, Zusammenleben von elementarster Bedeutung sind, Vertrauen in die Führung, auf allen Ebenen, gesunde Köpfe, die entsprechend die Glieder steuern...."DIES ALLES" ist unabdingbar notwendig für ein lebenswertes Leben in einer lebenswerten Welt mit entsprechen Perspektiven!!! Diese elementaren Selbstverständlichkeiten hat ja wohl, zumindest dieser Staat, der Beste den es je gab, nach eigener Darstellung!!!....voll moderner, fortschrittlicher, freier und aufgeklärter Menschen!!!....die aus der Geschichte gelernt haben!!! "auf seine Fahnen geschrieben!!!"
Und mit dieser Einstellung/Ansicht habe ich den Beruf ergriffen!!! ...habe mir allerdings damals, vor über 30 Jahren schon, Gedanken darüber gemacht, wie ich mich verhalten würde, wenn man (irgendwann) als willfähriger Scherge, "nur" mit ausgeschaltetem Hirn und Gewissen, als "Unrechtsvollstrecker" "dienen" muss!!! (wie es schon damals zahlreiche Beispiele im Ausland, der DDR und auch bei "unserem" Adolf gab, gegeben hatte!!!)....wie ich reagieren würde, "dies" blieb ergebnisoffen!!!....das ich "da" nicht tatenlos zusehen, gar mitmachen würde, könnte, stand außer Frage!!!
Früher war es noch lange nicht so schlimm und auch nicht so offensichtlich wie heute...zumal ich voll Idealismus und entsprechendem Vertrauen etwas gutgläubig blind war!!!
Der schleichende, immer offensichtlicher werdende, sich immer mehr potenzierende Prozess der Verschlimmerung, ließ mir den Kragen platzen, nachdem ich schon viel zu lange, viel zu viel hingenommen, viel zu lange, viel zu viel in mich reingefressen und darüber schon schwer krank geworden war, jedoch voller Pflichtbewusstsein keinen Tag deswegen fehlte!!!" Aber "dieser" Aufstau war wohl nötig, um bei der Explosion beim entsprechneden Anlass gegen das ganze Land bestehen zu können....und "dies" schon seit sechseinhalb Jahren!!!
Am Ende eines langen Polizeiarzttermins kam mir, wie von selbst, völlig ungeplant, also meine tiefste innere Übezeugung zum Ausdruck bringend, folgender Ausspruch über die Lippen:"Ich kenne nur den Sieg oder den Tod! Aber selbst der Tod wäre ein Sieg über dieses armselige Leben in dieser jämmerlichen und erbärmlichen Welt!"
Die betroffenen Blicke gen Boden und das tiefe Schweigen des Polizeiarztes samt Mitarbeitern brauche ich wohl nicht zu beschreiben!!!
Nun bin ich schon über vier Jahre ununterbrochen krank geschrieben!!!...gerade hat sich der vierte Polizeiarzt über diese Angelegenheit "verabschiedet" und man hat "es" an den fünften übergeben.....
Aber wirklich große Probleme, Problematiken können "nur" gelöst werden, wenn sich die Spirale bis in die Spitze dreht....alles Verlogene und Geheuchelte, alle Masken und Fassaden, als "solche" offenbar werden....!!!...endlich eine Revolution in den Köpfen stattfindet!!!
...nur völlig gewaltfrei!!!....und nur "so" kann "es" eine Lösung geben!!!
"Dies" bedeutet Leid und Opfer!!!.....ist "es" aber WERT!!!
"DIES" ist meine tiefste innerste Auffassung, auf "die" ich keinen Einfluss habe, haben kann!!!
....."hier stehe ich, ich kann nicht anders!!!"
.....der "Glaube" an wichtige, elementare Dinge ist ja wohl unabdingbar!!!...wie (dann) die Realität aussieht, "da" sollte man (dann) alles daran setzen, das der "Glaube" Realität wird, wenn man davon, belastbar, überzeugt ist!!!
"...und jeder trägt sein Schicksal in sich, daran kann und darf man nicht rütteln....aber bis zum ENDE bemühen, das BESTE "daraus" zu machen!!! ....der LOHN wird folgen, darf aber nicht der Antrieb sein!!!"