Die Konten der Gardisten

Iran Die USA wollen schärfere Sanktionen gegen Teheran. Unter anderem könnten die Bankguthaben von Galionsfiguren und Parteigängern des Regimes betroffen sein

– Das iranische Nuklearprogramm verfolgt nicht den Zweck einer friedlichen Nutzung von Kernenergie, wie das Regime in Teheran behauptet, sondern hat tatsächlich den Bau der Bombe zum Ziel hat – das zumindest legen die Entwicklungen der jüngeren Zeit nahe . Die Existenz der geheimen Anreicherungsanlage in Fordo, in der Nähe der heiligen Stadt Qom, wurde erst eingeräumt, nachdem die USA sie öffentlich gemacht hatten, obwohl dies bereits bei Baubeginn vor drei Jahren hätte geschehen müssen. Die Anlage hält nur Raum für 3.000 Zentrifugen bereit. Diese reichen für eine Bombe aus, nicht aber, um Brennmaterial für zivile Reaktor herzustellen. Hinzu kam die Entdeckung eines Geheimdossiers durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA), das Experimente des Iran mit einem modernen Atomsprengkopf belegen soll.

Keine falschen Botschaften

Derzeit entscheiden die USA und Europa über die nächste Schritten gegenüber der Islamischen Republik. Nachdem das Angebot von Präsident Obamas zurückgewiesen wurde, das iranische Atomprogramm indirekt anzuerkennen und Teheran hoch angereichertes Uran zu liefern, wenn dafür im Gegenzug 75 Prozent seines leicht angereicherten Urans abgegeben würden, haben sich nun einige US-Politiker dafür ausgesprochen, keine weiteren Schritte zu unternehmen, da dies die Opposition im Iran schwächen könnte. Nichts zu unternehmen wäre in diesem Moment allerdings das Schlechteste, was man tun könnte. Die Botschaft an die iranischen Führer wäre, dass sie nicht nur ungestraft das eigene Volk unterdrücken, sondern auch willkürlich internationales Recht brechen können, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen. Untätigkeit würde die Position der Ultrakonservativen stärken, die sich in ihrer harten Haltung bestärkt sähen.

Der Westen sollte daher die Möglichkeit nutzen, die sich durch das Einfrieren von Bankkonten der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC) sowie von Auslandskonten führender iranischer Politiker ergibt. Ein solches Vorgehen würde direkt den Geldbeutel von Entscheidungsträgern in Teheran treffen und Revolutionsführer Ali Khamenei keine Möglichkeit bieten, die Menschen hinter seiner Fahne zu versammeln, wie dies bei anders gearteten Sanktionen der Fall wäre. Diese Art der Strafmaßnahmen wäre geeignet, den Westen mit der iranischen Bevölkerung zu verbünden, da die nichts mehr hasst als die Korruption ihrer Politiker. Dies konnte man vor kurzem in der iranischen Blogosphäre beobachten, als die Entscheidung Großbritanniens einhellig begrüßt wurde, die 1,6 Milliarden Dollar auf den Bankkonten des Khamenei-Sohne Mojtaba einzufrieren.

Hamas und Hisbollah treffen

Wenn sich der Westen entschlossen auf das Vermögen des Teheraner Führungspersonals stürzt, würde zugleich das weit verzweigte Netz der iranischen Auslandskonten beschädigt, das unter anderem geknüpft wurde, um Geld an Gruppen wie Hamas und Hisbollah zu transferieren.

Ein weiterer positiver Effekt bestünde in dem Schaden, den diese Maßnahmen für das Geschäftsimperium der Revolutionsgarden (IRGC) im Iran bedeuten würden. Vermutungen zufolge wird darüber ein Drittel der Wirtschaft des Landes kontrolliert. Vom Obersten Führer abgesegnete Korruptionspraktiken und Insidergeschäfte haben beim Aufstieg der Garde zur nationalen Wirtschaftsmacht eine entscheidende Fiunktion gehabt.

Man darf jedoch auch nicht außer Acht lassen, welch wichtige Rolle das durch Tarnfirmen betriebene Auslandsgeschäft des IRGC für den wirtschaftlichen wie militärischen Erfolg im Inland spielt.
Die Achillesverse des iranischen Regimes besteht in den privaten Geschäftsinteressen seiner Führer. Der Westen muss sie wirkungsvoll in ihre Schranken weisen und die Extremisten in deren Reihen schwächen. Direkt nach ihren Geldbörsen zu greifen, ist eine der wirkungsvollsten Möglichkeiten, dieses Ziel zu erreichen. Präsident Obama scheint diese Option gegenwärtig ernsthaft in Erwägung zu ziehen und zu überprüfen.
Übersetzung Holger Hutt

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Geschrieben von

Meir Javedanvar | The Guardian

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