Ein blutverschmierter Mann leert seine Geldbörse für seinen Gläubiger. Dabei wird er ununterbrochen und gnadenlos von einem Angreifer attackiert, den er nicht provoziert hat. Das ist die Lage der Ukraine. Während Panzer über die Grenze rollten und Raketen die ukrainischen Städte trafen, kam das Land kürzlich einer fälligen Zinszahlung an private Geldgeber nach. Schon bevor der russische Präsident Wladimir Putin begann, Wohnblocks und Geburtskliniken zu bombardieren, war die Ukraine gemessen am Bruttoinlandsprodukt pro Kopf das ärmste Land Europas – deutlich ärmer als Albanien. Trotzdem lasten auf diesem kriegsgeschädigten Land nicht tragbare Schulden – und während die Trümmerberge wachsen, steigt auch die Höhe der Rückzahlungen. Für die Ukraine sind es Schulden, für westliche Hedgefonds Profite. Für manche ist Krieg das ultimative Geschäft.
Als Russland 2014 die Krim annektierte, löste das einen Konflikt im Osten der Ukraine aus, der schon vor der derzeitigen Invasion tausende Leben forderte. Seither war die Ukraine laut Berechnungen der Jubilee Debt Campaign gezwungen, 61 Milliarden US-Dollar (55,3 Milliarden Euro) von ausländischen Gläubigern zu leihen. Ein kleiner Teil ist bereits abbezahlt, aber der Rest macht etwa ein Drittel der gesamten Wirtschaft des Landes aus. Allein in diesem Jahr sollte die Ukraine 7,3 Milliarden US-Dollar (6,6 Milliarden Euro) aufbringen – mehr als ihren jährlichen Bildungshaushalt. Für ein reiches Land, in dem Frieden herrscht, wäre das machbar, aber die Ukrainer:innen sind heute ärmer als zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs der Sowjetunion vor drei Jahrzehnten. Bereits jetzt hat der Krieg der Infrastruktur im Land – von Straßen über Brücken zu Krankenhäusern und Schulen – Schaden in Höhe von mindestens 100 Milliarden US-Dollar (90,6 Milliarden Euro) zugefügt. Und während Sie das lesen, steigt diese Zahl weiter. Dennoch besteht fast die gesamte finanzielle Hilfe für die Ukraine aus Krediten. Statt für den Wiederaufbau eines zerstörten Landes da zu sein, werden notwendige Gelder die Kassen des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank und privater Anleihenbesitzer:innen füllen.
Der Wiederaufbau der Ukraine wird Milliarden kosten
Putins barbarische Belagerung der ukrainischen Hafenstadt Mariupol unterstreicht nur, wie dringend ein Schuldenerlass ist. Die russische Armee versucht, die Stadt durch Aushungern und Bombardierung zur Aufgabe zu zwingen. Sie erleidet zunehmend das Schicksal der tschetschenischen Hauptstadt Grosny während des zweiten Tschetschenienkrieges: sie wurde Stück für Stück dem Erdboden gleichgemacht. Es ist makaber, aber notwendig festzuhalten, dass die aktuelle Lage in Mariupol zeigt, was auch auf andere ukrainische Städte zukommen könnte. Jeden Tag werden der Rechnung für einen künftigen Wiederaufbau der Ukraine weitere Milliarden hinzugefügt: Es wäre schlicht grausam zu erwarten, dass diese Rechnung mit Schulden beglichen wird.
Aus diesem Grund haben ukrainische zivilgesellschaftliche Organisationen eine Petition auf den Weg gebracht, die einen Schuldenerlass für die Ukraine erreichen will. Sie weisen auch darauf hin, dass ein Großteil der vorgeblichen Unterstützung für das Land an strenge Bedingungen geknüpft ist: Der IWF nennt es „wirtschaftliche Umstrukturierung“, aber ehrlicher beschrieben wird der Ukraine das Dogma der freien Marktwirtschaft aufgezwungen, das im Land seit 2014 zu einem Anstieg der Gaspreise für Haushalte um 650 Prozent geführt hat. „Frühere Regierungen hatten zwei Optionen: Entweder die Bonzen fair zu besteuern und aus dem Schatten herauszuholen oder beim IWF und anderen Gläubigern Geld zu leihen“, erklärt der ukrainische Ökonom Oleksandr Krawtschuk. „Sie entschieden sich für Letzteres.”
Die Jubilee Debt Campaign Großbritannien hat diese Forderung aufgenommen und mit Lobbyarbeit bei Parlamentsabgeordneten in Grobritannien begonnen. Wie Millionen andere hatte Exekutivdirektorin Heidi Chow das nagende, hilflose Gefühl, etwas tun zu müssen. Für manche war das die Forderung nach einer Flugverbotszone. Allerdings könnte das in der Praxis zu einer direkten Konfrontation mit dem russischen Militär führen und das wiederum leicht zu einem Atomkrieg eskalieren. Im Gegensatz dazu ist der Schuldenerlass ein konkreter und sehr wirkungsvoller Vorschlag, ohne das Risiko einer militärischen Eskalation.
Kredite für die einen – Gewinne für die anderen
Warum also wurde diese vernünftige Forderung von den Leuten an der Macht nicht aufgegriffen? Zum Teil vielleicht, weil zwar einige hohe ukrainische Amtsträger, nicht aber die Regierung des Landes offiziell einen Schuldenerlass gefordert hat. „Vor dem Krieg war das Land sehr darauf bedacht, seine Schulden zu bezahlen und sein Ansehen in Europa und der Welt zu steigern“, versucht Chow eine Erklärung. Die Beantragung eines Schuldenerlasses ist ein komplizierter und langwieriger Prozess. Die Befürchtungen, dass die Kreditfähigkeit der Ukraine und ihr Ruf in der Welt Schaden nehmen könnten, müssen klar ausgeräumt werden.
Doch grausame Tatsache ist, dass durch die weitere Gewährung von Krediten – wenn auch jetzt ohne daran geknüpfte Bedingungen – enorme Profite gemacht werden können. Ukrainische Anleihen werden zu einem Kurs von etwa 25 Cent pro Dollar gehandelt, so dass Hedgefonds und Banken bei anhaltenden Rückzahlungen Gewinne von mehr als 300 Prozent erzielen dürften. Dass die Profitmargen der bereits jetzt obszön Reichen durch das blutige Abschlachten von Zivilisten noch erhöht werden, löst sicher allgemeine Abscheu aus – und ist ein ausreichender Anstoß zum Handeln.
Corona als Beispiel für Schuldenerlass
Kritische Stimmen könnten dennoch fragen: Wenn IWF und die Weltbank die Schulden der Ukraine erlassen, ist dann nicht weniger Geld im Topf, um anderen armen Ländern Geld zu leihen? Doch dafür gibt es eine einfache Lösung: Reichere Länder wie die unseren sollten mehr beitragen, um den Ausfall auszugleichen. Dafür gibt es eine Art Präzedenzfall: Wegen Covid-19 wurde im Rahmen der G20-Initiative zur Aussetzung des Schuldendienstes die Auslandsschulden ärmerer Länder in Höhe von fast elf Milliarden US-Dollar (knapp zehn Milliarden Euro) ausgesetzt oder erlassen. Wenn eine Pandemie Grund genug für Schuldenerlass ist, dann sicherlich auch ein Angriffskrieg.
Wenn das alles vorbei ist – und hoffentlich mit einem Scheitern Putins –, wird die Ukraine einen modernen Marshall-Plan mit Zuschüssen brauchen, keinen durch Darlehen finanzierten Wiederaufbau. Was heißt das für die aktuelle Lage? Es sollte, wie die Jubilee Debt Campaign vorschlägt, einen Mechanismus geben, der für Länder, die schwere externe Erschütterungen erleiden, automatisch die Schuldenrückzahlung aussetzt. Die Ukraine befindet sich mitten in einer existenziellen Krise. Der ukrainische Sozialwissenschaftler Wolodymyr Ischtschenko formulierte es mir gegenüber so: „Ich habe das Gefühl, das Land, in das ich geboren wurde, könnte einfach verschwinden“. Ein Land, das vom Krieg verletzt und angeschlagen ist, braucht Luft zum Atmen. Das steht in unserer Macht: Schuldenerlass für die Ukraine!
Kommentare 15
Bisher ... wird wohl das Ländle für eine günstige Entsorgung von alten Militätgütern des Westens missbraucht. Was hier bisher als Durchhaltemunition verschickt wurde/wird, sprengt jeden Rahmen. Nennen wir es Marshallplan, der dazu dient, Schulen, Kliniken, Universitäten, Turnhallen ... mit Waffen zu füllen und daraus zu schießen.
Dass ein Großteil der Schäden durch die ukrainische Armee selbst erfolgt, muss nicht eingepreist werden ... auch nicht, dass der Halbe Donbas durch die Demokraten vermint wurde.
Und ... da die Strategen zu blöd waren, ihren Strand vor Odessa richtig zu vermienen, treiben die Segnungen nun im Schwarzen Meer. Wer räumt den Mist nun weg ??? Sicher nicht die Bundeswehr ...
Vor allem sollten die Russen Reparationen zahlen. Da die Hälfte ihrer Devisenresrven im Ausland schon blockiert wurde (ca. 300 Mrd?), ist der Erste Schritt dahin schon gemacht. Das heisst natürlich nicht, dass Schuldenerlasse nicht eine gute Sache wären.
"Nach vorläufigen Berechnungen des AFU-Generalstabs haben die russischen Streitkräfte seit Beginn der militärischen Sonderoperation in der Ukraine bis zum 20. März 96 Flugzeuge, 118 Hubschrauber und 14.700 Soldaten verloren."
Hm, sie sind für Reparationen der USA für Irak? Oder Vietnam? oder....?
Deutsche Reparationen ebenfalls für Irak, Jugoslawien usw?
Ich wundere mich.
Bei "dem mit der Bundeswehr", da wäre ich mir noch nicht so sicher. Die Rechnung kommt erst noch.
vom zeitlichen Ablauf hat der AUTOR hier so einiges durcheinandergebracht , auch das wüten der russischen Armee , ich glaube der sieht zu viel ARD und ZDF und ander Käsesender
Karl Hanke
Als Kampfkommandant leitete er ab dem 23. Januar 1945 die Verteidigung der zur Festung erklärten Stadt Breslau. Bereits am 27. Januar 1945 ließ er den ihm missliebigen Bürgermeister der Stadt, Wolfgang Spielhagen, wegen angeblicher Fluchtvorbereitungen verhaften und tags darauf standrechtlich erschießen. Während Hanke auf Kosten der Zivilbevölkerung „[…] seine provinzielle Variante des erzwungenen Selbstmords einer Stadt zelebrierte“,[5] zollte Goebbels dem ehemaligen Schützling letztlich wieder Anerkennung und Respekt. Am 3. April 1945 notierte er in sein Tagebuch: „Hanke hat auf der Lagebesprechung beim Führer außerordentliches Lob erfahren. Er verdient es auch. Er ist unter unseren kämpfenden Gauleitungen die überragende Führernatur. Er setzt sich auch kämpferisch in einem Umfange ein, wie das bei den anderen Gauleitern leider nicht festgestellt werden kann.“ Noch am 12. April 1945 erhielt Hanke den Deutschen Orden.[6] Beeindruckt von dessen bedingungslosem Gehorsam ernannte ihn Hitler am 29. April 1945 in seinem politischen Testament als Nachfolger des inzwischen in Ungnade gefallenen Heinrich Himmler zum Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei. Bei der Kapitulation von Breslau am 6. Mai war Hanke nicht mehr auffindbar, wahrscheinlich war er unmittelbar zuvor mit einem bereitgehaltenen Fieseler Storch aus der belagerten Stadt geflohen. Offenbar schloss er sich in Prag der 18. SS-Freiwilligen-Panzergrenadier-Division „Horst Wessel“ an.
Mein Mutter war in Breslau mein Vater hat das in seimen Buch vor Jahren aufgeschrieben .
Das selbe Faschistenpack herrscht in der Ukraine . Wo ist der Bürgermeister von Mariupol ?
Erst ruft er zum Kampf bis zum Tod . Dann ist er wie Handke geflohen .
Handke hat 1945 als Breslau schon eingeschlossen war die gesamte Innenstadt Altstadt von Breslau sprengen lassen um eine Start und Landebahn für Flugzeuge zu haben . die Bevölkerung mußte den Schutt wegräumen um das starten des Flugzeuges Frieseler Storch mit Handke zu ermöglichen .
Und wer heute schreibt Putin läßt auf Krankenhäuser und Kindereinrichtungen schießen macht sich mitschuldig an der faschistischen Propaganda ! Russland ist nicht Putin und Putin ist nicht Russland . Ich empfehle dringenst sich mal die zusammensetzung der Duma anzuschauen .
In der Duma sitzen Kommunisten . Diese haben einen starken Zulauf .
Und diese haben mit samt den Nationalisten eine ganz andere Sichtweise auf diesen Krieg mit dem Westen . Da ist der jetzige Prädident Putin die Schwester Teresa dagegen !
"Wie wir der Ukraine wirklich helfen könnten"
Ganz einfach: Die nazistischen Freikorpsverbände wie AZOW, AIDAR und andere entmachten und entwaffnen, die Medien und Schulerziehung nach Banderarscher Art beenden, Frieden mit Russland und den russisch sprechenden Ukrainern finden, das diskriminierende Sprachengesetz rückgängig machen, den Verlust der Krim und der Donbas-Republiken (die 8 Jahre lang beschossen wurden) hinnehmen und zu guter Letzt: Kein NATO-Beitritt und ein neutales Land Ukraine.
Je länger der Widerstand andauert und je mehr Waffen vom Westen geliefert werden, umso schwerer wird dies und um so mehr sinnloses Blut wird vergossen.
So ist der Wertewesten mitsamt seinem festintegrierten Hedgefondsystem. Zuerst werden "befreundeten" Regimes Kredite gegeben und dann hat man den Fisch am Haken.
Das haben die Römer schon so mit den Britanniern gemacht.
Was gibt es denn zu wundern wenn Reparartionen angesprochen werden? Agressoren sollten für die Schäden die sie anrichten geradestehen und die Durchsetzbarkeit solcher Forderungen sollte von der Sichtweise der zuständigen UN-Gremien abhängen. Haben Sie aus Jugoslavien etwas bzgl. Reparationen gehört? Wurde das in der UNO diskutiert?Das auch die UNO natürlich nicht heilig ist und die USA gerade diesbezüglich ein, sagen woir mal problematisches Verhältnis haben, ist kein Geheimnis. Das rechtfertigt aber nicht, dass die Auslöschung von ganzen Städten in der Ukraine (oder anderso) nicht geahndet werden sollte.
Momentan sieht es gar nicht mehr danach aus, als "dürfte es bald keinen Staat Ukraine mehr geben". Die neuesten Berichte deuten in eine andere Richtung, womit sich die Frage stellt, wer den Wiederaufbau der durch Russen zerstörten Städte bezahlt.
Normalerweise zahlt der Brandstifter, also sollten wir zahlen.
Allerdings schön der Reihe nach: zuerst 274 Mrd an Griechenland aus dem letzten Weltkrieg. Auf Österreich entfielen da, obwohl angeblich selbst "erstes Opfer" rund 22 Mrd, auf Deutschland der Rest. Wer das abwegig findet: "Londoner Schuldenregulierungsabkommen" nachgucken. Italien war mit seinen Schulden bei Griechenland schon 1999, nach 50 Jahren fertig, wir haben nichteinmal angefangen.
Unter dem Titel "EU-Marshallplan" den noch verbliebenen Rest der ukrainischen Wirtschaft in seinen Besitz zu bringen ist auch aus meiner Sicht für Rußland ein Kriegsgrund. Was Eigentümerschaft in der Ukraine die Russen angeht? Genau so viel wie es uns was angeht, wenn wir russische Konten in anderen Ländern einfrieren lassen.
Zitat Gustlik:"Dass ein Großteil der Schäden durch die ukrainische Armee selbst erfolgt, muss nicht eingepreist werden ... auch nicht, dass der Halbe Donbas durch die Demokraten vermint wurde."
Danke für die Bestätigung aus Moskau. Ergänzung: Laut Putin persönlich sind im Westen nun auch Schostakowitsch, Dostojewski, Tschaikowski und .... verboten.
Haben Sie Ihre Haustür auch mit einem großen Z dekoriert?
Aber immerhin, die Russen sichern sich ihr Eigentum bereits mit Panzern und Raketen. Leider geht vieles von diesem Eigentum entzwei. Bloß die Faschisten sind immer noch da.
Warum verwenden Sie soviele Worte für die Hilfe nach Art DiegoRvera. Beschreiben sie doch die Hilfe schlicht mit: Bedingungslose Unterwerfung unter Putin-Russland. Für diese Hilfe werden sich die Ukrainer aber bedanken.
Eine praktische Lösung:
1. Rückzug der russischen Armee über die Grenzen von 2013.
2. Voller bedingungsloser Schuldenerlass für die Ukraine.
3. Begleichung der russischen Reparationen aus den eingefrorenen russischen Geldern
4. Volksabstimmung unter Aufsicht der UNO mit Sicherheitspersonal, das weder aus Russland noch aus der NATO kommt in den Oblasten Krim, Donzezk und Luhansk
5. Unabhängig vom Ausgang der Abstimmungen in den jeweiligen Regionen: Volle Anerkennung der jeweiligen Minderheiten, u.a. Sprach- und Kultur-Autonomie ähnlich den Regelungen in der EU
Längerfristig grundlegendes Neudenken unseres Wirtschafts- und Gesellschaftssystems. Das jetzige Wirtschaftssystem funktioniert wie ein globales Monopoly mit wenigen Gewinnern und vielen Verlierern. Die Richtung könnten genossenschaftlich orientierte Kreislauf-Systeme sein.
Die Welt ist bereits jetzt praktisch eine globale Metropole, bedingt durch Handel, Naturkreisläufe, Migration und persönliche Beziehungen - wie bei uns in Frankfurt a.M. mit Menschen aus etwa 180 Nationen. Nationen wären dann nur noch Stadtbezirke - und dann brauchen wir keine globalen Hegemonien mehr! Zur Erinnerung: Frankfurt und die Nachbarstadt Eschborn führten im Mittelalter auch Krieg miteinander, ebenso Köln und Düsseldorf. Heute sind die jeweiligen Städte durch S-Bahnen und Radwege miteinander verbunden.