Doppelte Standards

Libyen Der internationale Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag gibt mit seiner Anklage das Signal zum finalen Schlagabtausch mit Gaddafi. Doch die Beweislage ist eher dürftig
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Die Beweislage, die ICC-Chefankläger Moreno-Ocampo für seine Gaddafi-Anklage geltend macht, stützt sich überwiegend auf „Augenzeugen“-Berichte: Von angeordneten Schüssen auf Demonstranten, Artilleriefeuer auf Trauergemeinden, Vergewaltigungen und Folter ist die Rede. Bezweifelt werden muss, ob diese Anschuldigungen für einen Haftbefehl ausreichen. Es ist in der Geschichte des ICC erst das zweite Mal, dass gegen einen amtierenden Staatschef (auch wenn Gaddafi formal dieses Amt gar nicht bekleidet) Anklage erhoben wird. Bisher galt das nur für den sudanesischen Präsidenten al-Baschir, der seit März 2009 per internationalem Haftbefehl verfolgt wird. Auch in den anderen Fällen, in denen das ICC ermittelt, prozessiert oder bereits Ur