Am 28. Juli wird die Generalversammlung der UN zum ersten Mal in ihrer Geschichte einen Gipfel über das Menschenrecht auf Wasser abhalten. Sie wird eine Resolution prüfen und diskutieren, die am 17. Juni durch den bolivianischen UN-Botschafter Pablo Solon vorgestellt wurde und von 23 weiteren Ländern unterstützt wird. Das erwünschte Resultat wäre eine Übereinkunft, das Recht auf Wasser als Menschenrecht anzuerkennen. Einige Regierungen verweigern jedoch ihre Zustimmung und so ist mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass über die Resolution abgestimmt werden muss. Dieser Prozess könnte die Welt entlang einer Nord/Südachse spalten.
Als 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verfasst wurde, konnte keiner vorhersehen, dass Wasser eines Tages so stark umkämpft sein würde. Doch 2010 ist es keineswegs eine Übertreibung, zu sagen, dass der fehlende Zugang zu Trinkwasser eine der gravierendsten Menschenrechtsverletzungen überhaupt darstellt. Alle acht Sekunden stirbt ein Kind an einer durch Wasser übertragenen Krankheit, in all diesen Fällen hätte eine Infektion verhindert werden können, hätten die Eltern Geld, um für Wasser zu bezahlen. Nun, da Trinkwasser ein immer knapperes Gut wird, wird diese Zahl steigen. Ein aktueller Bericht der Weltbank besagt, dass der weltweite Wasserbedarf bis 2030 die Ressourcen um 40 Prozent übersteigen wird – eine alarmierende Prognose, die fürchterliches Leid vorhersagt.
Seit einigen Jahren fordern internationale und lokale Organisationen, die für Wasser-Gerechtigkeit kämpfen, eine Absichtserklärung der UN, die ein für alle mal klarstellt, dass niemandem sauberes Wasser vorenthalten werden darf, weil er nicht in der Lage ist, dafür zu bezahlen. Diese Forderung ist vor dem Hintergrund der Wassermärkte, die aktuell entstehen, besonders dringlich, da diese es den Reichen ermöglichen, die Wasserversorgung entsprechend zu drosseln, um Profite zu erzielen. Die Tatsache, dass Wasser bislang nicht Teil der Menschenrechte ist, hat dazu geführt, dass wasserpolitische Entscheidungen von der UN und den Regierungen auf Institutionen wie die Weltbank, den Weltwasserrat und die WTO übertragen wurden, die marktwirtschaftliche Lösungen bevorzugen.
In der vergangenen Jahren ist die Unterstützung für ein Menschenrecht auf Wasser stetig gewachsen, doch einige wohlhabende Nationen – insbesondere das Vereinigte Königreich, die USA, Kanada und Australien – haben sich als Gegenkräfte herausgestellt, die Entschuldigungen finden, weshalb sie eine Resolution in ihrer aktuellen Form nicht unterstützen. Die neue konservative Regierung unter David Cameron hat bereits angekündigt, dass sie eine Resolution ablehnen wird, sofern sie nicht dahingegen abgeändert wird, dass anstelle des Anrechts auf das Wasser selbst, der „Zugang“ zum Wasser als Menschenrecht deklariert wird, und sanitäre Einrichtungen ausgeklammert werden. Kanada versteckt sich hinter der falschen Behauptung, eine solche Resolution könne das Land dazu zwingen, seine Wasservorkommen mit den USA teilen zu müssen; Australien hat den Weg der Wassermärkte eingeschlagen und ist deshalb kaum bereit, eine Absichtserklärung zu unterzeichnen, welche die Vergesellschaftung von Wasser befürwortet; die USA scheinen unter Obama enttäuschenderweise ihren Kurs in Sachen Menschenrechtsverpflichtungen durch die UN nicht zu ändern.
Nichtsdestoweniger ist die Hoffnung groß, dass der 28. Juli als ein Tag in die Geschichte eingehen wird, an dem die Staaten der Welt ein für alle Mal mit einer historischen Verpflichtung anerkannt haben, dass jeder Mensch auf dieser Erde ein Recht auf sicheres, sauberes Trinkwasser und die Würde eines guten Abwassersystems hat. Wird die Krise erfolgreich gelöst sein, sobald per Abstimmung entschieden ist, dass jeder Mensch im Rahmen der allgemeinen Menschenrechte ein Recht auf Wasser hat? Selbstverständlich nicht. Die Arbeit, in einer Welt, in der die Wasservorräte schrumpfen, Trinkwasser für alle verfügbar zu machen, hat gerade erst begonnen.
Doch von Zeit zu Zeit macht die Menschheit gemeinschaftlich einen Schritt in ihrer Entwicklung nach vorne. Dafür ist nun wieder einmal die Zeit gekommen und wir müssen uns dieser Herausforderung stellen.
Maude Barlow ist Vorsitzende des und Vorstandsvorsitzende der . 2008 bis 2009 beriet sie den 63. Präsidenten der UN-Generalversammlung in Wasserfragen.Council of CanadiansOrganisation Food & Water Watch
Kommentare 17
- Die Überschrift muss lauten: Menschenrecht auf sauberes! Wasser.
- Aber wieso muss Wasser umsonst sein? Ich denke nicht, dass dies notwendig ist. Almosen sind in der Regel kontraproduktiv.
- Deshalb: Menschenrecht auf Zugang zu sauberem und bezahlbarem Wasser.
Fragen, die der Beitrag nicht beantwortet:
- Wieso wird "Trinkwasser ein immer knapperes Gut"?
- Wieso "[...] [wird] der weltweite Wasserbedarf bis 2030 die Ressourcen um 40 Prozent übersteigen [...]"?
Grüße
Fragen, die Sie nicht beantworten @Peter Bayer:
Wem gehört Trinkwasser, der ein Recht hätte, dieses als "Almosen" zu verteilen? Wird kostenloses Atmen sauberer Luft demnächst genauso zum "Almosen"? Wieder die Frage: Von wem an wen?
Das ist der Gipfel zynisch-kapitalistischer Weltsicht.
Fragen, die Sie nicht beantworten @Peter Bayer:
Wem gehört Trinkwasser, der ein Recht hätte, dieses als "Almosen" zu verteilen? Wird kostenloses Atmen sauberer Luft demnächst genauso zum "Almosen"? Wieder die Frage: Von wem an wen?
Das ist der Gipfel zynisch-kapitalistischer Weltsicht.
Sie haben, wie ich auch, wahrscheinlich Zugang zu sauberem Wasser. Und Sie bezahlen dafür. Was ist daran falsch?
Grüße
dass Sie (wie andere auch) an den 'falschen' zahlen.
@ Peter Bayer
Sie zahlen nicht für's Wasser, sondern für die Infrastruktur des Wassers. Ihren Obulus geben Sie für die Instandhaltung des Leitungsnetzes ab.
Die in Deutschland häufig in kleinen ortsansässigen Wassergesellschaften organisierten Wasserversorger können die zum Teil immensen Kosten nicht mehr tragen und sind froh, die Leitungsnetze an große Wasserversorger verkaufen zu können. So kommt es zu einer Zentralisierung, die in absehbarer Zeit in einem Monopol endet.
Googeln Sie mal nach "Gelsenwasser". Auch Energieversorger wie RWE haben diese sprudelnde Geldquelle identifiziert und haben eigene Geschäftsbereiche für die Wasserversorgung gegründet.
Eine ziemlich sichere Einnahmequelle. Dauerhaft dazu. Niemand kommt ohne Wasser aus.
Machen Sie sich mal schlau bei
www.worldmapper.org/
Ist recht informativ und da beantworten sich ihre Fragen von selbst.
Population:
http://www.worldmapper.org/images/smallpng/2.png
Wasservorräte:
http://www.worldmapper.org/images/smallpng/102.png
Wasserverbrauch:
http://www.worldmapper.org/images/smallpng/104.png
Wohlstand 2015:
http://www.worldmapper.org/images/smallpng/164.png
Wasser ist weder ein frei verfügbares noch ein unbegrenzt verfügbares Gut. Es fließt nicht einfach aus irgendwelchen Felsen und kann sofort genutzt werden, zumindest nicht in ausreichender Menge. Trinkwasser muss häufig bearbeitet und fast immer transportiert werden. Dies alles kostet Geld.
Wichtig fast - im Beitrag von Maude Barlow wird darauf auch kurz Bezug genommen (1) - sind die Einrichtung und der Unterhalt von Kanalisation und sanitären Anlagen. Ohne diese kann es kein dauerhaft sauberes Wasser geben - sie sind die Grundlage.
Interessant ist es übrigens, dass genau bei diesem Punkt die britische Regierung nicht mitmachen möchte. Ich nehme an zu teuer. Und wenn man selbst für sauberes Wasser sorgen kann, muss man keines mehr kaufen.
Einen interessanten Beitrag zum Einstieg ins Thema können Sie unter (2) finden.
Wer sagt eigentlich, dass die Sauberkeit unserer Luft umsonst ist? Sie gehört zwar niemandem oder von mir aus auch uns allen. Trotzdem kostet es uns eine ganze Menge Geld sie sauber zu halten.
Fazit: In unserem derzeitigen Wirtschaftssystem sind Wasser und Luft Waren. Mit allen Konsequenzen.
(1) "Die neue konservative Regierung unter David Cameron hat bereits angekündigt, dass sie eine Resolution ablehnen wird, sofern sie nicht dahingegen abgeändert wird, dass anstelle des Anrechts auf das Wasser selbst, der 'Zugang' zum Wasser als Menschenrecht deklariert wird, und sanitäre Einrichtungen ausgeklammert werden."
(2) de.wikipedia.org/wiki/Wasserversorgung_in_Hamburg
Grüße
tja, das sieht stark danach aus, dass ein umbau 'unseres' derzeitigen wirtschaftssystems unumgänglich wird. damit die 'reichen' aufhören, aus scheiße geld zu machen. (mal ganz simpel gesagt)
@Peter Bayer:
Sie drehen die Verhältnisse um. Luft und Wasser SIND per se sauber und genießbar. Sie werden zugunsten von Profiten verschmutzt, und wir bezahlen dann an dieselben Profiteure dafür, dass wir von solchen Verschmutzungen gereinigtes Wasser und Luft konsumieren können.
Dass man in großen Städten für die Infrastruktur zur Wasserversorgung zahlt, ist noch nachvollziehbar.
Wasser (und Luft) aber zum reinen Konsumgut zu machen, das nur gegen Geld zugänglich gemacht werden sollte, dient allein den Monopolisten, nicht aber den Menschen.
@Peter Bayer
"Wer sagt eigentlich, dass die Sauberkeit unserer Luft umsonst ist? Sie gehört zwar niemandem oder von mir aus auch uns allen. Trotzdem kostet es uns eine ganze Menge Geld sie sauber zu halten."
Da ist sie wieder, die menschliche Hybris. Was nichts kostet, ist auch nichts wert. Das sitzt so tief drin, dass wir uns nicht mal mehr vorstellen können ohne Grenzen, Zäune, Geldscheine und Wertanalyse zu leben. Genausowenig können wir uns vorstellen, dass ein Ökosystem ohne Menschen überhaupt noch funktionieren kann.
Die Eingeborenen oder "Indianer" und Naturvölker sind deshalb von uns geld- und goldgeilen Egozentrikern ausgerottet worden, weil sie sich selbst als Teil des Ganzen gesehen haben, weil sie immer ein geo- oder ein heliozentrisches Weltbild hatten, aber nie ein egozentrisches Weltbild, bei dem sich alles um das eigene Tun, Handeln und Denken dreht. Das "Einssein" mit der Natur schont zwar die Ressourcen und Lebensgrundlagen, ist aber offensichtlich weniger erfolgreich - zumindest kurzfristig und in Bezug auf das Anhäufen von Edelmetallen oder bedrucktem Papier mit Zahlen drauf.
Die Luft ist sauber und das Wasser ist sauber ohne Menschen. Den Vogel interessiert es nicht, wem das Auto gehört, auf das er scheißt.
Uns kostet es eine Menge das Wasser sauber zu halten, weil wir es rücksichtslos verschmutzen. Die Verschmutzung und der Verbrauch von Lebensgrundlagen ist ein rein menschliches Problem, präziser ein Problem des "technischen Menschen" - homo horribilis.
"In unserem derzeitigen Wirtschaftssystem sind Wasser und Luft Waren. Mit allen Konsequenzen."
Dass das so ist, muss nicht heißen, dass man das akzeptiert, oder das es so bleiben muss. Es würde schon reichen, wenn man zu der Erkenntnis kommt, dass wir uns mit dieser Haltung unsere eigenen Lebensgrundlagen zerstören. Zahlungsmittel taugen nicht als Lebensmittel.
Solange alle zurück zur Natur wollen, aber keiner zu Fuß, wird sich daran allerdings nichts ändern. Harry, hol schon mal den Wagen.
wunderbare Antwort GeroSteiner!
Herr Bayer, hören Sie zu was Frau E. Bernard ab Min. 58:22 sagt, hier:
video.google.de/videoplay?docid=756938214094719405#
Der Film ist übrigens sehr gut
Damit jeder weiß um was es geht, hier meine - hoffentlich korrekte - Wiedergabe der Untertitel des Films ab 58:22:
„Deregulierung, Privatisierung und freier Handel sind nichts anderes als eine moderne Form des Zäuneziehens, der Privatisierung von Gemeinbesitz. Interessant an den heutigen Debatten finde ich die Definition von Reichtum [So die Untertitelung. Original: One of the things I find interesting in our current debates, is this concept of who creates wealth.], die Vorstellung, Reichtum könne nur in Verbindung mit Privatbesitz existieren. Was ist dann aber sauberes Wasser, reine Luft, eine intakte Umwelt? Ist das nicht auch eine Form von Reichtum? Warum spricht man erst dann von Reichtum, wenn jemand einen Zaun darum zieht und es zum Privatbesitz erklärt. Da wird kein Reichtum geschaffen. Da werden Reichtümer usurpiert.“ (E. Bernard in o.g. Film)
Was Bernard sagt, ist nach meiner Meinung nichts wirklich Neues. Ich empfehle hierzu Karl Marx, Das Kapital, Erster Band, Kapitel 24,2: „Expropriation des Landvolkes von Grund und Boden“.
Wie Reichtum bzw. Kapital entstehen kann man einigermaßen verständlich in „Lohnarbeit und Kapital“ des gleichen Autors nachlesen.
"Wenn ich den Armen zu essen gebe, nennen sie mich einen Heiligen. Aber wenn ich frage, warum die Armen nichts zu essen haben, schimpfen sie mich einen Kommunisten."
Dom Helder Camara (07.02.1909 - 27.08.1999)
Graben sie sich auf ihrem Grundstück mal einen Brunnen und versuchen dieses Wasser innerhalb des Hauses zu nutzen, dann werden ihnen die auf die Leitung treten, die das Recht in ihren Tresoren haben.
Menschenrecht ja, aber letztens nicht bindent.
Und somit wieder ein beschlossener Papiertiger.
Alles nur eine moralische Vorgabe, aber wen interessiert denn beim Geld schon die Moral.
Am Ende bleibt die grundsätzliche Frage, wem diese Erde denn nun wirklich gehört.