Für mich ist David Lynch ein Humorist. Die Werke, für die er am berühmtesten ist – Eraserhead. Der Elefantenmensch, Blue Velvet, Twin Peaks – durchzieht eine ausgesprochene Komik. Eine dunkle zwar, aber nichtsdestoweniger handelt es sich um Komik. Diese Facette der Lynch’schen Kunst illustriert die aus acht kurzen Animationen bestehende Serie Dumbland, die zuerst auf der Internetseite des Regisseurs zu sehen war.
Thema bei Dumbland sind die häuslichen Mühen eines dreizähnigen Schlägers namens Randy, dessen unglücklicher Frau und dem Sohn der beiden. Randy ist ein korpulenter, schlonziger Mann mit vulgärer Ausdrucksweise und Hang zur Gewalt, dessen Sicherungen schnell durchbrennen. Seine Frau scheint ständig am Rande des Nervenzusammenbruchs – sie stößt allzeit einen leisen Schrei aus. Der Sohn ist der am wenigsten prägnant ausgemalte der drei Figuren. Er begegnet dem Betrachter nur als Kontur mit Augen, Nase und Mund. Sämtliche Handlungen Randys’ sind seltsam, gewalttätig oder profan und es wird viel und laut gefurzt.
Obschon die Animationen gröber nicht sein könnten (sie werden alle mit einer Maus auf dem Bildschirm gezeichnet) und ein Grossteil der Handlung ziemlich pubertär wirkt, tragen die Filme doch alle unverkennbar Lynch’sche Markenzeichen: Spärliche Dialoge, schwere Ambient-Sounds, ein unbestimmtes Gefühl surrealer Verunsicherung, Charaktere mit unklaren Motiven. Auch wenn Dumbland visuell komödiantisch daher kommt, sind die dargestellten Ereignisse wahrlich verstörend.
Das Genick brechen
Episode Fünf zum Beispiel erzählt die Geschichte eines Mannes, der durch den Zaun fällt, der Randys Hof umgibt. Dabei bleibt ein Stock in seinem Mund stecken. Beim Versuch seinen Sohn zu beschwichtigen, der ihn anfleht, den Stock zu holen, bricht Randy dem Mann das Genick, bohrt ihm beide Augen aus und macht ihn zum Krüppel, um dann zuzusehen, wie er von einem Lastwagen überfahren wird. Randy bleibt es vorbehalten, die Sache auf den Punkt zu bringen: „Der Arsch hat noch nicht mal Danke gesagt.“
Lynch hat Dumbland ganz allein geschaffen. Sowohl die Animationen, als auch die Synchronisationen und der Soundtrack entstanden bei ihm zuhause am Computer. Angeblich stecken in jeder der dreiminütigen Episoden zehn Tage Arbeit, was die Sache für ein augenscheinlich bescheidenes Projekt ganz schön aufwendig macht. Wie die meisten Internetanimationen wurde Dumbland mit Flash angefertigt. Lynch sagt, die intuitive Do-it-yourself-Natur der Software habe dem Geist seiner ersten Ausflüge in die Welt der Animation entsprochen.
Es lässt sich sogar vermuten, dass Lynch den Stil seiner frühen Animationsarbeiten wieder aufleben lassen hat, indem er den Filmchen die Behandlung mit einer Technik angedeihen lassen hat, die Fachkundigen bekannt sein dürfte: Jedes Bild wird mehrmals gezeichnet, die einzelnen Ausführungen dann übereinander gelegt, so dass statische Bilder sich zu bewegen scheinen. Dieser Effekt ahmt altmodische, von Hand gezeichnete Animationen nach– das Gegenteil von dem, was Dumbland tatsächlich ist.
Zehn Tage Arbeit
Für’s Protokoll: Ich mache keine meiner Animationen selbst. Ich sage mir, dass diese Aufgabe besser in die Hände eines Profis gegeben wird, der dann mit meinen Zeichnungen arbeitet. Um die Wahrheit zu sagen, schüchtert mich die Tatsache, dass Lynch so viel Schufterei in die Sache gesteckt hat, doch ein wenig ein. Hinzu kommt, dass er mit der Software umzugehen weiß, wohingegen ich keine Ahnung davon habe.
Davon abgesehen, dass Lynch jedes Detail der Serie selbst gemacht hat, ist das eigentlich anziehende daran, dass Zeugnis dafür ist, dass ein großer Künstler hier sein Vergnügen hatte. Sie ist ein Projekt, an das er sich einfach aus Spaß an der Sache gesetzt hat, ohne sich Gedanken darüber zu machen, wie es ankommen würde. Sie ist unbefangen albern. Vielleicht eine gute Sache, wenn man sich gerade durch Inland Empire gequält hat.
Über den Autor: Der Künstler , 1968 in Macclesfield geboren, lebt und arbeitet in GlasgowDavid Shrigley
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