Minister läuten Zukunft ein

Europäische Union Die EU-Außenminister der größten fünf Mitgliedsländer mit Ausnahme von Großbritannien sprechen sich für eine stärkere außenpolitische Integration aus
Zukunftsgruppe: Elf EU-Außenminister, allen voran Guido Westerwelle, fordern die politische Union
Zukunftsgruppe: Elf EU-Außenminister, allen voran Guido Westerwelle, fordern die politische Union

Foto: Maurizio Gambarini/AFP/Getty Images

Fünf der sechs größten EU-Mitgliedsländer mit Ausnahme Großbritanniens haben sich für eine radikale Revision der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik ausgesprochen. Zu den wichtigsten Punkten des gemeinsam von elf der 27 Minister erarbeiteten Papiers zählen ein mächtiges pan-europäisches Außenministerium, Mehrheitsentscheide bei der Gemeinsamen Außenpolitik zur Umgehung des britischen Vetos sowie ein gemeinsamer Markt für Rüstungsprojekte.

Der von Deutschland angeführte Vorstoß nimmt auch die jüngsten Forderungen aus Berlin und Brüssel nach einem direkt gewählten europäischen Präsidenten, der Einräumung weitreichender Befugnisse für das Europäische Parlament und die weitere Ausdifferenzierung Europas durch die Einrichtung einer weiteren parlamentarischen Unterkammer für die 17 Länder der Eurozone auf. Während die Forderung nach einer europäischen Armee nicht von allen elf Unterzeichnern unterstützt wurde, fordert das Dokument auch eine neue europäische Polizeiorganisation zur Überwachung der Außengrenzen sowie ein einheitliches europäisches Visum.

Monatelanges Brainstorming

Das 12-seitige Dokument voller politischer Empfehlungen ist das Ergebnis eines neunmonatigen Brainstormings über die Zukunft Europas. Es dürfte für erhebliche Kontroversen sorgen und im Falle seiner Umsetzung den Druck auf Großbritannien erhöhen, die EU zu verlassen.

„Um die EU zu einem wirklichen Akteur auf der internationalen Bühne zu machen, sollten wir unserer Meinung nach langfristig auf dem Gebiet der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik mehr Mehrheitsentscheide einführen, oder zumindest dafür sorgen, dass Initiativen nicht durch ein einziges Mitglied blockiert werden können“, heißt es in dem Papier. „Ziel einer europäischen Verteidigungspolitik mit gemeinsamen rüstungspolitischen Anstrengungen (i.e. der Schaffung eines gemeinsamen Marktes für Rüstungsprojekte); für einige Mitglieder der Gruppe könnte dies möglicherweise eine europäische Armee mit einschließen.“

Zu den Unterstützern gehören Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Polen – die fünf größten mit Ausnahme Großbritanniens. Die Niederlande, Belgien, Dänemark, Österreich, Portugal und Luxemburg haben ebenfalls unterzeichnet.

Grabenkämpfe in der Kommission

Die Empfehlungen enthalten auch Provokationen wie den Vorschlag, europäische Verträge neu zu verhandeln, wenn sich dafür ein Mehrheitsentscheid findet, weil es mittlerweile zu lange dauert, zu schwerfällig ist und zu allzu erbitterten Debatten führt, in einer Union der 27 oder 28 zu einem Konsens zu gelangen.

Neben dem strikten Widerstand aus Großbritannien, das gegen eine europäische Armee sein Veto einlegen und sich weigern würde, sich an außenpolitischen Maßnahmen zu beteiligen, denen es nicht zugestimmt hat, dürften die Vorschläge Grabenkämpfe in der Europäischen Kommission zur Folge haben, da sie mehrere Dienststellen ihrer Befugnisse und Ressourcen berauben und sie in dem relativ neuen diplomatischen Dienst konzentrieren würden, der von der Britin Catherine Ashton geführt wird.

Das Dokument verlangt nach einer „grundlegenden Revision“ der Befugnisse des Europäischen Auswärtigen Dienstes bis zum kommenden Jahr. Dieser soll modernisiert und mit den Befugnissen über Entwicklung, Energie, Handel und Erweiterung ausgestattet werden, die gegenwärtig noch in anderen Bereichen der Kommission angesiedelt sind. Im Falle ihrer Realisierung würden die Pläne ein Europäisches Außenministerium mit wesentlich weitreichenderen Befugnissen schaffen, als dies heute der Fall ist.

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Geschrieben von

Ian Traynor | The Guardian

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