Eminem is back

Legenden "Did you miss me?“ fragt der bekannte Rapper. Viele haben ihn sehr wohl vermisst, das Erscheinen seines letzten richtigen Albums liegt ja fast fünf Jahre zurück

"Guess who’s back? Did you miss me?": Auch We made you, die soeben online erschienene erste offizielle Single des kommenden Eminem-Albums Relapse, spart diese obligatorischen Eingangsworte nicht aus. Fünf Jahre sind vergangen: Seitdem hat er einen Zwischenstopp in der Reha eingelegt, eine Autobiographie veröffentlicht und den schmerzlichen Verlust seines engen Freundes und Rapper-Kollegen Proof erleben müssen, der vor drei Jahren erschossen wurde.

Außerdem hat ihm seine Zurückgezogenheit und Exzentrik von Seiten einiger Kritiker den Stempel als neuer Howard Hughes des Hip-Hop eingebracht, nachdem lange Phasen des Schweigen lediglich von Nachrichten durchbrochen worden waren, er sei wieder mit Kim verheiratet, der Frau, die er auf Platte zu ermorden gedroht hatte (die zweite Scheidung folgte zwei Monate später) oder sein Gewicht sei aufgrund einer Schlaftablettensucht in die Höhe geschossen. Sogar Parallelen mit Elvis und dessen Las Vegas-Phase gegen Ende seines Lebens wurden gezogen.

Es war also jede Menge los bei Eminem. Auf das, was er am besten kann, Musik machen nämlich, hat er indes nicht viel Zeit verwendet. Die schlechte Nachricht im Zusammenhang mit Eminens Wiederaufnahme musikalischer Aktivitäten ist, dass er auf We Made You auch nicht eben macht, was er am besten kann, sondern lediglich das, was er vorher schon zuvor gemacht hat. Und zwar oft. Auf dieser Platte hätte sich sicher eine eindringliche persönliche Geschichte erzählen lassen, Eminem scheint darauf aber nicht gerade erpicht. Stattdessen bekommen wir Anspielungen auf den Missbrauch verschreibungspflichtiger Medikamente, Diss-Attacken auf weibliche Promis (Amy Winehouse, Lindsay Lohan-Freundin Samantha Ronson und Sarah Palin, um nur drei zu nennen) und ein paar infantile Sound-Effekte zu hören (ein Furz-Geräusch – oh he!).

Das vielleicht frustrierendste hieran ist, dass Eminem bekanntermaßen ein Meister des autobiographischen Textens ist. In früheren Songs wie Who Knew gelang es ihm, anhand düsterer Kindheitschilderungen ein Schlaglicht auf übergeordnete, „größere“ Themen wie Schießereien an Schulen oder Zensur zu werfen. Man erinnere sich auch an das gefühlvolle Glanzstück Stan, welches auf Eminems eigenen Erfahrungen mit dem Ruhm - Reiz-Thema vieler gelangweilter und aufgeblähter Rapper - aufbaute.

Ob der Rest des Albums (ganz zu schweigen vom Nachfolger Relapse 2, dessen Veröffentlichung später dieses Jahr angesetzt ist,) der ersten Auskopplung in die Bedeutungslosigkeit einer juvenilen Cartoon-Welt folgen wird? Oder handelt es sich bei We Made You und dem nicht minder enttäuschenden Album-Track Crack a Bottle, der Anfang diesen Jahres an die Öffentlichkeit gelangte, um Irrläufer auf einem Album, das ansonsten mit der Zeit gegangen ist? Bleibt zu hoffen, dass die Antwort nicht in folgender Schlusszeile von We made you zu finden ist: „You think that’s bad? You should hear the rest of my album!“


In Deutschland erscheint "Relapse" am 18. Mai 2009.

Der digitale Freitag

Mit Lust am guten Argument

Übersetzung: Zilla Hofman
Geschrieben von

Tim Jonze, The Guardian | The Guardian

Der Freitag ist Syndication-Partner der britischen Tageszeitung The Guardian

The Guardian

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