„Er schmeichelt dem Opfer-Reflex“

Interview Der Schriftsteller Péter Esterházy über Ungarns Premier Viktor Orbán, die Bauchgefühle der Bürger und die Freiheit der Kunst
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 27/2015

der Freitag: Herr Esterházy, Ungarn hat im Westen zurzeit eine sehr schlechte Presse. Gehen unsere Medien den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán zu hart an?

Péter Esterházy: Ich bin kein Freund des Orbán-Regimes, es ist schädlich für Ungarn. Unsere Demokratie ist nicht liberal, die Pressefreiheit eingeschränkt, die Gewaltenteilung ungenügend. Die öffentlichen Medien dienen der Regierung als Sprachrohr, sie hält den Staat „besetzt“. Aber weder leben wir in einer Diktatur noch in einem faschistischen Land.

Wie erklären Sie sich Orbáns seltsamen Werdegang, vom liberalen Gegner der Kommunisten vor 25 Jahren zum rechtspopulistischen Premier von heute?

Ende der 80er Jahre war Orbán ein sympathischer jun