Beinahe drei Jahre lang lag Nicoleta Bolos jede Nacht wach auf einer verdreckten Matratze und wartete auf das Geräusch von Schritten draußen vor der Tür. Während die Stunden verstrichen, bereitete sie sich darauf vor, dass die Tür sich knarrend öffnen, ein Gewehr auf dem Tischchen neben ihrem Kopf abgelegt werden und ihr Arbeitgeber sich auf die schmutzig-graue Matratze werfen würde.
Das Einzige, was sie mehr fürchtete als die Schritte des Bauern draußen vor der Tür, war es, ihren Job zu verlieren. Also ertrug sie Nacht für Nacht Vergewaltigungen und Schläge, während ihr Ehemann sich draußen in den Vollrausch soff.
„Das erste Mal sagte mir mein Mann, dass ich es tun müsse. Dass der Besitzer des Gewächshauses, in dem wir Arbeit bekommen hatten, mit mir schlafen wolle. Wenn ich das nicht tun würde, würde er uns nicht bezahlen und fortschicken“, erzählt sie.
„Ich dachte, mein Mann sei verrückt geworden. Aber als ich mich weigerte, schlug er mich. Er sagte, ich müsse alles tun, was unser Chef befehle – nur so könnten wir unsere Arbeit behalten. Als mein Arbeitgeber kam, bedrohte er mich mit einem Gewehr. Wenn ich mich bewegen würde, würde er mir den Kopf wegpusten, sagte er. Als er fertig war, ist er einfach gegangen.“
Gemüse für ganz Europa
Am nächsten Morgen kauerte Bolos wieder neben ihrem Mann bei der Arbeit in einem heißen Gewächshaus und erntete jene landwirtschaftlichen Erzeugnisse, die dazu beitragen, dass Italien der größte Erzeuger von Obst und Gemüse in Europa und die Provinz Ragusa auf Sizilien der drittgrößte Gemüseproduzent Europas ist.
Während sie in dem Betrieb gearbeitet habe, seien die Arbeiter in kaum bewohnbaren Unterkünften untergebracht worden, hätten Katzenfutter zum Abendessen erhalten, und medizinische Versorgung sei ihnen verweigert worden, sagt Bolos. Nachts hätten sie und die anderen Arbeiterinnen der Unterhaltung des Landwirts und seiner Freunde gedient. „Als ich hierher kam, dachte ich, mich erwarte ein harter, aber anständiger Job in einem europäischen Land. Aber wir wurden zu Sklaven.“
Versteckt zwischen Feldern mit weißen Plastikzelten arbeiten in Ragusa 5.000 rumänische Frauen wie Bolos als landwirtschaftliche Saisonkräfte. Die italienische NGO Proxyma Association, die sich für die Rechte von Migranten einsetzt, geht davon aus, dass über die Hälfte der Rumäninnen, die in den Gewächshäusern arbeiten, in sexuelle Beziehungen zu ihren Arbeitgebern gezwungen werden. Fast alle von ihnen arbeiten unter den Bedingungen von Zwangsarbeit und schwerer Ausbeutung.
Die Polizei schätzt, dass bis zu 7.500 Frauen, der Großteil davon aus Rumänien, auf den landwirtschaftlichen Betrieben der Region in Sklaverei leben. Guido Volpe, ein Kommandant der sizilianischen Carabinieri, sagt, Ragusa sei das Zentrum dieser Art der Ausbeutung auf der Insel. „Diese Frauen arbeiten als Sklavinnen auf den Feldern, und wir wissen, dass sie erpresst werden, damit sie Sex mit den Besitzern der Betriebe haben“, sagt er. „Es ist nicht leicht, in dieser Angelegenheit zu ermitteln oder zu verhindern, dass diese Dinge geschehen, weil die Frauen zu viel Angst haben, um darüber zu sprechen.“
Viele der Frauen haben Kinder und Familien zu Hause zurückgelassen, die von ihnen abhängig sind. Sie fühlen sich gezwungen, verzweifelte Entscheidungen zu treffen. „Wo ich herkomme, hat niemand einen Job“, sagt Bolos, während sie ihre fünfmonatige Tochter in einem Lagerhaus eines anderen landwirtschaftlichen Betriebs in Ragusa stillt. „Der durchschnittliche Monatslohn dort beträgt 200 Euro. Hier kann man viel mehr verdienen. Auch wenn man dafür leiden muss.“
Für diesen Text haben wir mit zehn rumänischen Frauen gesprochen. Alle haben von regelmäßiger sexueller Belästigung und Ausbeutung berichtet. Von zwölf Stunden Arbeit ohne Wasser in extremer Hitze, ausbleibenden Löhnen und unzumutbaren Unterkünften. Ihre Arbeitstage seien oft geprägt gewesen von physischer Gewalt. Man habe sie mit Waffen bedroht und mit Drohungen gegen ihre Kinder und Familien erpresst.
Alessandra Sciurba von der Universität Palermo war im Jahr 2015 Mitverfasserin eines Berichts, der den Missbrauch rumänischer Frauen in Sizilien dokumentierte. Sie sagt, die Zustände hätten sich seither noch verschlechtert. „Die Frauen erzählen, dass sie auswandern müssen, damit ihre Kinder in Rumänien nicht in vollkommener Armut leben. Sie selbst aber müssen schlimme Bedingungen und Missbrauch aushalten“, sagt Sciurba. „Was wir gesehen haben, ist nicht weniger als Zwangsarbeit und Menschenhandel, wie sie von der Internationalen Arbeitsorganisation der UN definiert werden.“
Die Staatsanwältin Valentina Botti geht mehreren Anzeigen wegen sexueller Belästigung und Ausbeutung von Arbeitskräften nach. Sie sagt, der Missbrauch rumänischer Frauen habe ein immenses Ausmaß. „Entführung, sexuelle Übergriffe und das Festhalten von Menschen in Sklaverei sind die drei schwerwiegendsten Verbrechen, die wir bislang nachgewiesen haben.“
Es gehe um tausende rumänische Frauen, die Opfer von schwerwiegendem Missbrauch geworden sind. „Nur sehr wenige kommen mit ihrer Geschichte auf uns zu. Die meisten von ihnen akzeptieren die Ausbeutung als ein persönliches Opfer, um ihren Job behalten zu können.“
Der enorme Anstieg von rumänischen Frauen, die um Abtreibungen bitten, alarmiert Ärzte und Menschenrechtsgruppen in Sizilien. Laut Angaben von Proxyma stellen rumänische Frauen nur vier Prozent der weiblichen Bevölkerung von Ragusa, lassen aber 20 Prozent der registrierten Abtreibungen vornehmen.
„Die Zahl bei rumänischen Frauen ist äußerst alarmierend“, sagt Ausilia Cosentini, Koordinatorin des Fari-Projekts, das Hilfe für rumänische Frauen in Krankenhäusern anbietet. Viele der Frauen, die Abtreibungen vornehmen lassen wollten, kämen in Begleitung ihrer Arbeitgeber oder anderer italienischer Männer. „Auch wenn man nicht davon ausgehen kann, dass all diese Schwangerschaften das Resultat sexueller Gewalt sind, muss man die hohe Zahl von Abtreibungen in Relation zu den wenigen rumänischen Frauen doch ernst nehmen.“
Gefährliche Chemikalien
Zudem sind die Arbeitsbedingungen in einigen Fällen äußerst gefährlich. Eine junge Frau berichtete, sie sei krank geworden, nachdem sie gezwungen worden war, ohne Schutzkleidung mit Chemikalien zu arbeiten. „Ich musste Lebensmittel verarbeiten, die mit Pestiziden bedeckt waren, und wurde wirklich krank davon. Ich musste husten und hatte Atemprobleme.“
Diejenigen Arbeiterinnen, die die Verstöße den Behörden gemeldet haben, berichten, dass sie danach oft keine Arbeit mehr finden konnten. „Ich habe mit meinem Mann zusammen in den Gewächshäusern gearbeitet, und der Besitzer wollte mit mir schlafen“, erzählt Gloria, 48. „Als ich mich weigerte, warf er mich hinaus. Ich habe ihn dann der Polizei gemeldet. Seitdem finde ich keine Arbeit mehr. Die anderen Bauern wissen, dass ich bei der Polizei war.“
Nicoleta Bolos konnte die allnächtliche Tortur irgendwann nicht mehr ertragen. Sie rannte davon und ließ den Hof mitsamt ihrem Mann zurück. Nun war sie arbeitslos und konnte ihren zwei Kindern kein Geld mehr nach Hause schicken. Als Freunde das Geld zusammenhatten, um ihr ein Busticket zu kaufen, damit sie nach Rumänien zurückkommen konnte, hatte sie das Sorgerecht für die Kinder bereits verloren. Sie leben jetzt bei einem Onkel ihres Ex-Manns, ihr ist jeder Kontakt verwehrt. So kam es, dass sie sich trotz der Gewalt, die ihr angetan worden war, wieder in einen Bus setzte und nach 50 Stunden Fahrt in die Gewächshäuser von Ragusa zurückkehrte.
Es gibt reichlich Arbeit für Erntehelfer in Ragusa. Die lokale Wirtschaft ist auf Arbeitsmigranten angewiesen. Die italienischen Exporte von frischem Obst und Gemüse sind in den vergangenen Jahren gestiegen und belaufen sich heute auf 366 Millionen Euro pro Jahr. Ein Großteil davon wird auf den 5.000 Anlagen in der Provinz Ragusa produziert.
Versuche, das Thema des sexuellen Missbrauchs im italienischen Parlament zur Sprache zu bringen, sind bislang ergebnislos geblieben. 2015 reichte die Abgeordnete Marisa Nicchi eine parlamentarische Anfrage nach der Versklavung rumänischer Arbeiterinnen ein und forderte die Regierung auf, eine Untersuchung einzuleiten. „Zwei Jahre sind vergangen und die italienische Regierung hat nichts unternommen“, sagt sie in ihrem Parlamentsbüro in Rom. „Aber wir geben nicht auf. Diese Verbrechen müssen ein Ende haben.“
Seit sie nach Italien zurückgekehrt ist, hat Nicoleta Bolos einen rumänischen Mann kennengelernt und zwei weitere Kinder bekommen. Sie meldete ihren Ex-Chef der Polizei, woraufhin dieser eine Anzeige erhielt. Der Prozess steht noch aus.
Sie habe sich entschlossen, an die Öffentlichkeit zu gehen, um anderen rumänischen Frauen zu helfen. Mit ihrem Baby im Arm sitzt sie auf einem Plastikstuhl und deutet auf ihre Unterkunft. Die Wände sind feucht, es gibt weder Heizung noch fließendes Wasser. „Das ist unser Leben hier. Ich werde meine Kinder aber nicht noch einmal verlieren. Sie sind der Grund, warum ich das durchgestanden habe, warum ich zur Sklavin geworden bin – ihretwegen musste ich diesen Mann jede Nacht in mein Bett lassen. Jetzt will ich, dass die Leute davon erfahren, und dass es aufhört.“
Einige der Namen wurden geändert, um die Betroffenen zu schützen.
Kommentare 40
Was diesen Frauen und man muss leider annehmen, auch vielen ihrer Kinder angetan wird, ist ein gleichermaßen verbreiteter, wie tabuisierter Teil unserer traditionellen sexuellen Alltagskultur. Zwar gilt übergriffige sexuelle Triebhaftigkeit bei Männern in den Augen vieler Menschen immer noch als normales und natürliches Verhalten, sogar als Zeichen besonderer Potenz und echter Männlichkeit. Das Defizit, was sich eigentlich hinter solchen Methoden, mit denen manche Männer ihre Sexualität an Anderen abreagieren verbirgt, die sexuelle Beschädigung, das menschliche Unvermögen und der tiefgreifende Hang zu kriminellem Handeln, bleibt so oft aber unentdeckt. Trotzdem sinkt die gesellschaftliche Akzeptanz für sexuell-übergriffige Verhaltensweisen. Auch wenn so manche (Ehe-)Frau insgeheim dankbar dafür sein mag, dass „das Schwein“ sich statt an ihr oder ihren Kindern, an einer der rumänischen Leibeigenen (und deren Kindern) vergreift.
Deshalb hoff ich, dass der mutige und entschlossene Schritt dieser modernen Sklavinnen nicht nur in Süditalien dazu beiträgt, über eines der widerwärtigsten und hartnäckigsten Phänomene des menschlichen Miteinanders so offen wie es geht zu sprechen. Denn nur dann werden die Menschen sich entschließen können, etwas zum Guten zu verändern. Das ist schwierig und dauert, aber es gelingt, wenn möglichst Viele sich beteiligen.
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, eine von 9 Millionen Erwachsenen in Deutschland, die in ihrer Kindheit und/oder Jugend Opfer von schwerem sexuellen Missbrauch wurden
Und wo sind hier Gesetze und irgendein EU-Politiker,der sich für diese Menschen interessiert? Mich macht som was traurig und wütend. Ätzend!
Ich sage weiter so, please! Da geht noch mehr!
Man sollte solche Plakate aufhängen (evtl. setzt ja so herum irgendwann Erkenntnis oder sogar Katarsis ein):
Weniger Lohn!
Keine Gerechtigkeit!
Mehr Arbeitszeit bei weniger Lohn!
Kein Sozialsystem!
Gewalt ist gut!
Weg mit den Schwachen!
Weg mit den Kranken!
Weg mit den Arbeitslosen!
Ausbeutung is geil!
Ich maloche gerne für den Mindestlohn!
Mindestlohn braucht kein Mensch!
Arme Menschen braucht keiner!
Wer reich ist, hat Recht!
Nach mir die Sintflut!
Ich scheiss auf die Zukunft von Kindern!
Keine Arbeit? Pech gehabt. Und Tschüss!
Karriere is geiler als Familie!
...
Einfach widerlich. Danke für den Artikel. Wir brauchen endlich eine Integrale Politik http://www.integrale-politik.ch/positionspapiere-integrale-politik/
Mit in Rechnung stellen sollte man die mafiösen Strukturen auf der Insel – das Niederschlagen von Arbeiterprotesten war schon vor 100 Jahren ein spezieller Spezialzweig der Cosa Nostra. Ein Style, im dem es nach dem Zweiten Weltkrieg wie gehabt weiterging – diesmal mit Hilfe der Amis und in spezieller Kooperation mit der konservativen Staatspartei Democratia Christiana.
Will heißen: absolut abscheulich, unhinnehmbar – aber nicht in Gänze unverwunderlich. Wie ist das eigentlich mit der europäischen Jobfreiheit – oder gilt die für Rumänien noch immer nicht? Ansonsten eigentlich ein Anlass, fünf Kolonnen Gewerkschaftsvertreter von allen europäischen Gewerkschaften da runterzuschicken. Ebenso von allem, was an NGOs in Sachen Mißbrauch & Ausbeutung da ist.
Ansonsten überlege ich mir gerade, ob mir die Strauchtomaten aus dem Supi nach dieser Lektüre immer noch so gut schmecken.
...."Europäische Leitkultur...Wertekultur..." soviel hörte ich immer, wenn es darum ging, Flüchtlinge zu diskreditieren, ihnen den Spiegel unserer sogenannten Wertegemeinschaft vorzuhalten...Eine "Wertegemeinschaft" die nur billig einkaufen möchte, sich im warmen Egobett suhlt, auf andere zeigt und deren Politiker nicht in der Lage oder willens sind, solch` schreckliches Männerverhalten zu unterbinden. Bei Fussballereignissen rücken tausende Polizisten an...tagelange Berichterstattung über den Anschlag auf den Bus von Borussia Dortmund und die traumatisierten Millionäre....Wertegemeinschaft, da kann ich nur traurig sein...was ist mit den traumatisierten tausender Kinder, Frauen und Männer der weltweit mit unseren Waffen geführten Kriege und mit diesen rumänischen Frauen, die sklavenähnlich, großherrisch gehalten werden...? Diese Politik ist weltweit am Ende, weil sie nur wirtschaftlichen Interessen gehorcht...so ist das!!!
Der selbe Scheiß ist mitten in Deutschland zu finden, hier werden allerdings "nur" Männer ausgebeutet, meistens auch aus dem armen Südosten Europas, in der Fleischindustrie. Kaum Lohn, unsägliche Arbeitsbedingungen (Eiseskälte, scharfe Messer), überteurte Mieten für die letzten Baracken, gerne für 8 Menschen ..., aber irgendwie wird immer wieder gefragt, warum denn niemand was tut, statt selbst mal drauf zu achten, 2 und 2 zusammen zu zählen und vielleicht nicht die 29 Cent Tomatenpatsche vom Discounter zu kaufen oder jeder Tag Billigfleisch.
Es hat sich zwar durchgesetzt zu denken, dass wer arm ist, von sozialer Verantwortung befreit ist, denn gierig sind ja nur die Reichen, wie man weiß und diese Zeilen werden selbstverständlich nichts ändern, aber so jeder 1/4 Jahr will ich's mal hinschreiben.
aus vielen kommentaren,
die ihren abscheu ausdrücken,
die erschüttert sind vom blick aufs elend,
spricht vor allem eins:
eine riesige distanz zum problem derer,
die sich und die ihren zu ernähren,
in der zwangs-lage sind,
ihre arbeitskraft und manchmal mehr
anzubieten.
zu preisen, die kaum das überleben sichern.
in der perspektive der menschheits-geschichte
ist sklaverei,
die periode der raub- und beute-ökonomie
gerade vor kurzem nicht mehr die dominante
ausbeutungs-form.
wer das erden-rund beobachtet,
kann nicht aus den wolken fallen.
Zitat Moorleiche:
"Es hat sich zwar durchgesetzt zu denken, dass wer arm ist, von sozialer Verantwortung befreit ist, denn gierig sind ja nur die Reichen, wie man weiß und diese Zeilen werden selbstverständlich nichts ändern, aber so jeder 1/4 Jahr will ich's mal hinschreiben."
Das ist die beste Passage aus einer gut gegründeten Aufstellung, die ich seit Wochen hier gelesen habe.
Die Folge aus der guten Aufstellung ist, dass Empathie eine Ambivalnez innewohnen hat. Sie muss sich aus dem persönlichen Beziehungsrahmen erntwickeln, damit sie Wirkung entfalten kann. Das reine Da-Sein kann nur Mitleid hervorbringen.
Das Zitat Lethe:
"...dass manche Formen von Gewalt nur mit Gegengewalt gestoppt werden können.:::" stellt es richtig dar. Nur der Einsatz von gewalt verlangt sehr viel intelligenz. Daran mangelt es in Zeiten der Trumps, Erdogans und Co.
Gewalt ist nämlich in vielfacher Form, also nicht nur per Haudrauf, einsatzfähig.
Es hat sich zwar durchgesetzt zu denken, dass wer arm ist, von sozialer Verantwortung befreit ist, denn gierig sind ja nur die Reichen, wie man weiß und diese Zeilen werden selbstverständlich nichts ändern, aber so jeder 1/4 Jahr will ich's mal hinschreiben.
Lassen Sie's - um Gotteswillen - auch dabei. Bloß nicht öfters.
Es gibt ne Menge "Arme", die auch soziale Verantwortung übernehmen. Aber, es gehört wohl den den eigenen "Dünkelkammern", in die man absolut mal reinlangt und dann solch eine Äußerung tut.
Ja gut geschrieben aber wo und wie kann ich was tun,so daß das auch dann was bewirkt.M.Schmidt kommt nicht in meine Stadt oder mein Bundesland,denn der ist für mich der Empfänger dieser Nachricht aber nicht mehr in der Position oder gleich die Familienministerin,die ich schätze.
*****
>>…vielleicht nicht die 29 Cent Tomatenpatsche vom Discounter zu kaufen oder jeder Tag Billigfleisch.<<
Diese Entwicklung habe ich seit den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts erlebt: Zunächst war es das Automobil, das Ausgaben für Nahrungsmittel einschränkte: Der Deutschen liebste Umweltsau, die Automobilindustrie, hätte nicht diesen Aufschwung erlebt wenn Normalverdiener weiterhin die Hälfte ihres Einkommens für Nahrungsmittel ausgegeben hätten.
Heute, in der Zeit tendenziell sinkender Arbeitslöhne, sind es eher Schmachtphone und noch ein paar technische Spielereien, die äusserste Sparsamkeit beim Nahrungsmittelkauf „erzwingen“. Anders gesagt: Die Ausbeutung von Armutsarbeitern in der „Landwirtschaft“ dient auch dem Profit von Apple & Co.
Es fällt auch auf, dass in der Reklame für Nahrungsmittel seit Jahrzehnten primär der Preis als Werbeargument benützt wird, seltener die Qualität, und niemals die Arbeitsbedingungen am Entstehungsort: Gute Arbeitsbedingungen sind kein Verkaufsargument.
>>Ansonsten überlege ich mir gerade, ob mir die Strauchtomaten aus dem Supi nach dieser Lektüre immer noch so gut schmecken.<<
Und ein höherer Preis, zum Beispiel im Bioladen, garantiert noch lange nicht dass sie mit besseren Arbeitsbedingungen geerntet wurden.
>>Liegt es an den Verbrauchern, oder an den Anbietern?<<
Die Frage kann natürlich gestellt werden.
Eine der möglichen Antworten ist, dass Verbraucher auf Angebote reagieren und nicht gewöhnt sind, selber Anforderungen zu erstellen. Und Bauern reagieren auf den Preisdruck ihrer Abnehmer, die in der Regel nicht Endverbraucher, sondern Handels- oder Industriefirmen sind.
Die Fehler in der Frage ist wahrscheinlich das „oder“: Es liegt an den Anbietern und an den Verbrauchern, die unkritisch mitmachen.
>>…dürfte es nicht allzu schwer sein, Verträge und Bedingungen zu schaffen, die dann gesetzlich und mit ILO label die richtigen Produkte vermarktet.<<
Man könnte ein paar Kriterien formulieren, zum Beispiel dass gewerkschaftliche Organisation nicht unterbunden wird, dass Tarifverträge mit den Organsierten abgeschlossen werden usw.
Nur ist natürlich mit dem erbitterten Widerstand der Aufkäufer der Produkte(siehe oben) zu rechnen. Wahrscheinlich geht da ohne flächenweiten Streik nichts.
Und dann stellt sich die Frage, wie das vermarktet werden könnte: Zum Beispiel findet Bioland- oder Demeter-zertifizierte Ware zwar Kundschaft: Leute, die für niedrigere Pestizidbelastung einen höheren Preis bezahlen. Da geht es schliesslich um die eigene Gesundheit. Wenn ich mir aber mal die teuren Karren anschaue, auf Kundenparkplätzen vor den Discountern stehen (und nicht nur vereinzelt), dann stelle ich fest: Längst nicht alle, die es sich leisten können bezahlen den höheren Preis. Nicht mal dafür.
Das Gleiche ist ja auch vom „fair trade“- Label bekannt: Eine Minderheit kauft die Produkte, die Mehrheit nicht.
Schliesslich wurden die Untertanen jahrzehntelang daran gewöhnt, dass nur der Preis wichtig ist und nicht interessiert wie er zustande kommt.
@ Gugel:
@ Magda:
@ Hakufu:
"Es fällt auch auf, dass in der Reklame für Nahrungsmittel seit Jahrzehnten primär der Preis als Werbeargument benützt wird, seltener die Qualität, und niemals die Arbeitsbedingungen am Entstehungsort: Gute Arbeitsbedingungen sind kein Verkaufsargument."
Das Verkaufsargument für die Unterschicht ist der Preis, für die Mittelschicht sind es Preis und Gesundheit, die eigene, wohlgemerkt. Alles, was man selbst - und die eigene Familie - am Leib hat, muss "Ökotex" gerpüft sein, die Bedingungen in den Herkunftsländern interessieren hingegen niemanden.
Einschränkungen irgendwelcher Art will allerdings niemand hinnehmen, aus Egoismus. Jeder meint, jetzt müsse erst mal für ihn was getan werden und dann, wenn das erledigt ist, könne man auch mal über die anderen reden, aber wenn der eigene Betroffenheitsdruck weg ist, ist sehr oft auch der Protest weg.
In der Politik ist es analog: Die Protest"kultur" ist weder von der Unterschicht initiiert, noch macht sie da groß mit, sie tut das, was sie immer macht, wird lethargisch, wendet sich ab.
Meiner Meinug nach aus der verinnerlichten Dressur, die, wenn man es poltisch mag, von bürgerlich bis links kommt, die Überzeugung, dass da als Einzelner nichts zu holen ist. Wer ständig hört, dass sie da oben machen, was sie wollen und nun auch noch - angeblich oder tatsächlich - mit der Politik Katz und Maus spielen, der fragt sich nachvollziehbar, was bitte er oder sie denn dann machen kann.
"Das Gleiche ist ja auch vom „fair trade“- Label bekannt: Eine Minderheit kauft die Produkte, die Mehrheit nicht.
Schliesslich wurden die Untertanen jahrzehntelang daran gewöhnt, dass nur der Preis wichtig ist und nicht interessiert wie er zustande kommt."
Die Bezeichnung "Untertanen" ist genau jene, die so gut ankommt. Mit dem Untertanengeist lebt es sich nämlich ausgezeichnet. Man ist vielleicht kurz entrüstet, aber ansonsten bestens apadtiert, weil moralisch enthemmt = von Verantwotung befreit. Kurioserweise lagerübergreifend.
Die depressive Unterschicht hat sich mit dem kollektiven "Da machse nix" längst zur Ruhe gelegt und von der Gesellschaft verabschiedet, die sich weitgehend auch von ihr verabschiedet hat.
Das Aufbegehren der irgendwie noch arbeitenden unteren Mittelschicht, liegt, wohl je nach Milieu und dessen Prägung mit dem Fokus auf Konsum, Spiel oder Gesundheit: Auto oder Elektrospielzeug für ihn, Klamotten und Gesundheit für sie.
Kurioserweise, darauf hat Götz Aly hingewiesen, aber vielleicht nur zur Hälfte richtig, ist das große Aufbegehren vor allem bei den Deutschen dann sehr sonderbar: Rechte Bewegungen führen in Deutschland traditionell irgendwas mit "Freiheit" im Namen oder Programm, aber die merkwürdige Wende liegt dann darin, dass die Freiheit dann in dem Wunsch nach harter und autoritärer Führung besteht. Die Idee, dass das nur halb richtig sein könnte, liegt darin begründet, dass andere Staaten, die als klassische freiheitsliebend bekannt sind, den Wunsch nach der harten, autoriären Hand ebenfalls äußern.
Aber paradox ist es schon, dass man sich so richtig frei fühlt, wenn einem endlich mal wieder jemand sagt, wo es lang geht.
Der Verdacht liegt nahe, dass die law & order Fraktion, ohne es so zu formulieren, den regressiven Taumel verabascheut, in dem alles in Splittergruppen zerfällt und jede dieser Splittergruppen den anderen erklären will, was ein richtiges und gutes Leben ist und was nicht.
Was die law & order Fraktion allerdings nicht auf dem Schirm hat, ist, dass sie selbst diesen Splittergruppen nur eine weitere hinzufügt, denn die Einheit des Volkes gab und gibt es so wenig, wie die des Proletariats.
Es geht nicht um eine Zweiteilung von Egoismus vs. Kollektivismus, sondern um eine den meisten unbekannte Dreiteilung, die beim individuellen Egoismus beginnt, dann zu einer Varianten des Kolleketivismus (oder der zeitweiligen Unterordnung) fortschreitet, um von dort aus in einen reifen Individualismus einzumünden.
Rechte wie linke Kollektivisten versuchen hartnäckig zu erklären, dass der reife Individualismus dasselbe wie der unreife Egoismus sei (aus dem Grund, weil Kollketivisten den Unterschied zwischen prä- und post-kollektivistisch nicht erkennen können) oder leugnen sogar hartnäckig, dass eine Stufe des reifen Individualismus überhaupt erreichbar sein könne.
Diejenigen, die sich auf dieser Entwicklungsstufe seit Jahrzehnten eingereichtet haben, sehen das natürlich anders.
Der recht leicht erkennbare Unterschied liegt darin, dass man als reifer Individualist nicht ein Thema zu dem Thema schlechthin aufbläst, sondern die Bedeutung, Rechtmäßigkeit und Geltung mehrerer Bereiche des Lebens erkennt. Die anderen werden eben Veganer oder finden Rainer Mausfeld klasse.
Etwas weniger ironisch: Es ist schon okay, dass Individuen tatsächlich individuelle Neigungen haben und einige Bereiche des Lebens höher gewichten, als andere und sich mehr um Tierschutz, Kinderrechte, Datensicherheit oder sonst was kümmern, aber die Frage ist, ob man dennoch ein Gespür dafür behält, dass es auch andere wichtige Lebensbereiche gibt, für die man sich ebenfalls verantwortlich fühlt.
Der Satz, dass, wenn jeder sich ändert, morgen die Welt anders ist, ist dennoch zeitlos gültig.
ist das die EU die wir wollten? ist das die "Freiheit" die uns Herr Gauck immer gepredigt hat?
Ja, ganz offensichtlich, es machen ja alle mit.
Fragen Sie Sich doch mal, wie bewusst Sie mit den Stimmzetteln, die Sie zur Verfügung haben, umgehen. Gemeint ist jeder einzelne Euro in Ihrem Portemonnaie.
In welchen Lebensbereichen konsumieren Sie ganz bewusst und in welchen lassen Sie Fünfe gerade sein? Da haben Sie die Möglichkeit ganz direkt Einfluss zu nehmen.
Nicht, dass nur Sie Sich das fragen könnten, jedem stünde diese Freiheit zu. Die Kombination von Freiheit + Verantwortung mag Gauck etwas überstrapaziert haben, jeder hat eben so seine Lebensgeschichte, aber ich denke, das meinte er.
Ich komme auf 27, auch eine beachtliche Zahl...
Es ist grauenhaft, was selbst an Europas Rändern schon möglich ist, und es kann u.a. dank solcher Berichte nicht mehr verdrängt werden. Man hat die zivilisatorische Verbürgerlichung für einen Selbstläufer gehalten, der das 3.Welt-, vor-, frühkapitalistische Elend langsam verschwinden läßt. Es ist nicht schnell genug verschwunden, im Gegenteil, inzwischen wächst es wieder, die Verelendung sickert von den Rändern ins Innere der Gesellschaft – allerdings ein kaum bemerkbarer, schleichender Prozeß. Er deutet auf das Ende dieser Gesellschaftsformation, denn keine kann sich längerfristig halten, die nicht unterm Strich zumindest subjektiv empfunden mehr Vorteile als Nachteile erbringt. Das galt bis vor kurzem noch für Zentraleuropa, ist aber jetzt immer offensichtlicher vorbei.
Vielleicht beendet ja einmal eine Revolution von oben diese Zustände, aber ich glaube nicht daran und fände es auch unbefriedigend. Die Befreiung muß doch eine der und durch die Subjekte selbst sein. Und da kommt man nicht an der Tatsache vorbei, daß die Ursache der Misere natürlich in erster Linie, aber nicht nur das System und die skrupellosen Ausbeuter, sondern die Elenden selbst mitverantwortlich sind. Wenn die Arbeitsmigranten, wie hier geschildert, mißachtet und mißbraucht werden, sollten sie das nicht hinnehmen, sondern in ihre Heimatländer zurückgehen und dort, wenn schon nicht Revolution machbar ist, wenigstens für anständige Lebensbedingungen kämpfen. Eventuell ist das in der Heimat noch weniger möglich, dann ist das kein praktikabler Vorschlag, dann bleibt nur der Weg in die Fremde. Aber auch dann muß man weder einfach das Schicksal eines Rechtlosen hinnehmen, noch sollte man sich allein auf die einheimischen Gastgeber oder Dulder verlassen. Es bleibt nur der Weg der politischen Emanzipation, der über die Verknüpfung der politischen Schlüsselbegriffe Solidarität und Widerstand führt.
Die zur Emanzipation notwendige Perspektive des solidarischen Widerstands lag den Elenden bereits viel näher, aber im Westen hat die Ideologie im Zusammenhang mit einer temporären sozioökonomischen Entspannung (Sozialstaat und Ausbeutung der dritten Welt) für eine entsolidarisierende Individualorientierung gesorgt, und im Osten hat die korrupt-verlogene, verordnete Solidarfassade das Solidarprinzip selbst in Mißkredit gebracht. Der solidarische Widerstand und darüberhinaus eine solidarische Vorstellung, wie ein richtiges Leben gesellschaftlich zu organisieren wäre, müssen erneut und diesmal gründlicher gelernt, begriffen werden. So begriffsstutzig die Menschen auch sind, es gibt keine prinzipielle Schranke, die das zu lernen verhindern könnte, und so werden sie schließlich die notwendigen Schritte tun.
Im vorliegenden Fall sollten die Alarmglocken im fernen Rom (und den noch ferneren Paris, Berlin, usw) die Satten, gleichwohl nicht an Ausbeutung, sondern am Erhalt der institutionalisierten Sittlichkeit, dem Rechts-, Sozial-, Bildungsstaat interessierten, aufwecken und zum Aktivwerden veranlassen (die Konsumenten können natürlich auch etwas tun bzw lassen), wichtiger aber ist die angemessene Reaktion der unmittelbar Betroffenen. Die ausländischen Arbeiter und insbesondere die Frauen müssen zu solidarischem Handeln und klugem kollektiven Widerstand gelangen, Frauen müssen sich von Männern trennen, die sie in doppelte Sklaverei treiben. Das Recht und die schönen Worte der westlichen Wertegemeinschaft müssen eingefordert werden. Und es gibt das Recht auf Notwehr, legitime, verantwortungspflichtige Formen der Gewalt. Wieso können nicht Erntehelfer in kritischer Situation solidarisch das Mittel der Arbeitsverweigerung einsetzen? Kommt es zum solidarischen Widerstand, wird das Schule machen, das kann die Verhältnisse zum tanzen bringen.
wenn ich mich recht erinnere hat hegel:
allen fleiß(industrie) der bürgerlichen gesellschaft
für unzureichend befunden,
die vermehrung des pöbels zu steuern.
er empfahl damals: unterdrückung
und hoffte auf sozial-hygienische und
gesellschafts/staats-bildende wirkungen von kriegen.
sind wir seitdem weiter?
W. Endemann
Wenn die Arbeitsmigranten, wie hier geschildert, mißachtet und mißbraucht werden, sollten sie das nicht hinnehmen, sondern in ihre Heimatländer zurückgehen und dort, wenn schon nicht Revolution machbar ist, wenigstens für anständige Lebensbedingungen kämpfen."
wiederholt doch nur, was ein Lethe
Diesen Frauen und Kindern, und auch den Männern, die auf andere Weise, aber gleichermaßen vernichtend ausgebeutet werden, kann man nur empfehlen, zurück in ihre Heimatländer zu gehen und dort eine Revolution zu organisieren, die den Namen verdient.
weiter oben auch schon vorgeschlagen hat.
Dieses selbstgerechte, dumme und kranke Gerede für diskussionswürdig zu halten, ist wirklich heldenhaft.
Das ist ein Mißverständnis. Ich bin davon ausgegangen, daß die Logik meines Arguments evident ist. Denn ich beantworte ja durchaus die Frage, was zu tun ist, wenn der Vorschlag, zurückzukehren, absurd und realitätsfern ist. Ich habe also nicht behauptet, im Herkunftsland sei allemal eine hinreichend solidarische Gesellschaft möglich, sondern nur darauf hingewiesen, daß es wenn möglich nicht sinnvoll wäre, sich in der Fremde erniedrigen und ausbeuten zu lassen. Andernfalls muß man auf die Solidarität in der Fremde setzen, wozu das gehört, was Sie anmahnen, aber auch dabei ist die unmittelbare Solidarität der Betroffenen primär.
Im konkreten Fall: Rumänien ist zwar bettelarm, aber Mitglied der EU, empfängt Strukturhilfen aus Brüssel und hat auch einen unabweisbaren Anspruch darauf. Eine rumänische Solidargesellschaft wäre allemal in der Lage, allen Bevölkerungsteilen eine menschenwürdige Existenz zu sichern. Primäre politische Aufgabe der Rumänen ist es, das durchzusetzen. Zu den Gründen, warum das Selbstverständliche so unmöglich erscheint, habe ich etwas gesagt. Diejenigen, die Rumänien verlassen, haben die Perspektive der solidarischen Politik entweder ganz aufgegeben oder sind der Überzeugung, daß diese Perspektive in Rumänien illusorisch ist. In letzterem Fall, der durchaus zutreffend sein könnte, ist die Emigration zwangsläufig, also richtig. Ich kritisiere nicht einmal, daß man ohne den absoluten (überlebensnotwendigen) Zwang in die Fremde geht (die Erde „gehört“ allen, jeder sollte überall seinen Lebensmittelpunkt setzen können), um bessere Lebensbedingungen zu bekommen, allerdings hat man dann der gemeinschaftlichen Lösung die individuelle Rettung vorgezogen. Wenn man dann wie geschildert auf Ablehnung und Mißbrauch in Süditalien stößt, das seiner eigenen Bevölkerung lange Zeit zugemutet hat (ob das vorbei ist, weiß ich nicht), nur unter dem Dach, dem Arbeitgeber der Mafia zu überleben, kann man darauf nur mit Solidarisierungsprozessen antworten. Um meinen Kommentar nicht zu lang geraten zu lassen, habe ich meine Verwunderung über die Diskrepanz der geschilderten Verhältnisse zu der fremdenfreundlichen Haltung der Bevölkerung von Lampedusa verschwiegen. Ich glaube ja, daß Solidarität mit den Rumäninnen in Süditalien, Italien und EU-weit möglich ist, aber der erste und wichtigste Schritt ist die Solidarität der Betroffenen selbst. Daß sie dafür verantwortlich sind, das war mein zentraler Punkt.
Es ist der in meinem Verständnis einzige gravierende, von Marx zurechtgerückte Denkfehler von Hegel, dem revolutionär neuen Denker, daß er im alten Denken befangen das zeitlose Sein dem unfaßbaren Werden, die Substanz der Potenz, die Logik (Synchronie) der Phänomenologik (Diachronie) vorgezogen hat. Das Umgekehrte ist genau so falsch, die Dialektik muß beides im Gleichgewicht halten.
Nun, das war die abstrakteste Antwort, die ich geben konnte. Immerhin auch die kürzeste.
»Und ein höherer Preis, zum Beispiel im Bioladen, garantiert noch lange nicht dass sie mit besseren Arbeitsbedingungen geerntet wurden.«
Das ist leider wahr.
Ich kann ihreb Gedanken viel abgewinnen. Nur seien sie bitte konsequent in ihrer Denke. Es obliegt der gesellschaft, in die ein Mensch hineien gbeoren wird, für das Wohl diese mesncehn zu sorgen un die >mesnchen dort sollten sich für das Wohl ihrer Mesncehn sorgen. Wenn die gesellschaft es nicht schafft ihren menschen ein Wohl zu gewährlesiten, die mescnhen gehen müssen, dann ist zutrefender weise die Gesllschaft,die es nichtschaft das Wohl zu errihchten anzusprechen. In der Formd, dass gesagt werden darf, Rumönien ( hier in dem beipiel ) versagt, versagt eklatant. Die das versagen verursachen mssen angesprochenw erden und auch in Haftung genommen werden,.
Die Gesllschaften, die die Mesncehn mit dem verpassten Wohl in hrer Ursprungsgesellschaft aufnahmen sind nur subsidiär verantwortlch für das, was deisen mesncehn zu kommen muss.
Deshalb ist jede überschießneder Mitleidserguss eine Verschiebung deer Verpflichtung innerhalb solidarischen verhaltens. Also dürfen wir Bürger der BRD den Bürgern Rumäniens ( hier in dem Beipiel ) ruhig sagen, trotz Hilfe und Unterstützung ( zustehender) schafft ihr nix für die Masse eurer Bürger , also = Versager.
Dürfte öfters angsagt , bei denen angsprochen , dieses Versagen, da wo es herkommt.
Moralische Ansprüche stelle, moralische Urteile fälle ich nicht. Daher ist mein Appell an die Verantwortung zur Solidarität kein Vorwurf, sondern der Hinweis auf die notwendige Konsequenz aus einer inakzeptablen Situation. Ich fordere niemanden zur Rückkehr auf; wenn ich diesen Vorschlag mache, dann nicht, weil ihm zu folgen für die Einheimischen, sondern für die Emigranten besser wäre. Für uns ist es besser, sie bleiben und zeigen uns, wie Solidarität geht. Denn leider ist die Fähigkeit zur Solidarität bei uns noch verkümmerter (auch das ist kein Vorwurf, sondern eine Feststellung). Der für weniger verbürgerlichte Gesellschaften typische (Groß-)Familiensinn ist gut, er ersetzt aber nicht die allgemeinere politische Solidarität. Und wo ist die Familiensolidarität, wenn der Mann die Frau zusätzlich zur Sklavenarbeit zu dieser Art der Prostitution zwingt? Hier müssen die Betroffenen politisch werden, und wenn das nicht geht, ist es besser, man geht.
Richtig.
>>… Versager.<<
Ich kann mir vorstellen dass Viele genau diesen Vorwurf fürchten, für den Fall dass sie nach dem geplatzten Traum vom besseren Leben zurückkehren würden.
Was ich echt nicht kapiere ist,daß es in der EU-Brüsselabteilung keine Person gibt,die das überhaupt mal in der Denke hat.Ja und die Gewerkschaften-da kann ich nur noch mit den Schultern zucken.
ALS WENN DASS ALLES SO EINFACH WÄRE! ES GIBT NUN EINMAL TRADITIONELL STAATSGRENZEN UND DIE BEEINHALTEN EINE GESELLSCHAFT DERER, DIE SICH EIN EIGENES RECHTS- UND SOZIALSYSTEM GEGEBEN HABEN. UND DESHALB HABEN DIE BEWOHNER DIESES STAATES AUCH DARÜBER ZU BEFINDEN, WENN FRAGEN DER INKLUSION UND EXKLUSION DEFINIERT WERDEN.
NICHT ANDERS IST SINNBILDLICH EIN FAMILIENHAUSHALT ZU BETRACHTEN, DER IN ANBETRACHT DER PRIORITÄREN VERANTWORTLICHKEIT ERST EINMAL FÜR DIE FAMILIENMITGLIEDER HAT.
EINE VÖLLIG ANDERE FRAGE IST DIE DER SICH SELBST GESETZTEN MAßE FÜR MITMENSCHLICHKEIT DARÜBER HINAUS: SIE IST IMMER EINE FREIWILLIGE HANDLUNG UND KEINE EINZUFORDERNDE.
Ganz einfach also: Der Staat ist eine Familie, und der Familienrat hat mehrheitlich beschlossen, dass die Dinge so sein sollen wie sie sind.
Das heisst bezogen auf den obigen Artikel, die Bewohner des Staates Rumänien haben beschlossen, ökonomisch randständig arm zu leben. Und die Italiener haben beschlossen, den Rumänen vorzugaukeln, dass auf sie ein besseres Leben warte, wenn sie sich in Italien als Landarbeiter/innen verdingen. Wohl wissend, dass das natürlich nicht stimmt. Weil, wer Italien oder BRD seine Niedriglohnarbeit verliert, sich ja sonst nicht mehr den gelegentlichen Luxus einer Tomate oder Orange leisten könnte. Und das geht halt nur mit verschärfter Ausbeutung noch Ärmerer.
Schöne neue Welt, alles paletti.
>>Ja und die Gewerkschaften-da kann ich nur noch mit den Schultern zucken.<<
In Subprekärbereichen ist schwer bis unmöglich, eine streikfähige gewerkschaftliche Organisation aufzubauen. Die Angst, das armselige Bisschen auch noch zu verlieren, wenn der Boss dahinter kommt, ist gross. Übrigens nicht nur in der südeuropäischen Discountgemüseproduktion, sondern auch in deutschen tariflosen Prekärbetrieben, deswegen kann ich das sagen.
In Andalusien sind sie allerdings ein bisschen weiter, es gibt eine Landarbeitergewerkschaft, die auch zu Aktionen fähig ist. Natürlich von Gutsbesitzern als „linksradikal“ verschrieen, aber besser links als arm ;-)
Die Frage ist nur: Haben die Sklaven in Süditalien überhaupt die Möglichkeit, mal mit den Andalusiern Kontakt aufzunehmen?
"Weil, wer Italien oder BRD seine Niedriglohnarbeit verliert, sich ja sonst nicht mehr den gelegentlichen Luxus einer Tomate oder Orange leisten könnte. Und das geht halt nur mit verschärfter Ausbeutung noch Ärmerer."
Ja, so läuft es, in jeweils unterschiedlichen Güteklassen, vom Erntehelfer, Fleischzerleger über den Tagelöhner-Straßenstrich, bis in den moderaten Sektor der häuslichen Pflege, durch die nette Polin oder neuerdings, für die weniger betuchten, Rumänin.
Das ist lukrativ, weil so'n Euro etwa 4 Złoty wert ist und die Frau die dann nebenberuflich im Ausland arbeiten geht, in der Zeit oft drei mal so viel nach Hause bringt, wie der arbeitende Ehemann zu Hause.
Entsprechend greinger und entwürdigender ist dann die Ausbeute der beschriebenen ArbeiterInnen, aber offenbar noch immer lohnend, sonst käme keiner.
Glücklich kann darüber niemand sein.
Ein Kommentar erschöpft die Thematik nie vollständig. Außenpolitik, Militarismus, Kolonialismus, Wirtschaftssysteme, um nur einige Faktoren zu nennen, gehören im erweiterten Rahmen sicher dazu.
Wenn in Italien mafiöse Strukturen existieren, dann ist es eine italienische Angelegenheit, das zu "entsorgen". Wenn dadurch Menschen nach Deutschland kommen, gilt EU-Recht und unser Rechtssystem. Ausbeutung hier wiederum ist in unserer Verantwortlichkeit, aber nicht die der Fluchtursachen.
Falls man das Ganze weiter aufdröselt, dürfte Deutschland wiederum eine Rolle spielen, was die wirtschaftliche Lage Italiens betrifft. Aber das fällt dann laut unserer Regierung unter den Wettbewerb, halt seine "Hausaufgaben machen". Das wiederum wäre dann wieder unsere Angelegenheit, wenn man diese spezielle "Ordnung" für falsch hält.
>>Glücklich kann darüber niemand sein.<<
Ein paar Leute profitieren, und die sind offenbar hochzufrieden mit den Verhältnissen: Sie hatten ja die Macht etwas dran zu ändern wenn sie es schlimm fänden.
Warum schreiben Sie klein? Deshalb einfach mal bei Ihnen groß.
"ich lehne aus gründen internationaler solidarität ..."
Einfach nochmal lesen. Wie weit sich ihre persönliche "intenationale Solidarität" jenseits schöner Worte in Handlungen zeigt und es nicht bei der "naiven" linken Weltumarmung bleibt, kann ich bei ihnen nicht beurteilen. Ansonsten halte ich die Durchdringung der Gesamtthematik für zu komplex, um das mit Ihnen durchzukauen. Denn wer gleich auf "linksnationalistische borniertheit" verfällt, dem würde ich vorschlagen, ... (die Fortsetzung überlasse ich ihrer Fantasie).
"unüberbrückbare Differenzen"?: da muss ich doch lachen, wenn in einem komplexen Thema, dass nur "angeritzt" wurde, schon eingangs die "Schotten" heruntergelassen werden. Nun denn ...
Danke!